Vor wenigen Tagen hatte Adhara den Ausführungen Valus über deren Erlebnisse im Garten des Palastes mit hochgezogenen Brauen und zunehmendem Erstaunen gelauscht.
Was sie erzählte, passte so vollständig zu ihrem Gemahl und war gleichzeitig so seltsam, dass sie nicht wußte, ob sie lachen oder den Kopf schütteln sollte.
Die Dirne war nun also die Muse des Königs. Er hatte sie genötigt an seinem Tee, an Obst, Laub und sogar Steinen zu riechen und Valu hatte sich nicht lumpen und die Mahlzeit des Königs schmecken lassen, während sie auf seinen weichen Kissen lümmelte.
Am Ende entschied sie sich dafür, in das herzliches Gelächter einzustimmen.
Während es für Adhara ein steter Quell des Unmutes war, von ihrem Gemahl nicht begehrt zu werden, war es für die Dirne eine willkommene Erfahrung, dass ein Mann nicht nur Teile ihres Leibs bei sich wissen wollte.Das Beste an dieser Erzählung war jedoch, dass der König ihr nicht mehr zürnte. Sobald sie sich mit ihm ausgesöhnt hätte, würde sie mit Valus Ratschlägen und neuer Hoffnung an die Erfüllung ihrer ehelichen Pflichten gehen und sich von dieser Last freimachen.
Ihr Stellung wäre dann gefestigt, niemand würde mehr danach trachten, sie auszutauschen und endlich könnte sie ihre eigenen Geschicke und die des Landes selbst lenken.Nun überlegte sie, wie sie sich ihrem Gemahl am klügsten annähern könnte, ohne ihn zu verschrecken oder in die Arme seiner Mutter zu treiben.
Er kam ihr jedoch zuvor.
Ein Bote überraschte sie, als sie gerade einige Briefe verfasste. Sie würde sie, wegen der noch immer geschlossenen Tore nicht abschicken können, aber es half ihr sie zu schreiben, um ihre Gedanken zu ordnen.
Der König wünsche sie zu sprechen und befände sich bereits auf dem Weg.Sie hatte gerade noch Zeit, die Feder beiseite zu legen und das Tintengefäß zu verschließen, als ihr Gemahl bereits von einem Diener angekündigt wurde und ihre Kammer betrat.
Adhara erhob sich und knickste, um ihn zu begrüßen.
Seine Augen huschten im Raum umher, blieben an einem Wandteppich hängen und folgten dann den rankende Schnitzereien die sich über einen Schrank zogen.
Er wirkte angespannt und schien nicht recht zu wissen, wie er beginnen sollte.
Im Angesicht seines Papiers war er nie um Worte verlegen, doch wenn er Menschen gegenübertrat, konnte man ihn für einen Tölpel halten.
Sie wartete ruhig und lächelte ihn aufmunternd an.
Endlich hatte er der Einrichtung genug Aufmerksamkeit gezollt und wandte sich ihr zu: „Ich war gerade in den Gärten. Dieser hier nahm mein Auge gefangen." Verlegen hielt er ihr einen unscheinbaren, grauen Stein entgegen. „Er erinnert mich an Euch."Adhara betrachtete das Geschenk. Sie musste so befremdet ausgesehen haben, wie sie sich fühlte, denn seine Miene nahm einen enttäuschten Ausdruck an.
„Er funkelt, wenn das Sonnenlicht auf ihn fällt. Seht Ihr, es gibt kleine Einschlüsse!" Seine Augen leuchteten erwartungsvoll.
Sie griff nach dem Stein und betrachtete ihn einen Moment, um nicht unhöflich zu erscheinen. „Vielen Dank, Majestät. Ich bin geehrt, weil Ihr mir einen Eurer Gedanken gewidmet habt."
Sie lächelte zurückhaltend. Das schien ihn zu beruhigen und seine Haltung entspannte sich.
„Wie geht es Euch meine Königin?"
„Es geht mir gut, Majestät." Sie hatte fast vergessen, wie anstrengend die Gespräche mit ihm bisweilen sein konnten.
Nach einer Pause, in der keiner etwas sagte, frage sie: „Und Euch, Majestät?"
Er begann, von seinen gesundheitlichen Einschränkungen zu berichten, klagte über ein Magenleiden und geschwollene Finger.
Das war nicht neu für Adhara und sie hörte ihm geduldig zu. Er berichtete auch davon, dass es mit dem Schreiben gut voranginge, besonders, seit er eine Muse gefunden habe.Unvermittelt hielt er inne und sah sich im Raum um, als suche er etwas.
„Ist sie nicht hier? Sie sagte, sie wäre häufig in Eurer Nähe."
Die Frage versetzte Adhara einen Stich, denn nach ihr und ihrem Verbleib fragte er nie.
„Im Moment nicht, Majestät. Ich werde ihr berichten, dass Ihr von ihr zu sprechen geruhtet. Ich freue mich, dass Ihr jemanden gefunden habt, der Euch - begeistert", schloss sie.
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Wenn der Schnee fällt
Historical FictionIntrigen, Verrat und enttäuschte Hoffnungen mit einem Hauch Romantik. Eine mittelalterlich-fantastische Geschichte über das Ringen um einen Platz in der Welt. Adhara soll überraschend den König heiraten. Nie hätte sie geglaubt, so weit aufzusteigen...