35. Die rosarote Brille

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Hey ihr Lieben!
Kurz was vorneweg:
Nachdem das hier stark aufs Ende zugeht und ich bereits die nächste Harry-Story im
Kopf bzw. auf der Festplatte habe:
Hat wer Empfehlungen fürs Erstellen von Cover, ist selbst talentiert oder kann mir wen vorschlagen?
Danke schon mal!
In diesem Sinne:
Alles Liebe! xx,
_______________

- Harrys POV -

Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich zuletzt dermaßen erfüllt von Glück gewesen war.
Ich fühlte mich lebendig - es war genau dieses Gefühl, von dem ich mir nicht sicher war, es je wieder spüren zu dürfen, ehe Elena in mein Leben getreten war.

Sie war all das, was ich mir für mein Leben gewünscht hatte und hatte mich wieder ein ganzes Stück zurück zu mir selbst gebracht.
Sie war vertraut mit meiner Branche, gleichzeitig aber kein öffentlicher Teil davon. Und sie war stark.
Stark genug, um mich wieder auf den richtigen Weg zu bringen, als auch dem Leben an meiner Seite - mit all den Veränderungen, das es mit sich bringt - Stand zu halten.
Selbst nach dem ersten öffentlichen Angriff auf sie, war sie die Ruhe selbst geblieben und ich war so stolz auf sie.

Mit ihr an meiner Seite schien alles leichter, selbst die Anstrengungen der Tour waren bestreitbar geworden.
Elena brachte mich ins Gleichgewicht und ich konnte ihr gar nicht sagen, wie dankbar ich ihr dafür war.

Sie war bereit dazu, vieles für mich auf sich zu nehmen.
Wenn sie also jetzt den Wunsch äußerte, die freie Zeit in Asien mit mir verbringen zu wollen, war das ihr gutes Recht und ich konnte ihr diese Bitte unmöglich ausschlagen.
Je länger ich darüber nachdachte, desto plausibler klang es für mich und ich freute mich unheimlich auf die freien Tage mit ihr - auch wenn ich gerne meine Familie gesehen hätte.

„Ist das dein Ernst?"
Mit gerunzelter Stirn saß mir Louis gegenüber, als wir in unserem Aufenthaltsraum eines großen japanischen Radiosenders saßen.
Wir warteten auf einen der schrecklich vielen Interviewtermine, bevor wir schließlich in der Radioshow auftreten sollten.
Vorher allerdings mussten Jeff, Elena und ihre Kollegen noch die Redakteure und Interviewpartner briefen.

Währenddessen hatte sich also Louis vor mir auf eine der herumstehenden Tischplatten gehievt und sah mich durch müde Augen an.
„Du willst Gemma und deine Mum jetzt doch nicht kommen lassen? Du warst doch derjenige, der die Familie am allerdringendsten hier haben wollte."
Verständnislos musterte er mich.

Im Moment sah zwar er mich argwöhnisch und etwas besorgt an, doch die Rollen hätten vertauscht sein sollen.
In letzter Zeit war Louis wieder tief gefallen, er stand erschreckend häufig neben sich. Die Öffentlichkeit und die Trennung von Eleanor, die er alleine deshalb für das Beste gehalten hatte, setzten ihm nach wie vor zu.
Ihm fehlte genau dieser Halt, den Elena mir nun endlich gab. Er befand sich im freien Fall - und trotzdem machte er sich Gedanken um
meine Entscheidungen.

„Woher der plötzliche Sinneswandel?", wollte er wissen, während hinter uns die Tür ins Schloss fiel, nachdem Liam und Sophia wieder nach draußen geflohen waren.
Niall stattdessen saß aufmerksam auf einem Sofa an der Wand.

Zögerlich zuckte ich mit den Schultern.
„Naja, ich glaube, dass ich zur Zeit mit dem Kopf woanders bin und auch woanders sein will", gestand ich.
„Und Elena meinte auch -"
„Also wegen Elena?"
„Natürlich, auch", nickte ich.

Erneut legte Louis deutlich seine Stirn in Falten und selbst Niall war anzusehen, wie er einen tadelnden Ton unterdrückte.
„Du willst wegen Elena deine Familie nicht sehen?", fasste er nochmal ungläubig zusammen. „Du?"

Ich ahnte, wie das für ihn klingen musste.
Die Familie ist der Ursprung, meine Wurzeln - und nachdem ich mich all die Monate so haltlos gefühlt hatte, war es schwer vorzustellen, dass ich plötzlich umschwenken würde.
Noch dazu kannten mich Louis und Niall nur zu gut. Sie wussten, wieviel mir meine Familie bedeutete.
Und doch tat ich es, weil Elena meine Welt förmlich umgedreht hatte.

„Du wolltest doch sogar heim nach Holmes Chapel fliegen", meldete sich nun auch Niall zu Wort. „Und plötzlich.."
„Ja, wollte ich", fiel ich ihm inzwischen etwas ungeduldig ins Wort. „Ich weiß, ich würde Gemma und Mum ja gerne sehen, aber ich will Elena nicht unter Druck setzen. Und sie hat ja auch recht, sie sollen Elena nicht als Teil von Modest kennenlernen."

Schweigend sahen Louis und Niall einander kurz an, ehe ihre Blicke wieder auf mir lagen.
„Naja, aber genau das ist sie", sagte Louis dann klipp und klar. „Und ich weiß, es sieht dir mal wieder ähnlich, dass du selbst zurücksteckst, um es ihr leichter zu machen, aber dass du tatsächlich deine Familie vermachlässigst, ist nicht deine Handschrift, Harry", redete er mir ernst ins Gewissen.
„Glaub mir, all das, was sich zwischen Elena und dir entwickelt hat, das freut mich für dich. Aber konzentrier nicht alles nur auf sie. Sie ist und bleibt auch bloß ein Mensch und keiner weiß, was bei euch beiden noch kommen mag. Familie aber bleibt und du weißt selbst, wie sehr du die auch brauchst."

Zustimmend nickte Niall nach Louis Worten, während in mir der Ärger aufstieg.
Louis Herz war im Moment gebrochen, er hatte ein Suchtproblem zu bekämpfen und ihm stand in die leeren Augen geschrieben, wie unglücklich er war - er hatte eine Menge Gründe, Pessimismus zu verstreuen.
Doch dass er aussprach, dass Elena womöglich nur temporär in meinem Leben sein könnte, ging für mich an dieser Stelle zu weit.

Ich war in der Phase angekommen, in der ich mir sicher war, dass Elena die Eine war. Dass ich mein Leben mit ihr verbringen würde, weil ich es mir nicht mehr vorstellen konnte, je wieder ohne sie zu sein.
Manche nennen das die „rosarote Brille", manche mochten mich vielleicht einen naiven, verliebten Volltrottel nennen.

„Danke, ich weiß schon, was ich tue", ging ich Louis scharf an und warf auch Niall einen strafenden Blick zu. „Elena wird auch zu meiner Familie werden und bis dahin werde ich alles für sie tun, was immer sie will. Und für den, der das nicht verstehen kann, tuts mir leid."

Betroffen guckte Louis drein und schüttelte nur leicht den Kopf, als würde sich an seinem Urteil nichts mehr ändern können.
„Mir tut's auch leid für dich", seufzte er leise.

Er war mein Freund und ich wusste, dass er mir nichts Böses wollte, doch im Moment lebte innerhalb dieser Band jeder so sehr selbst in seinem Film, dass wir einander kaum mehr in das jeweils andere Leben ließen.
Es fühlte sich an, wie in einer langjährigen Ehe, in der man sich langsam auseinanderlebt und seine eigene Welt, abseits der anderen aufbaut.
Für mich war das okay - ich hatte Elena.
Dafür nahm ich sogar in Kauf, dass ich nicht die geringste Ahnung hatte, was im Leben meiner besten Freunde oder im Leben meiner Familie vorging.
Sie war all das.

Genervt kehrte ich Louis und Niall den Rücken zu, bloß um festzustellen, dass die Besprechung, der auch Jeff und Elena beigewohnt hatten, wohl bereits ein Ende gefunden hatte.
Stumm und regungslos stand Elena in der Tür und sah mich ausdruckslos an.
Ich wusste nicht, wie lange sie dort schon stand, doch ich hatte immerhin auch nichts gesagt, was ich ihr nicht auch liebend gerne ins Gesicht sagen würde.

„Da bist du ja wieder", stellte ich erstaunt fest und zog sie lächelnd in meine Arme, als sie sich schließlich meiner festen Umarmung ergab.

Open up to me || h.s.  ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt