Kapitel 21

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"Jayne?"

Es ist so kalt hier...

"Jayne, guck mich an."
Ich will aber nicht.

Eine Hitzewelle schießt durch meinen ganzen Körper und lässt mich hoch Schrecken.
Wo bin ich hier? Es ist so hell.

...bin ich tot?

Um mich rum sah es aus wie in einem weißen Raum, in dem man Nebel und einen Vanilleduft reingetan hatte. Doch war dieser Raum anscheinend unendlich.

„Hallo?", fragte ich leise in die Leere. Erst hörte man ein Echo, dann nichts mehr.

„Jayne?"

Ich drehte mich ruckartig rum und taumelte beim vor mir liegenden Anblick rückwärts.
Auch nach ein paar mal blinzeln war sie noch vor mir.

„Bis-bist du es wirklich?", Tränen sammelten sich in meinen Augen und ein Schauer überzog meinen ganzen Körper. Ohne etwas daran ändern zu können floss mir die erste Träne die Wange hinunter, woraufhin schnell weitere folgten.

„Mein Kind.", hörte ich es durch den Tränenschleier Flüstern. Kurz darauf wurde ich fest in eine Umarmung gezogen. Der Duft an früher umhüllte mich und schnell war mir klar das das hier real sein musste, es fühlte sich doch so an.
Ich schaute hoch und mich traf der leidende Blick zweier blauen Augen: „Aber wie geht das? Du bist doch-„
„Es ist meine Schuld.", unterbrach sie mich.
Ich trat vorsichtig einen Schritt von ihr weg: „Wie meinst du das Mama?"

Sie trat ebenfalls einen Schritt rückwärts und schluckte einmal bevor sie mich wieder anschaute.
„Weißt du, man kann Fähigkeiten vererben. Meine Fähigkeiten waren es in die Zukunft zu sehen und nun ja, ich konnte zu verstorbenen reden."
Ein Kloß bildete sich in meinem Hals, sie lebte also wirklich nicht mehr.
„Und anscheinend hast die Fähigkeit auch bekommen.", beendete sie ihren Satz.
„Und warum bin ich jetzt hier? Kann ich einfach so mit jedem reden wann ich will? Immer?", so viele Fragen schossen durch meinen Kopf und es wurden sekündlich mehr.
Konnte ich meine Mutter jetzt immer sehen?
Werde ich es immer können?

„Ganz ruhig, ich weiß du hast viele Fragen in deinen Kopf, es ging mir nicht anders beim ersten Mal.", besänftigend legte sie ihre Hand über meine und drückte leicht zu. Es fühlte sich komisch warm und lebendig an, als wäre es echt.
„Du bist hier, weil entweder du es dir aus tiefster Seele gewünscht hast oder weil sich dein Körper nicht mehr bewusst halten kann, also flieht er sogesagt. Hast du dich gerade in einer gefährlichen Begebenheit befunden?"
Ich strengte mich an an geschehenes zu erinnern, aber es war einfach - weg.
"I-ich weiß es nicht.", Tränen der Angst begannen sich in meinen Augen zu sammeln, "Warum kann ich mich nicht daran erinnern? Und warum kann ich auf die Fähigkeit erst jetzt zugreifen?"

Vorsichtig strich mir meine Mutter die Arme entlang und schenkte mir ein beruhigendes Lächeln: "Das ist okay Jayne. Ich konnte auch erst auf meine Fähigkeit komplett zurückgreifen als ich einen Schock hatte. Ich bin damals relativ jung noch von einer Wolke gefallen, ich bekam Todesangst und war auf einmal hier. Meine Oma, also deine Uroma hatte mich dann genauso eingeweiht wie ich es jetzt bei dir tue."
"Heißt das ich schwebe eventuell gerade in Gefahr?"
Sie nickte und hielt mich fester.
"Aber das hat nichts zu bedeuten, also bekomme jetzt nicht gleich Panik. Ich konnte erst nach ein paar mal, nachdem ich in diese Welt war, auch meine Erinnerungen an davor beibehalten."
Ich nickte und versuchte das alles zu verstehen.
"Ich glaube ich habe dich schon mal in meinem Traum gehört, ist da möglich?", ich schaue sie mit großen Augen an.
Sie zog ihre Augenbrauen zusammen und fing an mich zu mustern.
"Da muss ich dich enttäuschen, ich war das nicht."

Ich fing an zu überlegen, aber es klang doch so ähnlich wie sie.

Plötzlich wurde mir eiskalt und es fühlte sich an als wenn jemand eisiges Wasser über mich kippen würde. Schnell zog ich meine Arme um mich und unterdrückte einen Schauer möglichst gut.
Meine Mutter schien plötzlich hellwach und lächelte dann.
"Es scheint als würden jemand versuchen dich zu wecken wir haben nicht mehr viel Zeit, irgendwann schaffen sie es...und ich weiß nicht wann wir uns dann wieder sehen werden.", fügte sie noch traurig hinzu.

Ich nickte und schaute sie mit großen Augen an, gefasst auf alles was sie mir jetzt auch immer noch sagen wollte.

"Hör zu, ich weiß es wird oft und viel geredet im Himmelsreich aber die Wahrheit wird noch viel öfter einfach vergessen."
"Was möchtest du mir damit sagen?", fragte ich ahnungslos.
"Jayne, ich hab mir nicht selbst das Leben genommen."

Passend zum Zeitpunkt wurde anscheinend noch ein kalter Wassereimer über mir entleert.
"Was?! Aber warum bist du dann so früh gestorben?"
Ihre Gestalt fing an sich vor mir aufzulösen, ich wusste uns blieben nicht einmal mehr Minuten.
"Ich weiß nicht ob du ihn schon kennengelernt hast, wenn doch dann Schütze dich mein Kind.", flüsterte sie plötzlich mit Tränen in den Augen.
"Ich weiß es nicht! Wer war es?!", schrie ich sie leider an. Die Emotionen gingen mit mir durch, aus Angst meine Mutter nie wieder zu sehen.

"Mein Bruder. Neyus."
Es sammelten sich immer mehr Tränen in ihren Augen und wahrscheinlich tat ich es ihr unbewusst gleich.

"Jayne, tu nichts unüberlegtes! Ich liebe dich und will nicht das mein Kind mein Alter nicht überholen wird!", rief sie mir noch schmerzverzerrt zu, bevor sie sich ganz auflöste vor mir.

"Ich liebe dich auch.", schrie ich in der Hoffnung sie hat es noch gehört.

Nach einem Moment fing auch ich an zu verschwinden, es fing an mit meinen Händen, welche ich vor meinem Gesicht geschlagen hatte, und Füßen.

Nach einer kurzen Weile waren nur noch mein Torso und Kopf da, welcher schmerzfrei und lautlos auch langsam verschwand. Kurz davor schloss ich meine Augen und ließ meine letzte Träne freien Lauf.

~•~•~•~•~•~

"Jayne komm schon!"

Als würde ich kurz vorm ertrinken sein schnappte ich nach Luft und setzte mich auf um noch mehr Luft nehmen zu können.
"Heilige Königin, du lebst!", keuchte jemand neben mir auf.
Durch zusammen gekniffenen Augen, um nicht so viel Wärme an sie zu lassen, schaute ich in die Richtung und erkannte - Leon!

"Was warum?", fragte ich ihn keuchend.
Er fasste sich ans Herz und schaute mich erstaunt an: "Madame, du hattest für die letzten paar Minuten einfach keinen Puls, hast auch weder geatmet noch anderweitig mir mitgeteilt das du lebst! Ich dachte ich muss jetzt versteckt mein restliches Leben führen müssen! Wie kannst du jetzt überhaupt noch Leben ich mei-"
"Leon, ich hab meine Mutter gesehen!", unterbrach ich ihn harsch.
"Du hast was?"
"Ich habe meine Mutter gesehen, noch besser ich konnte mit ihr reden und sie anfassen! Es war als würde sie wieder leben!", ich musste Luft schnappen, so schnell redete ich.
"Ich wiederhole mich nur ungern, aber du hast was?", fragte er mich ungeniert kratzend am Kopf.

Ich verdrehte die Augen und erklärte ihm alles in Kurzfassung von neuem.

"Und du bist Dir sicher das sie sagt, dass es Neyus war?", hackte er am Ende nach.
"Ja!", verdeutlichte ich ihm.
Er verschränkte die Arme vor sich und musterte mich ähnlich, wie meine Mutter vorhin.
Vorhin. Das klingt so, als wenn ich sie vorhin beim bowlen getroffen hätte.

"Los wir müssen zurück, ich glaube du hast Henry einiges zu erzählen...zum Beispiel warum du einfach los gerannt bist und uns beide in das Höllenland geschickt hast.", holte mich ein müder Leon aus den Gedanken.

1228 Wörter

Hallo,
kurzes Lebenszeichen der Autorin. Ich hab mich bei den Wattys 2019 angemeldet und würde mich deshalb um etwas (natürlich komplett freiwillige) Unterstützung eurerseits freuen.
Danke an alle die, die mir helfen!
Eure Elli! 🦆

EngelsmädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt