Zum Glück verging der Tag nach der Verfolgungsaktion schneller als davor und so fiel zu meinen und aller anderen Glück die letzte halbe Stunde aus, weshalb ich jetzt schon faul auf meiner Couch gammelte.
Dabei schaute ich eine unglaublich bildende Serie mit dem Bedacht ausgewählten Namen The Big Bang Theorie. Manchmal fühlte ich mich ja Sheldon so verbunden. Allein schon die Berührungsangst.Leider wurde ich gestört beim gammeln, als mein Handy nervige Geräusche von sich gab und damit auch nicht aufhören wollte als ich es eine Minute ignorierte. Als ich rauf guckte, wer mich beim vegetieren störte, war ich wie ins kalte Wasser getaucht, denn wenn Henry anrief war irgendwas.
Schnell ging ich ran: „Henry, sorry ich musste mein Handy kurz suchen."
„Jaja, ist mir relativ egal, sei bitte in 20 Minuten an der Pforte. Und bring dir was zum wechseln mit."
„Wird gemacht Captain", versuchte ich es spaßeshalber. Seine entzückte Antwort war ein genervtes Brummen, dann legte er auf.
Toll, irgendwer hat scheiße gebaut und damit Henrys Laune in die Tiefe gezogen und ich muss es jetzt wieder gerade biegen.Anstatt mich weiter darüber zu ärgern, dass mein Wächter schlechte Laune hat, verlor ich keine weitere Zeit und lief in mein Zimmer.
Meine Sporttasche bestückte ich mit Wechselsachen, bestehend aus einem älteren Shirt und einer Jeans sowie einer Jogginghose, einer Trinkflasche und Deo.Dann rannte ich zur Haustür, vergaß fast meine Schuhe und sprintete los um nicht Henrys Laune ins noch schlechtere zu ziehen.
Nach zehn Minuten kam ich an und erblickte das Bankgebäude, in dem sich ja so viel mehr als nur eine Bank befand.
Schnell lief ich zum Personaleingang, zeigte meinen Ausweis und wurde mit einem Surren in den Privatteil des Gebäudes gelassen.
Mit dem Fahrstuhl ging es ins 10. Stockwerk, nur um in ein leicht genervtes Gesicht der Rezeptionfrau zu schauen.
„Hi Lilly!", lächelte ich sie gefälscht an. Sie schaute für knapp zwei Sekunden hoch, bevor sie mit verdrehenden Augen die Tür zum Ziel mechanisch öffnete.
Ich summte ein Dankeschön und ging zügig durch.„18 Minuten und 43 Sekunden.", murmelte der ältere Mann hinter dem Schreibtisch vor sich hin.
„Krieg dich ein, das ist unter 20 Minuten."
„Trotzdem hab ich mehr erwartet. Wie dem auch sei, hast du alles mit?", Henry guckte über seinen Brillenrand und ließ ihn dadurch um die zehn Jahre älter wirken.
Ich nickte und schmiss mich auf einen der Schicki Micki Sessel.
„Was steht heute an? Dem hohen Rat Feuer unterm Hintern machen oder doch lieber meine Wohnung renovieren?", ich grinste ihn an, doch leider musste ich auf eine Antwort wohl wieder mal verzichten.Er stand auf, lief um den gigantischen Schreibtisch rum und bewegte sich dann ohne Mimik weiter Richtung Tür.
Irgendetwas war passiert, doch er wollte es spannend machen. Gut spiel ich mal sein Spiel mit.
Da ich seiner stummen Aufforderung ihm zu folgen wahrgenommen habe sprang ich auf und schlurfte hinter ihm her.
Zusammen liefen wir wieder an der gut gelaunten Sekretärin vorbei, direkt auf einen Raum an Ende des Ganges zu.
„Zieh dich um, ich warte oben auf dich.", war das einzige was er nach einer gefühlten Ewigkeit von sich gab.Ich öffnete den Kleiderschrank. Dieser war gefüllt mit Roben, Kleidern und sonstigen, halt für jedes Ereignis und jeden Anlass etwas.
Da ich immer noch nicht wusste was vor mir stand schnappte ich mir eine weiße Robe die mit Spitze an Armen, sowie am Rockende des Kleides verziert war. Dazu noch ein weißes Tuch mit goldenen Verzierungen über meine Schultern, welche meinen Rang zeigte.Barfuß tapste ich die mit Fliesen ausgelegten Treppen hoch und war kurze Zeit später vor Henry.
Dieser stand bereits vor der Pforte, welche helle Strahlen durchließ und den versteckten Raum hier oben magisch Gold erscheinen ließ.
Henry lächelte mich leicht an, bevor er mir etwas in die Hand gab, was sehr nach einer alten Kette aussah.
„Jayne, du wirst bitte diese Kette an Chloera geben und dann auf schnellsten Weg zurück zur Pforte kommen. Du weißt das es derzeit gefährlich ist. In dieser Kette befindet sich ein Elexier, was nur wirklich begabte Magier benutzen dürfen, deshalb kannst auch nur du es überbringen ohne das es seine Kraft verliert."
„Wozu brauch sie das Elexier dann, wenn es so besonders ist?"
„Das weiß ich nicht und ich will es auch nicht wissen. Bitte tu mir den Gefallen und frag auch nicht nach, du darfst dir keinen Fehler so kurz vor der Krönung erlauben."
Ich nickte und trat dann direkt vor die Pforte, die Kette fest in meiner Hand umschlossen.„Viel Glück Jayne."
Nur am Rande nahm ich noch wahr, wie Henry anfing meinen Aufstieg in den Himmel zu beschwören.
Denn ich war komplett in den Bann der wunderschönen Lichter und Melodien der Pforte gezogen.Wie in Trance stand ich da und schaute dem Farbschauspiel vor mir zu. Die Melodien wurden immer lauter und intensiver.
Dann auf einmal spürte ich einen stechenden Schmerz an meinem Rücken, der mich aus dem Trancezustand holte. Ein Blick nach hinten verriet mir, das aus meinen Rücken zwei kräftige Flügel wuchsen, die schöner nicht hätten sein können. Sie waren mit unzähligen weißen Federn bestückt, welche alle golden schimmerten im Licht. Meine Haut fing an zu prickeln und mit einem Schwung wurde ich aus dem Pfortenstrom gestoßen und flog nun gute fünf Meter über dem Boden weiter.
Langsam ließ ich mich auf dem Boden ab und ließ meine Flügel wachsam an meinen Rücken angelegt.Die Luft hier roch frisch und die Wiese, die sich vor mir erstreckte, war in einem satten Grünton gehalten. Ein paar Meter neben mir wuchs ein Wald empor und ließ im Zusammenspiel mit dem klaren blauen Himmel ein unwirklich schönes Bild vor mir erscheinen.
Heimat.
Ich atmete tief ein und fing an den kleinen Sandweg zu folgen, Richtung Kolonie. Wenn Henry alles richtig gemacht hatte, dann müsste sich schon in der nächsten Kolonie, welche sich vor mir aufbaute, Chloera aufhalten.
Wenn nicht könnte es Tage, wenn nicht Wochen dauern bis ich sie finden würde.
Für Henry wären es allerdings nur ein paar Stunden.Wehe er hat was falsch gemacht., schoss es durch meinen Kopf.
Ohne weiter Zeit zu verlieren lief ich schneller Richtung Dorf und kam auch nach ein paar Minuten, mithilfe von einigen Flügelschlägen, dort an.
Ich strengte mich an einen Gedankengang auszumachen, welcher ich der Magierin zu ordnen konnte.
Und tatsächlich. Mitten auf dem Marktplatz konnte ich sie hören, wie sie dabei war einem jungen Mädchen Kräuter gegen ihren Schnupfen zu geben.
Um nicht so viel Aufmerksamkeit zu erregen band ich mir mein Tuch um den Kopf und ließ meine Flügel und meinen Kopf gesenkt. Jedoch erkannten mich trotzdem einige und verneigten sich vor mir.
War vielleicht nicht die schlauste Idee ein Tuch als Tarnung zu nehmen, was gerade zu schrie:
Seht her, die Thronfolgerin ist unter uns, verneigt euch!Kaum betrat ich das Zentrum des Marktplatzes kehrte Ruhe ein, sämtliche Gespräche wurden eingestellt und einige hielten tatsächlich ihre Position so ein. Geradezu als wären sie eingefroren.
Da es mir jetzt auch nix mehr brachte zog ich mein Tuch vom Kopf ab und lächelte förmlich in die Menge. Alle, die es bisher noch nicht getan haben verneigten sich nun. Ich lächelte ihnen zu, strebte meinen Weg Richtung Chloera weiter an.
Diese zierte ein ehrliches Lächeln und verneigte sich tiefer als andere, als ich vor ihr stand.„Hoheit.", begrüßte sie mich und durchbrach somit die Stille.
„Chloera, gut das ich dich so schnell finden konnte. Erheb dich bitte.", ich vergaß immer wieder wie sehr einen das Himmelsreich änderte. Psychisch als auch physisch. Meine Stimme war um einiges seidiger und meine Bewegungen fließender. Das tat das Reich mit jedem, doch mit einigen höher gestellten halt noch mehr, als mit anderen.Als Chloera wieder aufrecht stand fing sie wieder an zu reden: „Meine Hoheit, wenn ich Sie dazu bitten darf, mir an einen ruhigeren Ort zu folgen."
Ich nickte als Zustimmung und ließ ihr den Vortritt, als wir los gingen.
Meine Augen scannten wachsam die Umgebung ab, doch es erschien mir nix komisches. Je weiter wir liefen, desto flauer wurde mir. Aus unerklärlichen Gründen wurde selbst mein Gang langsamer, was Chloera jedoch gar nicht zu merken schien. Als wir endlich an einem Platz waren, den sie für sicher hielt, drehte sie sich um und schenkte mir das selbe Lächeln wie vor wenigen Minuten.„Kommen wir zum geschäftlichen.", sagte ich neutral und hielt ihr meine verschlossene Hand entgegen. Sie tat es mir gleich und nachdem ich meine Hand um ihre gelegt habe und sie es bei meiner machte öffnete ich meine Hand. Gleichzeitig öffnete sich ihre und so fiel die Kette mit Anhänger in ihre Hand und ein kleines Säckchen in meine.
Ihre Augen strahlten als sie die Kette in ihrer Hand sah, während ich den kleinen Beutel in meiner Hand beobachtete.
„Was ist da drin?", meine Stimme schien zu erschrecken, denn sie zuckte zusammen bevor sie antwortete.
„Kräuter für Ihren Wächter. Er hat es mir als Möglichkeit für eine Gegenleistung gegenüber Ihnen angeboten."
„Gut."Ich wandte mich schon dem Rückweg zu als sie etwas sagte, was mich verwundert und wütend zu gleich machte:
„Gelobt sei die Königin. Die Bessere."Und mit einem Flügelschlag war sie weg.
1526 Wörter
DU LIEST GERADE
Engelsmädchen
FantasyWer ist schon normal? Und wer kann das sagen? Für manche ist es normal jeden morgen um 6 Uhr früh aufzustehen, für andere ist ein Kaffee am Nachmittag Normalität. Für Jayne ist es normal zwischen zwei Welten zu leben, denn sie lebt so schon seitd...