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Louis' POV:

„Nein verdammt! Ich werde keine Anzeige erstatten!" Wütend warf ich die Arme nach oben, bevor ich sie vor der Brust verschränkte.

„Warum?", wollte Alec mindestens ebenso aufgebracht wissen, woraufhin ich mir bloß über die Lippe leckte. „Weil ich vorhin bei Harry war, um mich zu entschuldigen", sagte ich so ruhig wie möglich, auch wenn ich mich innerlich darauf vorbereitete, gleich eine Ohrfeige verpasst zu bekommen.

Tatsächlich landete mit einem lauten Klatschen Alecs Hand an meiner Wange, die Sekunden später von einem unsäglichen Brennen durchflutet wurde.

Reflexartig schnellten meine Finger zu meinem Gesicht und fuhren vorsichtig über die schmerzende Stelle.

„Erst arbeitest du für diesen Wichser und jetzt entschuldigst du dich auch noch bei ihm? Was soll die Scheiße?"

„Mann, ich hab einfach keinen Bock, dass er mich rausschmeißen lässt und wir wieder ohne Job dastehen! Außerdem wird er wohl kaum mir zuerst die Fresse eingeschlagen und anschließend meine Kotze weggewischt haben!"

Diese Erklärung ließ meinen älteren Bruder nur resigniert seufzen, ehe er mich mit einer unwirschen Handbewegung aus der Küche scheuchte.

Ganz durcheinander flüchtete ich in mein Zimmer, wo ich unruhig auf und ab tigerte, meine Augen immer wieder auf die Deutschlandflagge an meiner Wand gerichtet, gleich neben dem Schriftzug „I LV HTLR".

Ich war kein Verräter. Nur weil ich vermeiden wollte, von Harry noch bei lebendigem Leibe verbrannt zu werden, hieß das doch noch lange nicht, dass ich die Familie und das deutsche Vaterland verriet, oder?

Plötzlich begann mein Kopf wieder fürchterlich zu pochen, weshalb ich mir eine Schmerztablette einwarf und dann beschloss, einen kleinen Sparziergang zu machen - immerhin würde es gut tun, ein paar Meter Abstand zwischen mich und Alec zu bringen.

Zuerst wollte ich wie gewohnt in meine Bomberjacke schlüpfen, aber dann fiel mein Blick auf die alte Jeansjacke in meinem Schrank, die ich schon seit Jahren nicht mehr getragen hatte - seit ich begonnen hatte, die NPD zu wählen und mir die Haare abzurasieren.

Heute Abend jedoch fühlte es sich falsch an, in meiner sonstigen Kluft herumzulaufen, wahrscheinlich weil mir der Streit mit meinem Bruder so schwer im Magen lag.

Deswegen zog ich die Jeansjacke samt meinen abgetreten Chucks heraus und lief kurz darauf durch die abendliche Dämmerung Frankfurts. Da heute Abend ein recht frischer Wind wehte, zog ich die Kapuze meines Pullis über meinen Kopf und vergrub die Hände in der Bauchtasche, während ich an zahlreichen Passanten vorbeilief, die es sich trotz Kälte nicht nehmen ließen, in luftigen Kleidern Selfies mit der Skyline zu machen.

Schließlich erreichte ich mal wieder das Theaterviertel, wo ich eigentlich ohne Umschweife im U-Bahn-Schacht verschwinden wollte, als ich das Zelt mitten auf dem Opernplatz entdeckte, aus dem Musik schallte und Menschen sich lautstark unterhielten.

Verstohlen schielte ich zu dem Geschehen hinüber und musste kräftig schlucken, sobald ich Harry entdeckte - sein lilaner Irokese war unverkennbar.

Prompt gefror das Blut in meinen Adern und ich beeilte mich, die Rolltreppe hinunter zu stürzen.
Unten musste ich allerdings feststellen, dass sämtliche U-Bahnen wegen eines Zugunglücks ausfielen, sodass ich lustlos wieder nach oben fuhr.

Schon auf der untersten Stufe der Rolltreppe schallte das Gelächter zu mir hinüber und ich meinte, Tomatensuppe zu riechen. Wie auf Knopfdruck knurrte mein Magen und ich beschloss, zumindest einen kurzen Blick zu riskieren. Vielleicht bemerkte Harry mich gar nicht.

Also trugen mich meine Beine zum Geschehen hin, wobei ich merkte, wie nervös ich mit einem Mal wurde. Meine Handflächen wurden verdächtig feucht und meine Kehle fühlte sich augenblicklich wie ausgetrocknet an.

Verdammt. Ich durfte nicht zulassen, dass Harry solch eine Macht über mich hatte.

Mittlerweile hatte ich den Pavillon erreicht und entgegen meiner Hoffnung hatte Besagter mich schon längst mit dem Grün seiner Augen taxiert.

„Entweder bist du eine Fata Morgana oder hast dich gehörig verlaufen", war sein Kommentar, nachdem er sich neben mich gestellt hatte und mich von oben bis unten musterte.

„Äh... weder... noch", stammelte ich, während ich mich dazu zwang, möglichst unauffällig Luft zu holen.

Meine Gedanken rasten mindestens genauso schnell wie mein Herz, wodurch ich mich langsam wieder entfernen wollte, als eine schwarzhaarige Frau zu stieß, die mich freundlich anlächelte.

„Hey! Willst du was trinken oder essen? Du siehst durchgefroren aus."

Noch bevor ich ablehnen konnte, packte Harry sie am Handgelenk, damit er sie ein Stück wegziehen und in ihr Ohr flüstern konnte - obgleich ich dennoch ihr Getuschel hören konnte.

„Sophie, nichts für ungut, aber das ist ein Nazi. Wir sollten ihn hochkant die Rolltreppe hinunter transportieren, damit er ja nicht auf die Idee kommt, hier nochmal aufzutauchen."

„Ach du Scheiße.. bist du dir sicher? Nachher ruft er noch die Bullen!"

„Ja glaub mir, ich kenn ihn persönlich. Leider. Eben. Und jetzt lass mich das machen."

Noch einmal nickend ließ er sie los und kehrte mit schwerem Räuspern wieder, weshalb ich direkt abwehrend die Hände hob. „Schon klar, ich verpiss mich."

„Gut so."

Mit gerunzelter Stirn beobachtete er mich dabei, wie ich auf dem Absatz kehrt machte und mich in die nächste Seitengasse verzog.

Dort konnte ich nicht verhindern, dass ich binnen weniger Sekunden spürte, wie meine Augen feucht wurden.

Zwar versuchte ich, mich mit aller Kraft gegen die aufkommenden Tränen zu wehren, doch war komplett erfolglos.

Stattdessen sank ich an einer Hausmauer hinunter und blieb am Boden sitzen, von grässlichen Schluchzern überwältigt.

Zornig über mich selbst ballte ich meine Hände zu Fäusten und schlug auf meine Oberschenkel ein - auch wenn das absolut nicht half, sondern mich nur mehr weinen ließ.

In einer kurzen Atempause blitzte Alec vor meinem inneren Auge auf und ließ mich unwillkürlich zusammenzucken - denn wenn er mich so sehen würde, würde er mich bestimmt mit den wüstesten Beleidigungen attackieren.

Dabei wollte ich das alles doch gar nicht. Ich wollte nicht, dass ich Harry gut aussehend fand und dass es insgeheim gut getan hatte, im Krankenhaus nicht allein aufzuwachen.
Ich wollte nicht, dass er mich nervös machte und ich so fühlte, wie ich fühlte.

Es war doch falsch, so zu denken.
Ich musste doch meiner Ideologie folgen, meinen Brüdern.
Ich liebte doch Lena.

Ich durfte mich nicht verlieben.
Nicht schon wieder.

ein exakt 1000 wörter langes kapitel zum abend und ich kann euch gar nicht sagen, wie aufgeregt ich bin.

das erste mal gibt louis eine andere seite von sich preis und damit kommt vielleicht ein stein ins rollen?

wie dem auch sei, ich hoffe, es hat euch gefallen!!!

alles liebe meine hasen, fühlt euch gedrückt. xx

Streets of Frankfurt - Larry Stylinson ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt