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Bis zum Abendessen war Hermine ziellos durch das Hogwartsschloss geschlendert, hin und her durch die Gänge, die Treppen hinauf und hinab. Sie war ruhelos und konnte es kaum abwarten, bis sie endlich wissen würde, wer ihr das Dormium verabreicht hatte. Ihre Nerven waren gespannt. So gerne wäre Hermine zu Severus gegangen und hätte sich von ihm beruhigen lassen, aber das ging nicht, da er gerade eine Strafarbeit eines aufsässigen Drittklässlers beaufsichtigte. Die Minuten zogen sich wie zäher Sirup. Was, wenn es jemand war, von dem Hermine gedacht hatte, sie könne ihm trauen? War es Ginny? Aber sie hatte kein richtiges Motiv. Klar, war sie sauer und erschrocken gewesen, aber was hätte sie damit erreicht, Severus schlafen zu legen?
Endlich zeigte ihre Armbanduhr sechs Uhr abends an. Wie Harrys Feuerblitz schoss sie in die Große Halle. Dort waren nur vereinzelt Schüler schon anwesend, weil kaum jemand ernsthaft pünktlich zum Abendessen eintraf. Gespannt wie ein Flitzebogen setzte sich Hermine auf ihren üblichen Platz. Ihr linkes Bein bebte nervös. Nach und nach kamen Trauben von Schülern durch die große Tür. Nach weiteren 10 Minuten trafen nun auch endlich Fred und George ein. Sie alberten wie immer herum und zogen eine Grimasse nach der anderen. Hermine schnellte in die Höhe und trabte auf sie zu. "Fred, George, und? Wer hat es gekauft?", stieß sie ungeduldig hervor. "Och, nur Harry eigentlich. Und Hannah, aber das war letztes Jahr, also ist es wahrscheinlich Harrys. Da kannst du es ihm ja gleich geben, da kommt er gerade", gluckste Fred und zog George weiter.
In Hermines Kopf herrschte plötzlich Funkstille. Als hätte es "Klick" gemacht, stürmte Hermine los und steuerte geradewegs auf Harry und Ron zu, die gerade zur Tür herein gekommen waren. Wie ein Stier, der Rot gesehen hatte, raste sie immer schneller in Harrys Richtung. Er riss die Augen auf, als er sie bemerkte. Hermine hob die Hand im Laufen, nur um dem entsetzt guckenden Harry mit all der Kraft, die sie aufbringen konnte, einen kräftigen Schlag zu verpassen. Stöhnend ging er zu Boden. Ron war erschrocken zur Seite gesprungen, um aus Hermines Reichweite zu sein, falls sie vorhatte, noch mehr Schläge auszuteilen.
"Du verachtenswertes, mickriges, niederträchtiges... ich weiß auch nicht, was. Mir fehlen die Worte. Ich hoffe allerdings du hast etwas zu deiner Verteidigung zu sagen", zeterte Hermine lautstark bis Harry sich stöhnend aufgerappelt hatte. "Ich kann's erklären", beteuerte Harry während es sich das dünne Rinnsal Blut von der Oberlippe wischte, welches aus seiner Nase kam. Hermine packte ihn am Arm und zog ihn aus der großen Halle. Zu Ron sagte sie: "Bleib da, das müssen wir unter vier Augen klären..." Harry fluchte ununterbrochen leise vor sich hin. Draußen drückte Hermine ihn auf einmal grob gegen die kalte Wand. "Sag's mir. Sag mir, warum...", setzte sie an. "Ich hab euch gesehen. Scheiße. Ich wollte das nicht. Aber ich hasse ihn. Ich hasse ihn für alles was dieses Schwein mit dir gemacht hat." Zack! Hermine hatte ihn erneut geschlagen, diesmal mit der flachen Hand ins Gesicht. Sie sah, wie ihm Tränen in die Augen stiegen."Verdammt Hermine, Ron hätte es sein sollen, der dich so anfasst. Er war am Boden zerstört, als du mit ihm Schluss gemacht hast. Du warst alles für ihn und ich konnte es nicht ertragen, ihn so zu sehen. Mir ist nichts besseres eingefallen als dieses Dormium, dass ich bei Fred gesehen hatte. Ich wollte ja keinen ernsthaften Schaden verursachen. Aber scheiße, Hermine, warum denn Snape? Er hasst mich. Er hasst alle. Er sagt schlimme Dinge über mich und meinen Dad. Wie kannst du ihm...? Wie, sag du mir das." Sie zitterte am ganzen Körper. Die Wut übermannte sie beinahe. "Du bist ja so falsch, Harry. Du hast dich einfach nur verachtenswert verhalten. Warum redest du nicht mit mir darüber, wir sind... nein, waren doch beste Freunde. Ich hätte dir erklären können, dass ich ihn... Egal, jedenfalls hast du das auch sehr dumm angestellt. Ein kleiner Streich, aber er hat den falschen getroffen. Das ist so kindisch von dir, zu glauben, ihr beide könntet euch in mein Leben einmischen. Ganz ehrlich, eigentlich bin ich gar nicht sauer auf die Sache mit dem Dormium, das war nichts. Aber du respektierst meine Gefühle nicht. Ich liebe Ron nicht mehr. Krieg das in deinen Kopf rein. Und jetzt geh mir aus den Augen, bis du dich entschieden hast, wieder deinen gesunden Menschenverstand einzusetzen."
Sie lies Harry los und stob davon.
Hermine spürte, wie sich das Loch in ihrer Brust ausweitete. In Wahrheit war es schon die ganze Zeit dagewesen. Sie hatte Ron und nun auch Harry verloren.
Konnte Severus diese Lücke alleine ausfüllen?

The TeacherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt