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Harrys POV:

"Verdammte Scheiße, ist das dein verfluchter Ernst, Tomlinson?" 

Genervt warf ich die Arme nach oben und funkelte meinen liebsten Erzfeind an, wie er sich mit Graffitispraydose in der Hand von einer Hauswand wegdrehte, auf die er "Ausländer raus" geschrieben hatte. 

Ich war vor fünf Minuten endlich mit Niall und Sprayzeug in Altsachsenhausen angekommen, nachdem unsere S-Bahn aus Rödelheim, wo ich wohnte, garantiert 40 Minuten mitten auf der Strecke stehen geblieben war, da sich jemand vor den Zug geworfen hatte. Und das Erste, was ich sah, war eine vermummte Truppe in braunen, abgewetzten Boots, die an einer heruntergekommenen Fassade ihr Unwesen trieb - einer von ihnen ausgerechnet Louis. 

Sobald er mich erkannte, klappte ihm fassungslos die Kinnlade hinunter und er stieß ein gequältes Stöhnen aus. "Wir hätten doch hinter zu den Farbwerken fahren sollen!", zischte er seinen Kampfhunden zu, woraufhin einer ihn anfuhr: "Wenn ihr zwei Pissnelken noch lauter seid, hört uns jemand!"

Das bezweifelte ich zwar, da es kurz nach eins war und garantiert alle selig schlafend in ihren Betten lagen, aber dennoch sparte ich mir jeglichen anderen Kommentar und nickte Niall zu. "Lass uns verschwinden." 

"Wie? Wir wollen die ihre dummen Sprüche sprühen lassen und verpissen uns? Auf gar keinen Fall!" 

Mit einem angriffslustigem Grinsen krempelte er sich die Ärmel seiner Jeansjacke nach oben und zog sich die schwarze Mütze tiefer ins Gesicht, ehe er auf die Nazis zustapfte. Demonstrativ langsam packte er seine Spraydose aus seinem Rucksack, was von Louis argwöhnisch begutachtet wurde. 

"Ich glaube, du hast dich verlaufen, Alter", raunte er ihm zu und näherte sich trotz seiner körperlichen Unterlegenheit Niall gefährlich. 

Der schnaubte bloß belustigt und noch bevor ich eingreifen konnte, waren die beiden ein einziges Kneul aus Fäusten. Natürlich stürzten sich Louis' Brüder mit ins Chaos, sodass Niall binnen weniger Sekunden zu Boden ging und dort regungslos liegen blieb. Erst war ich zu geschockt, um zu reagieren, aber kaum dass ich wieder Luft holen konnte, rannte ich zu ihm und stieß Louis von ihm, der sich über meinen besten Freund gebeugt hatte. 

"Du beschissener Wichser", fluchte ich mit zusammengebissenen Zähnen, während ich mich zu meinem Iren kniete und versuchte, ihn aufzurichten. An seiner Stirn prankte eine Platzwunde und seine Wangen waren voller Schrammen, aber obwohl seine Lider flatterten, umfasste er meine Hand und setzte sich langsam auf. 

Aus dem Augenwinkel sah ich, wie die Dreckskerle noch einige Bierdosen und Beleidigungen nach uns schmissen und anschließend davon hasteten - wahrscheinlich, weil sie Angst hatten, einer der Anwohner könnte die Polizei rufen. 

Eine Weile verharrte ich neben Niall in der Hocke, bis ich ihn schließlich auf seine Füße zog und mich bei ihm einhakte. "Komm. Wir gehen nach Hause", sagte ich, und auch wenn ich ihm deutlich anmerkte, dass er enttäuscht war, das Nazigeschmiere unbeantwortet lassen zu müssen, folgte er mir. 

Als wir wieder zurück in Rödelheim waren, öffnete eine völlig verdutzte Nia uns die Tür. "Ach du Scheiße, was ist euch denn passiert?", wollte sie bei Nialls Anblick schockiert wissen, der jedoch nur abwinkte und sich sogar ein Lächeln abrang. "Alles halb so wild. Ich will nur schlafen." Also half ich ihm aus seinen Klamotten und verfrachtete ihn danach auf die Couch im Wohnzimmer, wo er kurz darauf friedlich eingeschlafen war - ein Kühlpack auf der Stirn gelegt. 

Eigentlich wollte ich ebenfalls schlafen gehen, doch während ich die Zähne putzte, vibrierte plötzlich mein Handy. Louis. Die Augen verdrehend drückte ich den Anruf einfach weg und spuckte stattdessen die Zahnpastareste ins Waschbecken, ehe ich zu Nia ins Bett kroch. 

"Louis?", riet sie, weshalb ich nur genervt nickte. "Ja. Diese Typen wollten wohl auch sprayen. Niall musste sich natürlich mal wieder mit ihnen anlegen und hat den Kürzeren gezogen." Gähnend kuschelte ich mich in mein Kissen und zog Nia näher zu mir, damit ich ihr einen Kuss in den Nacken geben und hinterher genüsslich die Augen schließen konnte. 

"Gute Nacht", nuschelte ich noch, dann war ich im Land der Träume versunken - zumindest so lange, bis das erneute Vibrieren meines Handys mich wieder aufweckte. Eine Nachricht von Louis: 

"Du hxst keiness Machttttt über mch!"

Verwirrt wollte ich das Handy komplett ausschalten und mich wieder umdrehen, da kam die nächste Nachricht: 

"Icc bin vol rechs."

Und voll besoffen war er scheinbar auch. 

"Auxlädner raus."

Ich hob eine Augenbraue. 

"Ichh hase dich."

Und ich igelte ihn gleich, wenn er nicht aufhörte. 

"Fuckk."

Einige Sekunden Stille. 

"Duuu bist heißßßß. Aber pssst, nicht weiterrsagenn."

Perplex ließ ich mein Telefon fallen und erschreckte mich durch den lauten Aufprall auf dem Laminat so sehr, dass ich von der Matratze rutschte und in die Küche stolperte. Obwohl das eine bestimmt eine ganz miese Idee war, wählte ich seine Nummer. 

Nach dem dritten Klingeln erlosch das Freizeichen und dafür erklang lautes Rascheln, weswegen ich das Handy einige Zentimeter von meinem Ohr weg hielt und darauf wartete, dass der Kerl sich meldete. 

Tatsächlich ertönte endlich seine kratzige, lallende Stimme: 

"Tomlinsonn?"

"Was war das eben?"

"Dasss mit Niall tuttt mir leidddd", seufzte er schleppend, darauf bedacht, kein Wort zu verschlucken, während er leise kicherte. 

Obgleich ich nicht verhindern konnte, dass ich mich daran erinnerte, wie er letzte Nacht neben mir gekichert hatte,  riss ich mich zusammen - immerhin ging es hier um Louis, das Arschloch schlechthin. "Du findest mich heiß."

Abruptes Schweigen am anderen Ende der Leitung. 

"Scheiße", entwich es ihm, schlagartig wieder nüchtern. "Kannst du das bitte vergessen?"

"Du trinkst zu viel", entgegnete ich, ohne auf seine Bitte einzugehen. "Du bist krank, du solltest dich nicht immer so zulaufen lassen."

"Du hast mir gar nichts zu sagen", quengelte er. 

"Stimmt. Trotzdem tu ich es."

Mittlerweile war Nia auch wach geworden und stand nun verschlafen im Rahmen der Küchentür, auf mich wartend. Mit einem Handzeichen gab ich ihr zu verstehen, dass ich gleich wieder zurückkommen würde, woraufhin sie sich wieder umdrehte und ins Schlafzimmer schlurfte.

Ich hingegen hockte mich auf die Küchentheke und starrte durch das Fenster nach draußen, wo sich allmählich am Nachthimmel ein Gewitter zusammenbraute. 

"Du bist scheiße", flüsterte Louis irgendwann. 

"Und ich hab dir heute gar keine verpasst."

Anstelle einer Antwort gab Louis bloß noch ein Schnarchen von sich, weshalb ich Kopf schüttelnd auflegte und meine Konzentration zurück zu den mächtigen Wolken lenkte. Ich wusste nicht, warum ich ihn nicht selbst vermöbelt hatte, nachdem ich ihn von Niall runtergekickt hatte - und noch viel weniger wusste ich, warum zum Teufel ich überhaupt auf seine beknackten Nachrichten eingegangen war. 

Energisch löschte ich den Chatverlauf und blockierte anschließend seinen Kontakt, dabei Elifs verzweifelte Miene vor Augen: "Er war früher so nett und unheimlich cool. Keine Ahnung, was mit ihm passiert ist. Aber irgendwann hat sich ein Schalter bei ihm umgelegt und vom einen auf den anderen Tag war er wie ausgewechselt. Und heute läuft er mit Glatze und Bomberjacke durch Frankfurt. Schrecklich."

ups, da ist harry wohl schwach geworden.... anyway, meinungen? ich liebe euch!!

Streets of Frankfurt - Larry Stylinson ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt