Kapitel 5

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P.o.V. Jayne

Etwas viel unangenehmeres als ein Wecker riss mich aus dem Schlaf. Gehetzt sprang ich auf und rennte Richtung Toilette. Gerade rechtzeitig öffnete ich den Klodeckel und übergab mich.

Hustend richtete ich mich auf und griff blind nach etwas Klopapier, schaffte es sogar. Mit zitternden Knien stand ich auf und betrachtete meine Augenringe im Badspiegel. Irgendwo hinter den Ringen schauten meine unterschiedlich gefärbten Augen hervor und blinzelten mich an. Erst jetzt merkte ich meine puckernde Stirn und legte meine Hand darauf. Viel brachte es mir nicht, denn nicht nur meine Stirn schien zu glühen. Mein ganzer Körper war gefühlt 10° wärmer als er sein sollte, was mir ein Gefühl von Verschmelzung hab, vielleicht aber auch der Verdampfung.
Ich ging nochmal sicher, dass mir auf dem Weg jetzt mein Missgeschick passieren sollte und ging schnell zurück in mein Zimmer, um Henry über mein Handy anzurufen.
Es klingelte kaum zwei Sekunden, als er ran ging.
„Was gibts?", fragte er mit seiner typischen leicht desinteressierten Stimme.
Als Antwort schniefte ich einmal in den Hörer und musste davon dann husten.
Talentiert.
Er schien kurz zu überlegen, ob ich ihm nun vielleicht meinen neuen Trick vorführen wollte oder doch tatsächlich krank war, bis er ein knappes Bin auf dem Weg brummte und auflegte.
Um die Wartezeit auf meinen Wächter sinnvoll zu nutzen legte ich mich in mein Bett und kringelte mich unter meine Bettdecke in Fötusstellung zusammen.
Langsam schloss ich meine Augen und floh somit der unendlich grellen Realität.

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Ich wachte durch ein Gepolter direkt vor mir auf. Erschrocken öffnete ich die Augen und schaute direkt in die von Henry.
„Tschuldige", kam es von diesem, während er sich wieder auf richtete und mir dann ein Glas Wasser auf das Nachttischschränkchen stellte. Daneben legte er mir noch ein paar Schmerztabletten hin.
„Ich wusste nicht ob du lieber Hühnerbrühe mit oder ohne Nudeln haben wolltest, aber jetzt kann ich dich ja fragen."
Er lächelte mich leicht an und bei so einem niedlichen alten Mann könnte man nur zurück Grinsen. Ich bestellte mir bei ihm eine Brühe ohne Nudeln und genoss es den halben Tag von ihm verpflegt zu werden. Er konnte zwar eine Zicke sein und so gut wie immer mies gelaunt vor sich hin schauen, aber wenn ich krank wurde war er die beste Krankenschwester, welche man sich vorstellen konnte.

Gerade war er dabei mir einige Zeilen aus dem heiligen Buch vorzulesen, als von unten ein lauter Knall ertönte. Wir beiden zuckten extrem zusammen, bevor Henry aufsprang und mich mit einem Blick voller Ernsthaftigkeit allein im Zimmer ließ.
Ich wusste nicht was unten vor sich ging, aber für eine gruselig lange Zeit war es ruhig und nix schien Sichtung bewegen.
Das ging solange, bis auf einmal ein Aufschrei zu vernehmen war und dann wildes Getuschel.
Was ging denn da vor sich?

Ich wusste, dass Henry mich sicher umbringen würde doch wollte ich wissen, was da abging. Es ist ja immerhin meine Wohnung, also hab ich ein Hausrecht. Von meinen eigenen Argumenten überzeugt verließ ich ebenfalls mit etwas tapsigen Schritten mein Zimmer. Auf der Treppe hielt ich inne. Perplex und nicht wissend was ich von der Situation halten sollte starrte ich Henry und den nicht ganz so unbekannten Unbekannten an.
Henry sah mich zu erst und schnellte die Treppe hoch, um sich schützend vor mich zu stellen.
Eine ungeduldige und überraschend tiefe Stimme verließ Henrys Körper kurze Zeit später: „Ich glaube du solltest jetzt gehen. Ich und mein Schützling hier haben noch etwas zu besprechen."
Es entstand eine angespannte Ruhe und ich konnte nur vermuten, dass sich die beiden Männer vor mir ein Blickduell geben konnten. Vorsichtig lugte ich hinter den stämmigen Körper Henrys hervor und wurde sofort von den blauen Augen meines Gegenübers in den Bann gezogen.

Diese Augen fingen auf einmal an zu Knurren. Das Knurren wurde immer lauter, bis ich merkte, dass er beim Knurren etwas murmelte. Leider konnte ich nicht verstehen was genau es war, denn gerade als es verständlich wurde hörte er auf zu Knurren und trat einen provozierenden Schritt auf Henry und mich zu.

EngelsmädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt