Einige Wochen später, es war Iner geworden und der Herbst hatte mit großen Schritten Einzug gehalten, trugen ihre Bemühungen erste Früchte.
Sie vergaß darüber und über ihren Sorgen, beinahe ihren eigenen Weihetag am Ende des Tall.
Das war leicht, denn niemand machte besonderes Aufheben darum.
In diesem Jahr war es Adhara nur recht, sie hatte keinen Sinn mehr für eitle Zerstreuungen.Allein Margie dachte daran und schenkte ihr ein kleines Etui mit einigen Sticknadeln darin.
Blumen und Ranken, die sie einst so geliebt hatte, waren in dessen Leder geprägt worden.
Das Mädchen sagte, es solle sie an die Abende auf Brückfeldingstein erinnern, wenn sie zusammen Handarbeiten erledigt und von ihrer Zukunft geträumt hatten.
Es war ein so gedankenvolles Geschenk und das Einzige, das sie an diesem Tag erhielt, dass sie Margie beinahe um den Hals gefallen wäre.
Thorn hatte ihr, während eines kurzen Moments in dem sie allein waren, lediglich förmlich gratuliert.
Vor beinahe einem Jahr war sie aus ihrem alten Zuhause fortgeritten und nun erkannte sie sich selbst nicht wieder und niemand war da, mit dem sie ihr Bedauern darüber teilen konnte.Immerhin war es ihr gelungen, die Versorgung der Menschen um ein Weniges zu verbessern.
Zwar versuchte sie vergebens, eine tägliche Armenspeisung einzurichten, aber sie setzte durch, dass die Reste aus dem Palast an manchen Tagen der Woche in der Unterstadt verteilt wurden.
Aus dem Umland trafen einige Karren mit Nahrungsmitteln ein und die Speicher an der Burg füllten sich langsam.Die Nachrichten über die Seuche, die sich durch die Menschen fraß, wie ein hungriges Tier, wurden jedoch zunehmend beunruhigender. Sie hatte die Stadt erreicht und schien an den Mauern zu lecken und zu suchen, wen sie als nächstes verschlingen könne.
Die Leichenfeuer vor dem Osttor erloschen seit Tagen nicht und es kamen sogar neue hinzu.
Adhara konnte sie in den Nächten sehen, wenn sie von einem Wehrgang oder einem der zahlreichen Balkone auf die Stadt hinunterblickte.
Selbst aus dem Öhr erreichten sie Berichte über schwere Verläufe und es schien unmöglich geworden, durch die Strassen zu gehen, ohne einem Karrer zu begegnen.Ihr Gemahl war seit Tagen deswegen unruhig und wirkte angespannter als sonst.
Er verzichtete sogar auf die von ihm geliebten Ausflüge ins Grüntuch und vergrub sich noch häufiger in seinem Schreibzimmer oder nahm mit dem Palastgarten vorlieb.Adhara drängte ihn beständig sanft, sie bei ihrem Tun zu unterstützen.
Sein Hang, sich vor allen königlichen Pflichten zu drücken und seine Angst vor Krankheiten, wegen seiner empfindlichen Konstitution, pflanzten schwarze Samen des Irrsinns in sein Herz, die seltsame Blüten trieben.
Novalis duldete sie seit Wochen nicht einmal an den Abenden in seiner Nähe und ließ sich überall und vor jedem von seinen Leibwachen abschirmen.
Thorn selbst und sein Waffenbruder Eckarius wiesen Adhara einmal zurück, als sie ihren Gemahl zu sprechen wünschte, und sie musste unverrichteter Dinge abziehen.Dessen Mutter befeuerte die Unruhe des jungen Monarchen noch, indem sie sich selbst zurückzog und zunehmend kopflos und zornig agierte. Eines der Dienstmädchen musste zu einem Heiler geschickt werden, weil die Königinmutter eine heiße Kanne Tee nach ihr geworfen und sie verbrüht hatte.
Außerdem ließ sie Andachten von den Oktonen halten und schickte ihrem Sohn ständig gesunderhaltende Mittelchen und von Gelehrten empfohlene Kost, sodass er sich zunehmend fühlen musste, als stünde sein Ableben unmittelbar bevor.
Adhara trieb der Gedanke um, dass es vielleicht tatsächlich so war.Als sie an einem Morgen viel zu spät erwachte und die Sonne sich längst golden über die Zinnen erhoben hatte, befiel sie deshalb sofort eine unbezähmbare Unruhe.
Niemand hatte sie geweckt und es erschien auch niemand, obwohl sie mehrfach nach einer Magd läutete.
Eilig kleidete sie sich an, so gut sie es vermochte. Gerade wollte sie ihr Haar zu einem einfachen Zopf binden, um endlich vor die Tür treten und die Ursache der Seltsamkeiten herauszufinden zu können, da drangen Geräusche eines Tumultes vom Flur her an ihr Ohr.
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Wenn der Schnee fällt
Fiction HistoriqueIntrigen, Verrat und enttäuschte Hoffnungen mit einem Hauch Romantik. Eine mittelalterlich-fantastische Geschichte über das Ringen um einen Platz in der Welt. Adhara soll überraschend den König heiraten. Nie hätte sie geglaubt, so weit aufzusteigen...