Kapitel 10

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P.o.V. Jayne

Der Weg bis zum Schloss war relativ kurz und still verlaufen.
"Was denkst du, werden sie mit uns beiden sprechen?", durchbrach ich die Stille. Leon schaute auf von seinem Tuch, welches locker über seine Hüfte hing.
Wir hatten uns entschieden normale Alltagskleidung zu tragen, somit hatte ich eine relativ prunklose weiße verschlossene Robe an, musste trotzdem mein goldenes Tuch tragen. Leon hatte wie gesagt nur sein weißes Leintuch wie einen Rock um die Hüfte gebunden und wurde mehr oder weniger von Henry gezwungen ebenfalls ein silbernes Tuch mitzunehmen, welches er sich um den Hals gebunden hatte.
Silber steht im Himmelreich für Schutz und macht somit so gut wie jedem klar, warum er mir hinterher watschelt.

"Ich würde mal meinen sie haben keine Wahl. Du denkst doch hoffentlich nicht da alleine rein gehen zu wollen?", sagte er mit fragendem Blick. Schnell schüttelte ich meinen Kopf, der hohe Rat darf mir zwar nichts verbieten oder eine Antwort vorenthalten, jedoch war es mir immer unangenehm ihnen gegenüber zu treten.
"Siehst du, dann wirst du da auch nicht alleine rein gehen."
Ich nickte leicht zur Kenntnisnahme und bemerkte das wir bereits vor dem Tor zum Schloss angekommen waren.
Wie lange war ich nicht mehr hier.

Ich schluckte hart und vernahm ein Räuspern vor uns. Die Luke, welche in dem Holztor eingearbeitet ist, wurde geöffnet und ein älterer Mann schaute nun genervt Leon an. Dieser hatte sich vor mich geschoben und grinste nun provozierend.
"Passwort?", fragte die Wache hinterm Tor nun noch etwas genervter. Leon gab keinen Ton von sich, sondern grinste den Mann einfach weiter dumm an. Leicht erzürnt über dieses Verhalten beider schubste ich Leon unsanfter als beabsichtigt zur Seite und stellte mich dann so vor das Guckloch, sodass der Wachmann ganz klar erkennen sollte wer vor ihm steht.
Keine Sekunde zu spät wurden die Augen des Wachmanns groß und ihm war die Farbe aus dem Gesicht entwichen.
"Majestät, es tut mir unbeschreiblich leid! Hätte ich gewusst das sie es sind, dann hätte ich sofort das Tor für Sie geöffnet. Um der Königins Willen, dass konnte ja nur mir passieren."
"Es ist alles gut, nun mach nur endlich auf.", antwortete ich dem Mann beruhigend.
Kurz darauf war es still, bevor ein lautes knarren von Holz, welches seit gefühlten Jahren nicht mehr benutzt wurde unsere Aufmerksamkeit bekam. Langsam öffnete sich das Tor und ich konnte den Königshof vor mir sehen.
Bevor ich jedoch nur eine Sekunde diesen Anblick in mich aufnehmen und genießen konnte stand schon der Mann von gerade eben vor meiner Nase.

"Ich bin ehrlich, wir haben Sie nicht erwartet! Bitte verzeihen Sie uns jegliche Nachlässigkeit, falls Ihnen eine auffallen sollte.", sprach er mit leicht zittriger Stimme.
Ich schloss die Augen und atmete ein mal ein und wieder aus: "Guter Mann, wie is dein Name?"
"Oliver!", antwortete er sofort.
"Gut, Oliver. Höre mir zu, ich bin nicht hier um euch alle zu prüfen, ich möchte erst einmal den hohen Rat einen Besuch abstatten. Wäre es möglich, dass du meinen Begleiter und mich für danach im Schloss anmeldest. Ich würde mich sehr darüber freuen."
Oliver japste einmal bevor er wie wild anfing zu nicken. Schon trabte er davon.

"Das hast du von deiner Mutter geerbt.", sagte eine bekannte Stimme hinter mir. Ich drehte mich um und sah in die wohl möglich schönsten blauen Augen des Himmelreiches.
"Du kanntest sie?", fragte ich ihn. Leon nickte und kam dann langsam auf mich zu. Doch wider Erwarten blieb er nicht vor mir stehen, sondern ging einfach dicht an mir vorbei und hinterließ dabei einen beruhigenden Duft von Fenchel und anderen Kräutern.
Was laber ich denn da?
Kurz schüttelte ich mich um einen klaren Kopf zu bekommen, bevor ich den Weg wieder aufnahm und meinem Leibwächter weiter folgte.

Wir kamen vor dem silbernen Gebäude an und mussten kaum eine Sekunden warten, denn die Türen öffneten sich von selber.
Wir werden wohl erwartet.

EngelsmädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt