177. Grauer Alltag
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Zum frühen Abend suchten Blaise und Charlie, mit Ginny und Harry, die Direktorin auf, die versprach, sich wegen der Beisetzung kundig zu machen. Auf Ginnys Frage, wie es Hermione ginge und ob sie sie vielleicht doch besuchen durften, erhielt sie die gleiche Antwort, wie Tags zuvor, was den Freunden zusätzlich Bauchschmerzen bereitete. Am Ende verschwanden sie unverrichteter Dinge in ihre Gemeinschaftsräume.
Im Gryffindor-Turm herrschte inzwischen eine ähnlich drückende Schwere, wie in den Kerkern. Die Nachricht, dass Ron der Täter war, hatte sich wie ein Lauffeuer im ganzen Schloss verbreitet und sorgte bei den Meisten für noch mehr Bestürzung, als ohnehin schon. Harry bereute beim Betreten seines Turms bereits, dass er es Ginny nicht gleichgetan hatte und in den Kerkern geblieben war.
Die Blicke seiner Mitschüler lagen zum Großteil auf ihm. Und das auf eine Art und Weise, als erwarteten sie, dass er etwas zu allem sagte. Nur was? Was sollte er dazu sagen, dass einer der Ihren, sein ehemals bester Freund, aus blindem Hass, gemordet hatte? Trotz allem wollte das nicht so recht in seinen Kopf.
Stattdessen nahm er wortlos in ihrer Ecke am Kamin Platz, in der schon Neville, Luna, Dean, Seamus, Parvati und Sally saßen. Letztere sah ähnlich fertig aus, wie Blaise und Charlie.
„Hey", begann Dean matt.
„Wie ... wie geht's den Jungs?", fragte Seamus.
„Beschissen?", warf Harry ein, sodass der Ire betreten das Haupt senkte.
„Habt ihr was von Hermione gehört?", erkundigte Parvati sich, worauf der Held mit dem Kopf schüttelte.
„Nein. McGonagall hatte keine neuen Infos für uns, wollte aber nochmal nachfragen." „Hat sie noch was wegen ... uhm ... Ron gesagt?", wurde Dean leise und musterte Harry unsicher, der erneut mit dem Kopf schüttelte. Er ballte wütend die Hände zu Fäusten, während in seinen grünen Augen kurz blinder Zorn aufflackerte, bevor dieser in dumpfem Schmerz erstickte.
„Ich kann noch immer nicht fassen, dass er das getan hat", murmelte Seamus kopfschüttelnd.
„Vor allem ... warum?", brachte Parvati an und sah in die Runde. Am Ende blieb sie bei Harry hängen.
„Ich mein... Ja, er hat Draco gehasst, wegen allem was war, aber... Du und Hermione, ihr hattet früher genauso Ärger mit ihm. Eher noch mehr. Zumal das im Endeffekt meistens nur dummes Gepöbel war. Nur wegen so etwas, da...", brach sie ab und presste die Lippen zusammen. Nur einen Moment später wurden ihre Augen feucht.
„Ich weiß es nicht", meinte Harry geschlagen, der sich schon den ganzen Tag über diese Frage den Kopf zerbrach. Es konnte doch nicht einzig und allein aufgrund der vergangenen Anfeindungen gekommen sein, denn Parvati hatte Recht. Es war letztlich nur Gepöbel. Mobbing würde man bei den Mugglen sagen. So etwas rechtfertigte keinen Mord! Oder? Harry resignierte, denn häufig töteten Menschen bereits wegen sehr viel weniger.
Wie oft wurde gar aus Eifersucht oder noch niederen Beweggründen getötet? Und Ron war von Eifersucht zerfressen, da Hermione sich am Ende Draco zugewandt und ihm ihr Herz geschenkt hatte. Dieser Punkt schien die letzte Grenze eingerissen zu haben. Dass für Harry bitterste daran war, dass Ron durch seinen blinden Hass, nicht nur Dracos Leben zerstört hatte, sondern auch Hermiones.
Er bezweifelte, dass seine Freundin sich von diesem Schicksalsschlag je wieder ganz erholen würde. Dafür hatte sie im vergangenen Jahr zu viel durchgemacht und gelitten. Ihr heftiger Zusammenbruch und die Tatsache, dass sie selbst nach vier Tagen noch immer nicht ansprechbar war, bewiesen das nur zu deutlich. Er wollte sich keine Vorstellung davon machen, wie sie reagierte, wenn sie erfuhr, dass Ron derjenige war, der ihr Glück zerstört hatte.
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Was im Verborgenen liegt (2/?)
FanfictionDie Schlacht um Hogwarts ist geschlagen, der Krieg für unsere Helden gewonnen. Alles gut? Mitnichten, denn der Krieg hat Spuren hinterlassen. Nicht nur in den Köpfen, sondern auch Herzen und Seelen der Menschen. Die Freunde versuchen, nach den schli...