Kapitel 15

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Die Nächte wurden langsam wärmer und Stanton legte sich nur mit seiner Pyjamahose bekleidet, etwas früher als gewohnt, in sein Bett. Er fühlte sich nach dem Training etwas besser und ein ausgiebiges Bad, hatte seinen Körper wieder entspannt. Das Grammophon spielte die letzten Klänge einer Jazzplatte, die mit ruhigen Pianoklängen endete. Er blickte das letzte Mal auf Mias Fotos, löschte sein Nachttischlicht und dachte, wie fast jeden Abend vor dem Einschlafen, an sie. Eine gefühlte Ewigkeit hatte er sie nicht mehr gesehen. Ihr handgeschriebener Brief war das Einzige, was er von ihr persönlich bekommen hatte und den er mittlerweile, ohne ihn anzuschauen auswendig konnte.
Stanton fand gerade die richtige Ruhe, als es leise an seiner Tür klopfte. Der Regen hatte erneut eingesetzt und er hörte durch sein offenes Fenster die Regentropfen deutlich an die Scheibe prasseln. Es war ein beruhigendes Geräusch. Etwas woran er sich klammern konnte, auch wenn es nur ein Gedanke war, der ihn jedoch an die Nacht erinnerte, in der er Mia zum ersten Mal begegnet war. Alles war besser, als in der Stille der Einsamkeit zu ertrinken.

Das zweite Klopfen war lauter und eindringlicher. Völlig konfus und leicht müde schaltete er seine Nachttischlampe wieder an und streifte sich ein weißes Hemd über, ohne die Knopfleiste zu schließen.
Langsam, ohne viel darüber nachzudenken, wer um circa dreiundzwanzig Uhr an einem Samstagabend nach Einlass verlangte, lief er im Halbdunkeln und barfuß zu Tür.
Jeden hätte er hinter seiner Wohnungstür vermutet. Varric, der ihn hätte aufmuntern wollen, Cole, der ihm was Wichtiges mitteilen wollte, selbst Cory Pheus, der ihm eine Pistole an den Kopf halten würde. Jeden.
Außer Mia.
Von einem Moment auf den anderen war er hellwach.
Sie stand im schwach beleuchteten Hausflur, in ein dunkles Cape gehüllt, welches leicht mit Regentropfen bedeckt war, wortlos da.
Sein Puls schoss augenblicklich in die Höhe.
„Mia!?! Was machst du hier? Du solltest ... du dürftest ... nicht hier sein", stotterte er völlig verwirrt.
„Soll ich wieder gehen?", fragte sie sanft und schob ihre Kapuze zurück.
„Beim Atem des Erbauers! Natürlich nicht. Komm bitte herein." Ohne weiter auf den ersten Teil seiner Antwort einzugehen, betrat sie mit einem verführerischen Lächeln die Wohnung. Ihr offenes, leicht gewelltes Haar umspielte zart ihr Gesicht und ihre Augen streiften erwartungsvoll seinen Blick.
Sie war hier. Jetzt. Ohne Vorwarnung, und Stanton fragte sich, ob er das alles gerade träumte.
Seine Hand wanderte unsicher in seinen Nacken, denn es war mehr als unglaublich für ihn, dass sie ihn tatsächlich besuchte. Am liebsten hätte er sofort mit seinen vielen Fragen begonnen, die ihm in den Sinn kamen. Es waren so viele und jede wollte die Erste, die Wichtigste sein. Mehrmals öffnete er seinen Mund, aber seine Gedanken waren zu verwirrt, um nur eine Frage stellen zu können.

Sie lief langsam, fast schleichend und sehr leise über den Flur, in Richtung Salon. Keiner von beiden wollte das Hauptlicht einschalten, als würde die Helligkeit das Geheimnis verraten, dass sie dort war. Sie blieb mit dem Rücken zu ihm, neben dem Sofa stehen. Die einzigen Lichtquellen, die ihren Körper erhellten, waren die Nachttischlampe, welche durch die große Flügeltür zwischen Wohn - und Schlafzimmer schien und der Mondschein, der sich durch die großen, fast bodentiefen Sprossenfenster seinen Weg ins Innere des Raumes gebahnt hatte.
Stantons Herz schlug fest gegen seine Brust, als er ihr folgte. Er wusste tief in seinem Innern, dass er sich heute nicht mehr beherrschen könnte, dass seine angestaute Sehnsucht nach ihr nur den kleinsten Zünder bräuchte, um sich zu entladen.
Die Luft knisterte zwischen ihnen immer merklicher, desto näher er ihr kam.
Mia lehnte sich gegen die Rückseite des Chesterfieldsofas, welches fast mittig im Raum stand und sagte weiterhin nichts. Sie wartete, sie wartete anscheinend auf seine Reaktion. Am liebsten wäre sie ihm direkt um den Hals gesprungen, als er ihr die Tür aufmachte. In dem Moment, als er sie anblickte mit seinen hungrigen, aber unsicheren Augen. Augen in denen Sorge und Freude über ihren Anblick um die Vorherrschaft gestritten hatten.

Stanton ging langsam an ihr vorbei und stütze sich auf seinen Arm, mit dem Rücken zu ihr gedreht, gegen den Küchentürrahmen. Sein Körper war bis an die Grenze angespannt. Obwohl er sehr glücklich darüber war, sie nach so einer langen Zeit endlich zu sehen, hatte er Angst sie direkt anzuschauen, sie zu küssen. Er war sich sicher gewesen, dass er dann die Kontrolle verlieren würde. Dass er mehr wollen würde.
Seine Atmung beschleunigte sich bei diesem Gedanken und er kämpfte mit seiner Selbstbeherrschung.
„Hast du mich nicht vermisst?", fragte sie ihn sehr leise und legte ihr Cape ab.
„Natürlich habe ich das."
„Freust du dich nicht mich zu sehen?... Willst du mich nicht küssen?", fuhr sie neckend, in einer sinnlichen Tonlage, fort.
Stanton nahm tief Luft und hoffte einen klaren Gedanken zu finden, an dem er sich festhalten könnte. Blieb jedoch weiter, ohne was zu sagen von ihr abgewandt und schloss seine Augen. Er konnte deutlich ihr Parfüm riechen, welches sich, wie ein warmer Frühlingstag im gesamten Raum lautlos verteilt hatte.
„Ich weiß nicht, was du von mir erwartest? ... ich weiß nicht, was du ..." Sein Flüstern wurde durch ihre Schritte unterbrochen, als sie langsam auf ihn zuging. Der edle Dielenfußboden knirschte unter ihren Schritten leise auf.
Sein Puls raste.
Stanton spürte deutlich ihren Atem in seinem Nacken, als sie direkt hinter ihm stehen geblieben war. Jeder ihrer Atemzüge ließ sein Herz schneller schlagen. Er zuckte zusammen, als sich ihre Hände schmiegsam unter seinem offenem Hemd, den Weg zu seiner Brust bahnten.
„Musst du das wirklich fragen?", flüsterte sie in sein Ohr und konnte deutlich seinen Herzschlag spüren, der gegen seinen Brustkorb schlug. Ihre Finger wanderten verführerisch seine Brust entlang, hinab über die harte Bauchmuskulatur, bis zu seiner Hüfte. Er fühlte, wie er langsam aber sicher seinen Verstand verlor. Ihre zarten, warmen Hände streiften den Hosenbund, während sie unzählige Küsse auf seinem Rücken verteilte. Jeden Einzelnen konnte er auch durch den dünnen Stoff seines Hemdes genießen. Stanton wollte und konnte sich nicht mehr länger beherrschen, denn zu sehr trieb sie ihn mit jeder ihrer Berührungen in die steigende Erregung. Er wirbelte schlagartig herum und blickte tief in ihre Augen. Nur den Bruchteil einer Sekunde traf Smaragdgrün auf Bernsteinbraun. Es reichte jedoch aus, um endgültig zu verstehen, was sie gerade von ihm wollte.

Ohne Kraftaufwand, als wäre sie leicht, wie eine Feder hob er ihren Körper, in einer schnellen Bewegung an und drückte sie fest an seine Brust. Mia verschlang reflexartig ihre Beine um ihn und hielt ihn gefangen. Das schwarze, seidige Kleid rutschte leicht nach oben und gab den Blick auf den Strapshalter frei, der ihre schwarzen Seidenstrümpfe hielt. Seine linke Hand streichelte den Oberschenkel entlang bis zu ihrem Gesäß. Ihre Haut fühlte sich so unendlich zart und warm unter seiner Hand an, dass er direkt eine Gänsehaut bekam.
Mit mehr Wucht, als er beabsichtigt hatte, drehte er sie an die Wand, sodass sie mit ihrem Rücken dagegen prallte. Mia zischte beim ersten Kontakt mit dem kalten Stein und klammerte sich fester mit ihrem linken Arm an seinem Nacken, während ihre rechte Hand sich am Hinterkopf in seinen Haaren vergrub. Sie neigte seitlich ihr Gesicht, als Stanton begann eine glühende Spur, aus heißen Küssen über ihren Hals hinunter zum Schlüsselbein hin zu ziehen. Er genoss jeden Kuss, jeden Kontakt mit ihrer Haut, ihren Geschmack und den Duft. Sie schmeckte leicht salzig. Nach Meer, frischer Seeluft und nach langen Abenden am Strand. Roch so verführerisch und sinnlich, dass sein Blut in den Adern fast anfing zu kochen.
Er hatte sie so vermisst, ihre Küsse, ihre Berührungen und das Gefühl sie in seiner Nähe zu haben.

Ihre hohen Lackschuhe fielen, hinter seinem Rücken, unsanft zu Boden. Den Moment in dem er kurz innehielt, nutze sie aus, um seinen Kopf zu drehen. Mit beiden Händen umfasste sie seine unrasierten Wangen, spürte seinen heißen Atem auf ihrer Haut und blickte erwartungsvoll in sein Gesicht. Er konnte in dem schwachen Licht die gleiche Begierde in ihren Augen erkennen, die er selbst in diesen Sekunden empfand, bevor er seinen Mund auf ihre vollen, halb geöffneten Lippen presste.
Mia keuchte zitternd auf. Er fühlte, wie ihr Herz raste, im gleichen, schnellen Takt wie das Seine. Ihre Küsse waren hungrig, fordernd und mit einer tiefen Sehnsucht versehen. Der gleichen Sehnsucht, die ihn über die Tage hin gequält hatte. Er fühlte sich berauscht, träumend, als wäre alles nicht wahr und real gewesen.

Stanton löste sich mit ihr gemeinsam von der Wand ab und trug sie, ohne sich von ihrem Mund zu trennen, in sein Schlafzimmer. Er wollte es genießen, es auskosten. Obwohl sein Körper sich vor Verlangen nach ihr verzehrte, befahl ihm sein Verstand sich zu beruhigen, es langsamer angehen zu lassen. Er fühlte, wie sie zitterte, wie ihr Körper sich an ihn drängte, während er sie festhielt. Mia fuhr sanft mit ihrer Zungenspitze seine Lippen entlang, als er sie behutsam aufs Bett legte. Noch bevor sie die weichen Laken erreichte, öffnete er den Reißverschluss ihres Kleides, der sich auf ihrem Rücken befand. Sie lag, schnell atmend, unter seinem Körper. Mit ihrem Becken direkt unter dem Seinen und konnte ohne ihre Fantasie anzustrengen deutlich seine Härte auf ihrem Bauch spüren. Langsam aber bestimmend begann er ihr Kleid, über ihre Schultern und Arme nach unten abzustreifen. Jeden Zentimeter ihres Körpers, der dadurch freigegeben wurde, bedeckte er wieder mit seinen Küssen. Er wanderte genüsslich, mit voller Hingabe über ihre Schultern, das Dekolleté bis runter zu ihrem Bauch. Als er seinen Körper für einen Moment von ihr lösen musste, um das Kleid endgültig abzustreifen, stockte sein Atem bei diesem Anblick. Ihre weiblichen Rundungen waren durch einen Hauch von Spitze und Satin bedeckt, verbargen weiterhin ihren wohlgeformten Busen, dessen schnelle Atembewegungen Stanton hypnotisierten. Ihre schmale Taille wurde durch den Hüfthalter umrundet. Mia löste die Halterungen an ihren schwarzen, transparenten Strümpfen, lockte ihn still mit ihren Bewegungen, beobachtete seine Reaktion, die Anspannung in seinem Körper, während sie die Strümpfe über ihre Beine hinabrollte, um sich dann zurück ins Bett sinken zu lassen. Es war die kurze Ruhe vor dem Sturm.

Stanton schluckte.
Es war für ihn schon länger her, dass er einer Frau so nah sein konnte, aber das erste Mal, dass er aus tiefster Überzeugung, einer Frau so nah sein wollte.

In einem anderen LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt