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Ich ließ stumm meine Tränen laufen denn diesmal wusste ich, es war endgültig.

Ich zog ihn so nahe wie ich konnte an mich. Ich habe ihn verloren. Meine Atmung wurde immer unregelmäßiger und ich fing an meine ganze Umgebung von mir auszublenden.

"Ich hätte da sein müssen" schluchzte ich leise. "Und ich war es nicht"

Ich löste mich langsam von ihm und sah in sein Gesicht. Er sah so friedlich aus. Jetzt hat er auch seinen Frieden. Mir legte jemand eine Hand auf die Schulter und ich blickte in das Gesicht eines Rettungssanitäters. Er sah mich mitleidig an.

Ich wand mein Blick wieder zu Kyle. Ein letztes mal. Ein letztes mal küsste ich ihn, bevor ich ihn für immer gehen lassen muss. Seine Lippen waren immernoch so weich, aber auch so kalt. Leblos. Ich schluchzte wieder auf und löste mich letztlich komplett von ihm.

Ein Rettungssanitäter zog mich raus aus dem Bad und setzte mich auf Kyles Bett, wo er eine Decke um mich schlang.

"Soll ich irgendjemand anrufen?" fragte er mich. Ich schüttelte schwach den Kopf, während ich auf den Boden starrte. Keiner könnte was an der Tatsache ändern.

Ich habe Kyle verloren. Er ist tot. Ich werde nie wieder in seine wunderschönen Augen schauen können. Ich werde mich nie bei ihm Entschuldigen können. Ich habe ihn getötet. Meinetwegen hat er sich umgebracht.

Hätte ich nicht Schluss gemacht-.

Er wäre noch am Leben.

Wenn es mich nicht geben würde, wäre Kyle noch am Leben.

Alles um mich herum lief so Surreal ab. Ein paar Polizisten liefen hier herum. Jemand war am Telefonieren. Die Rettungskräfte besprachen sich gegenseitig miteinander. Kyle wurde auf eine Trage gelegt, eine schwarze Plastikhülle wurde über ihn gelegt und er wurde rausgefahren.

Ian setzte sich neben mich. Wir beide saßen einfach nur regungslos mit verheulten Gesichtern da.

Auf einmal schrie jemand hysterisch im Treppenhaus. Unser Blick wandt sich zu der Tür, wo kurz darauf Kyles Mutter hereingestürmt kam. Sie war ebenfalls am weinen und dabei ins Bad zu rennen. Zu ihrem Glück lag er nicht mehr darin. Ich glaube diesen Anblick hätte sie nicht ertragen.

Aber sie sah dennoch das Blut. Sie war komplett fertig mit ihren nerven. Aber das wäre ich auch, wenn ich ein Kind hätte, dass sich selbst das Leben nehmen würde.

Sie kam zu uns und nahm uns beide einfach nur in den Arm.

"W-was ist p-passiert?" fragte sie nach einer weile und löste sich von uns. Sie sah uns Hoffnungsvoll an. Ich wandt meinen Blick auf den Boden. Ich kann ihr das nicht sagen. Wie soll ich ihr in die Augen schauen und sagen, dass ich daran schuld bin, dass ihr Sohn sich das Leben genommen hat?

"Ich denke es hat sich alles angesammelt bis er nicht mehr konnte. Hätte ich gewusst-" sagte Ian, aber seine stimme brach ab. Kyles Mutter nickte nur ehe sie Ian wieder umarmte. "Er hat nicht darüber geredet wie hätten wir es wissen sollen?" meinte sie schluchzend.

Wir hätten es wissen müssen. Insgeheim wusste es jeder, aber niemand hat sich genug dafür Interessiert. Warum habe ich nichts gemacht? Warum?

Einer der Polizisten kam zu uns und redete mit Kyles Mutter. Ich sah mich in Kyles Zimmer um. Alles sah so Vertraut aus, und doch so leer. Ohne Kyles Zimmer ist es nicht mehr vollständig. Er fehlt.

Auf seiner Kommode sah ich eine getrocknete Rose liegen, darum ein paar Blütenblätter. Die sind von der Nacht, die ich mit Sandy geplant hatte. Ich wollte nach dem Training etwas romantisches mit ihm machen. Ich muss zugeben, es war kitschig und ich bin eingeschlafen bevor er überhaupt hier war, aber dennoch. Er hat die Rose behalten. Ich lächelte kurz bei dem Blick auf die Rose. Das verflog aber schnell wieder, als die Realität mich einholte.

Ich stand auf und lief runter zu meinem Auto. "Alex!" rief Ian mir hinterher. Ich blieb stehen, drehte mich aber nicht um. Dafür habe ich keine Kraft mehr.

"Du machst keine Dummheiten jetzt, klar?" fragte er mich. Ich nickte darauf nur. "Ich meine das ernst Alex. Ich will nicht auf noch eine Beerdigung gehen müssen" sagte er und sah mich dementsprechend an. Seine Augen waren rot und sein ganzes Gesicht blass. Wenn er schon so aussieht, wie sehe dann erst ich aus?

"Ja Ian, ich verspreche es" flüsterte ich. "Danke" murmelte er und umarmte mich. Als wir uns lösten, stieg ich schnell in mein Auto und fuhr nach Hause. Ich muss mich irgendwie davon ablenken. Irgendwie.

Aber wie soll man sich davon ablenken, dass man für den Tot einer Person verantwortlich ist?

This love has to End (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt