Kapitel 25

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Die Tür fiel hinter ihm wieder ins Schloss und er atmete tief durch.
„Siehst du, wir haaaben ees geschafft, oder nischt?" Dorian hatte große Mühe deutlich zu sprechen.
„Ja, genau. Ohne deine Hilfe hätte es auf keinen Fall geklappt. Vielen Dank", war Stantons ironische Antwort, aber davon hat Dorian in seinem Zustand nichts bemerkt.
„Seehr gern'. Bitte schöön (hicks). Du riechstseeehr gut."
„Vielen Dank, leider kann ich dir gerade dieses Kompliment nicht zurückgeben." Mias Bruder, der halb bewusstlos über seiner Schulter hing, war ziemlich schwer und unheimlich langsam.
Als sie beide den langen Flur im Schneckentempo entlang gingen, hoffte Stanton, dass Zevran ihnen vielleicht über den Weg laufen würde. Da ihm dieser Zufall aber ziemlich unwahrscheinlich erschien, wollte er selbst dafür sorgen, dass Dorian ins Bett kommt.
„Wo befindet sich dein Schlafzimmer?"
Mias Bruder blieb verdutzt stehen und schaute ihn an. „Oh, du willscht also mit mir auf mein Zimmer gehen?"
Stanton musste lachen, „Oh ja Dorian, unbedingt."
„Isch weiß nicht, ob daaas Zevran gefallen wird."
„Jetzt reiß dich kurz zusammen und beantworte mir bitte meine Frage!" Natürlich wollte er unbedingt verhindern, dass andere Gäste den Sohn des Hauses so zu Gesicht bekämen, denn das hätte wieder für feinen Gesprächsstoff gesorgt.
„Welch' Frage (hicks)?"
„Ach, vergiss es einfach." Das Schicksal hatte es anscheinend gut mit ihm gemeint, denn Zevran persönlich kam ihnen tatsächlich entgegen.
„Ich habe ihn schon gesucht", knurrte er vor sich hin, „Mia sagte mir, dass er mit dir ins Herrenzimmer gegangen ist und deshalb hatte ich die Hoffnung, dass ihr noch dort seid. Komm, gib ihn mir. Ich dachte mir schon, dass es wieder so endet, denn kaum lässt man ihn für eine Stunde aus den Augen, schon hat er zu tief ins Glas geschaut", erklärte Zevran leicht gereizt, „Ich nehme ihn jetzt und bringe ihn ins Bett. Vielen Dank für deine Hilfe."
„Keine Ursache, ich kann dir gerne dabei helfen. Er ist nämlich ziemlich schwer."
„Das geht schon. Er ist nur furchtbar langsam. Geh ruhig, wirklich. Mia wartet schon ungeduldig auf dich. Sie ist draußen. Im Zelt habe ich sie eben noch gesehen, da machte sie gerade eine letzte Mikrofonprobe." Zevran nahm ihm Dorian ab, der ihm sofort in die Arme fiel.
„Zevran, hey! Gut, daas du da bischt, denn Stanton wollte mich verführ'n!"
„Oh ja, ganz sicher wollte er das. Wie schön, dass ich es gerade noch verhindern konnte", Zevran wandte sich zurück an Stanton, „Eine oder zwei Stunden, dann ist er wieder fit. Du wirst sehen, er wird später noch mit der Braut tanzen", versicherte er.
„Du kennst ihn definitiv besser als ich. Lassen wir uns überraschen, ob es dieses Mal auch so schnell geht. Also falls du wirklich keine Hilfe brauchst, dann würde ich jetzt gehen. Ich will Mia sehen und ich will mit ihr tanzen, am liebsten die ganze Nacht durch."
„Da hat wohl jemand die beste Laune", bemerkte Zevran mit einem Lächeln.
„Oh ja, jetzt schon."

Nach dem Gespräch mit Mias Vater fiel ihm eine tonnenschwere Last von den Schultern. Die letzte Hürde wurde gemeistert, und auch wenn das gesamte Gespräch bei Weitem nicht so ablief, wie er es sich gerne gewünscht hätte, hatte er die Erlaubnis doch letztendlich bekommen. Zwischendurch fand er sich selbst sehr forsch und unfreundlich, aber die falschen Anschuldigungen in Bezug auf seine Absichten hatten ihn wahrlich getroffen und verletzt. Er war mit Mia garantiert nicht aus den ihm vorgeworfenen Gründen zusammen, und schon gar nicht nur zum Spaß. Er liebte sie und er wollte sie heiraten, und das war die absolute Wahrheit.

Nachdem Stanton seine Gedanken geordnet hatte, war er, zumindest für diesen Abend, wieder frei von Sorgen und hätte Mia am liebsten alles erzählt. Da dies allerdings nicht möglich war, ohne dass er den wichtigsten Teil, nämlich den Antrag, vorwegnehmen würde, schwieg er über die Einzelheiten der Unterhaltung.

„Alles wieder gut?", fragte sie ihn direkt, als er sie im Garten angetroffen hatte.
„Alles wieder gut", antwortete er ihr mit einem Lächeln und zog sie fest in seine Arme.
„Worüber habt ihr denn gesprochen?"
„Über dich natürlich."
Mia rollte mit den Augen, „Ach was. Genauer willst du es mir wohl nicht verraten, oder?" Sie blickte ihn neugierig an, und es fiel ihm sichtlich schwer, ihr die genauen Einzelheiten vorzuenthalten.
„Männergespräch. Das musste wohl sein, aber jetzt sind die Fronten geklärt und ich hoffe dein Vater macht sich keine weiteren Sorgen darüber, ob ich nur zum Spaß oder aus irgendwelchen anderen total abwegigen Gründen mit dir zusammen bin." Er drückte sie noch fester an seine Brust und sie nutzte die Gelegenheit dazu aus, um ihm einen sinnlichen Kuss auf die rechte Halsseite zu geben.
„Willst du etwa behaupten, dass wir beide keinen Spaß haben?", fragte sie neckend und blies etwas Luft durch ihre Lippen über die noch feuchte Kussstelle. Stantons Körper reagierte darauf direkt mit einer kurzen, aber heftigen Gänsehaut im Nackenbereich.
Er räusperte sich, „Mia, lass das."
Ihre Stimme bekam diesen Unterton, den er sehr genau kannte und noch besser deuten konnte. „Wieso?"
„Das fragst du noch?", flüsterte er ihr ins Ohr und rieb seine Nase kurz daran.
„Hmm, mach weiter."
Er nahm ihr Gesicht in seine Hände und sah, dass ihre Augen funkelten und diesen verführerischen Ausdruck innehatten.
„Das geht jetzt nicht. Das weißt du selbst. Wir werden gleich zu Abend essen, und das mit der gesamten Familie und allen Gästen und ..." Sein Satz wurde kurzerhand von einem Kuss unterbrochen, der seine Knie weich werden ließ. Er hatte das Gefühl, dass alles um ihn herum sich zu drehen begann, und der Grund dafür war nicht alleine der Alkohol, den er bis dahin schon zu sich genommen hatte. Ihr Kuss war so innig und leidenschaftlich, dass er für kurze Zeit sogar vergessen hatte, wo sie eigentlich waren.
„Mia, lass das", forderte er zum zweiten Mal, denn er fühlte deutlich, wie sein Körper langsam aber beharrlich darauf reagierte.
„In Ordnung, aber nur für den Moment. Der Abend ist noch jung", sie grinste ihn frech an, „Wir essen jetzt, dann singe ich zwei bis drei Lieder für meine Schwester und dann ..."
„Und dann?", fragte er mit einer hochgezogenen Augenbraue nach.
Sie lachte, „Und dann tanzen wir."



Das Abendessen fand im Innenbereich statt. Ein festlich dekorierter, großer Raum war für die Gäste vorbereitet worden. Bei der Tischdekoration dominierten die Farben Gold, Schwarz und Weiß. Die hohe Raumdecke war mit fließenden Stoffbahnen abgehangen worden, die zusätzlich mit strahlenden Lichterketten versehen waren. Nur die prachtvollen Kristallleuchter waren noch zwischen den Stoffbahnen sichtbar. Weiße Tischdecken bedeckten die runden Tische, auf denen goldene Teller und schwarze Stoffservietten platziert waren. Die unterschiedlichen Kristalltrinkgläser wiesen ebenfalls vergoldete Muster auf, und auf jedem dritten Tisch befand sich eine hohe dunkle Vase mit weißen großen Marabufedern geschmückt, oder im Wechsel ein Kerzenleuchter mit Kristallanhängern.

„Goldig", war Stantons erster Eindruck, „Deine Schwester liebt wirklich diese Farbe", stellte er erneut fest, „Wäre mir persönlich jetzt alles etwas zu überladen, und zu ... golden."
„Ja, wem sagst du das. Aber den anderen Gästen scheint es zu gefallen. Ich habe mich da völlig herausgehalten. Ist ja schließlich nicht meine Hochzeit", bemerkte sie wie beiläufig und drückte dabei leicht seine Hand, „Wir sitzen dort drüben, in der Nähe des Brautpaares."

Als das Abendessen nach gefühlten zwanzig Gängen endlich vorbei war, wurden die Gäste zum Tanzen und Verweilen in den großen Zeltpavillon im Gartenbereich gebeten. Für die passende Musik sorgte eine Liveband, und nachdem das Brautpaar die Tanzfläche eröffnet hatte, gesellten sich nach und nach auch andere Gäste dazu.
„Wann hast du deinen Auftritt?", wollte Stanton wissen.
„Ich denke erst in einer halben Stunde, also haben wir noch genügend Zeit um die Tanzfläche zu nutzen." Kaum hatte sie den Satz beendet zog sie ihn schon aufs Parkett. Nach einigen etwas schnelleren Stücken spielte die Band ein ruhiges und langsameres Lied, bei dem Mia einfach nur seine direkte Nähe genießen konnte. Sie mochte es, wie er sie führte und wie sicher und unbefangen sie sich in seinen Armen fühlte. Am liebsten hätte sie ihren versprochenen Auftritt verschoben, als eine männliche Stimme sie im selben Moment durch das Mikrophon angekündigt hatte.
„Ich muss dich jetzt leider kurz alleine lassen", sagte sie hörbar enttäuscht und gab ihm einen Kuss auf die Wange, „aber ich habe es Josy versprochen."
„Das ist kein Problem, ich höre dir auch gerne zu. Sehr gerne sogar."


Stanton bestellte sich einen trockenen Martini an der Bar und nahm auf einem der dazugehörigen Barhocker Platz, denn von dort aus konnte er geradewegs auf die Bühne schauen. Noch bevor Mia anfing zu singen gesellte sich ihre Mutter zu ihm.
„Amüsieren Sie sich?", fragte sie ihn mit einem Lächeln, das ihm fast vertraut vorkam, denn es glich dem Lächeln seiner Liebsten.
„Ja, vielen Dank", antwortete er und stand direkt wieder auf, um nicht unhöflich zu sein, „Darf ich Ihnen ebenfalls etwas bestellen?"
„Vielen Dank, das ist sehr aufmerksam von Ihnen, aber ich möchte momentan nichts trinken", sie kam ihm noch ein kleines Stückchen näher, „Seitdem Sie mit meiner Tochter zusammen sind, ist meine Milena richtig aufgeblüht. Nicht, dass sie vorher kein fröhlicher Mensch war, aber man kann den Unterschied sehr deutlich spüren. Ich, als ihre Mutter bemerke diese Veränderung zumindest sehr deutlich."
Stanton hatte das Gefühl, als ob er gerade um mindestens zwei Zentimeter gewachsen war, „Das freut mich natürlich zu hören. Sie müssen wissen, dass es mir nicht anders erging. Ihre Tochter ...", er seufzte und schaute dabei in Richtung Bühne, auf die sie gerade getreten war, „ist einfach eine bezaubernde Frau."
„Ja, das ist sie. Ich hoffe mein Mann hat sie nicht allzu sehr eingeschüchtert?", fragte sie leicht besorgt.
„Nein. Alles in bester Ordnung. Wir hatten eine kleine Meinungsverschiedenheit, aber ich denke, dass wir uns jetzt besser gegenseitig verstehen. Beziehungsweise ihr Mann mich besser versteht."
„Das hoffe ich doch sehr, denn es wäre wirklich bedauerlich, wenn Sie dadurch Ihr Interesse an meiner Tochter verlieren würden."
Stanton lächelte ganz mild, „Nein, auf keinen Fall. Sogar im Gegenteil. Ich habe heute um die Hand von Ihrer Tochter angehalten, anscheinend wurden Sie darüber noch nicht informiert?"
Die Augen von Mias Mutter fingen an zu glänzen und man konnte ein paar Tränen des Glücks darin erkennen. „Das ist ja wundervoll! Ich freue mich so für meine Tochter", sie schaute ihn fragend an, „Ich hoffe George hat zugestimmt?!"
Stanton nickte, „Oh ja, das hat er. Es hat mich selbst, nach diesem Gespräch, zwar am meisten überrascht, aber ich habe seinen Segen bekommen. Ich hoffe, dass ich auch Ihren bekomme, Mrs. Trevelyan?"
„Selbstverständlich! Aber nennen Sie mich bitte Rose", sie drückte ihn herzlich, „Ich freue mich so, dass meine Kleine auch bald heiraten wird."
„Vorausgesetzt, dass sie meinen Antrag annimmt."
„Ach natürlich, sie selbst weiß es ja noch gar nicht, aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass sie ihn ablehnen würde." Sie nahm seine Hand und drückte sie ganz fest, „Machen Sie sich darüber keine Sorgen, das wird schon klappen. Ich hätte niemals gedacht, dass der Tag noch besser werden kann. Meine Josephine ist heute eine strahlende Braut und meine Milena wird es auch bald sein."
Stanton hätte niemals damit gerechnet, dass Mias Mutter so begeistert sein würde, nachdem Mias Vater zunächst ein fast unlösbares Problem zu sein schien.
„Da, sie fängt gleich an. Genießen Sie es, denn ich bin mir sicher, dass sie mitunter nur für Sie singen wird."
Rose umarmte ihn noch einmal und verabschiedete sich mit einer Frage, „Würden Sie auch später mit einer alten Schachtel, wie mir, tanzen?"
„Rose, ich bitte Sie. Es wäre mir eine Ehre."

Stanton hatte die ganze Zeit über, während Mia auf der Bühne stand, tatsächlich das Gefühl, dass sie nur für ihn singen würde. Er liebte ihre Stimme und die Art der Bewegungen, die sie machte, wenn sie vor Publikum sang. Ihre Lebensfreude und ihr persönlicher Charme füllten dabei immer den gesamten Raum aus. - Sie sang mitunter dieses Lied
(Original geschrieben 1928 von Walter Donaldson)

https://www.youtube.com/watch?v=y42BzozbnXc


Er bemerkte erst viel später, dass auch Dorian unter den Zuhörern war, dem es anscheinend auch wieder relativ gut ging. Mias Bruder gesellte sich nach wenigen Minuten zu ihm.
„Na, hat es geklappt?", fragte er neugierig, als ob er selbst gar nicht bei dieser Unterhaltung dabei gewesen wäre.
Stanton zog etwas überrascht die Augenbrauen zusammen und schaute ihn ungläubig an. „Was ist noch das Letzte voran du dich erinnern kannst?"
„An alles!", log er sehr offensichtlich und grinste dabei etwas unbeholfen vor sich hin.
„Dann kennst du ja die Antwort."
Dorian hatte in diesem Moment eine fünfzig zu fünfzig Chance das Richtige zu sagen, aber er wählte das Falsche aus, „Es tut mir leid", sagte er sichtlich enttäuscht, worauf Stanton anfing zu lachen.
„Was?! Dass ich deine Schwester heiraten darf?"
Dorians Gesicht hellte sich augenblicklich wieder auf. „Ähm, ja ... nein, ich meine natürlich nein! Also wie jetzt?"
„Dein Vater hat mir die Erlaubnis erteilt, aber ich dachte das wusstest du?", neckte er ihn.
„Ja, selbstverständlich weiß ich das!"
„Geht's dir wirklich wieder besser?"
„Ja soweit, danke. Zevran hat mir erzählt, dass ich mich etwas daneben benommen habe, und falls es so war, dann tut es mir leid."
„Ist nichts passiert, mach dir keine Gedanken. Hauptsache dir geht es wieder besser und du kannst den restlichen Abend noch etwas genießen."
„Vielen Dank, das werde ich versuchen. Ich denke, dass ich aber keinen Alkohol mehr trinken werde."
Stantons Daumen zeigte nach oben. „Das ist eine sehr gute Entscheidung."
In der Zwischenzeit stieß Mia wieder zu den beiden Männern.
„Was habt ihr für Geheimnisse?", fragte sie und musterte beide scharfsinnig.
„Nichts!", antworteten sie fast synchron.
„Das glaube ich zwar jetzt nicht, aber wahrscheinlich würde es mir jetzt sowieso keiner von euch verraten."
Und wieder schüttelten beide synchron die Köpfe, was Mia sichtlich amüsierte.
Dorian bestellte sich ein Wasser, welches er allerdings in ein Champagnerglas füllen ließ, und stürzte sich mit aufgesetzt guter Miene wieder ins Getümmel. „Ich lasse euch beide wieder alleine und versuche weiterhin meine Pflichten als anständiger und guter Sohn zu erfüllen."
Nachdem er weg war, zog sich Mia sofort wieder an Stanton heran, legte ihre Arme um seine Schultern und sprach direkt in sein Ohr.
„Ich habe nur für dich gesungen", gestand sie ihm, und streifte dabei zufällig sein Ohrläppchen mit ihren Lippen.
„Das habe ich natürlich gehofft. Möchtest du noch etwas trinken?"
„Ich möchte lieber mit dir alleine sein."
„Hier? Das wird wohl etwas schwierig."
„Warte bitte hier auf mich, ich bin gleich wieder da." Sie wollte ihm einen zarten Kuss auf die Wange geben, entschied sich im letzten Moment allerdings dazu ihn doch auf den Mund zu küssen und lief schnellen Schrittes davon. Etwas überrascht blieb er vorerst alleine stehen und nahm den letzten Schluck aus seinem Martiniglas zu sich. Sobald Mia außer Sicht war, bekam er Gesellschaft von zwei jungen Damen, die offensichtlich schon leicht angetrunken waren, und die direkt damit anfingen, ihn mit Fragen zu löchern. Um nicht unhöflich zu sein, beantwortete er diese, allerdings nur sehr kurz und knapp. Erst als eine von ihnen versucht hatte durch seine Haare zu fahren, während die andere ihre Hand auf seine Brust gelegt hatte, wurde es ihm zu viel und er verabschiedete sich kurzerhand und ging an die frische Luft. Er hoffte, die wenigen Minuten bis zu Mias Rückkehr ungestört zu bleiben, als auch schon die nächste, diesmal etwas ältere Dame auf ihn zuging. Um einer möglichen Unterhaltung auszuweichen, lief er einfach ein paar Schritte weiter, was einen entsetzten Blick in seine Richtung zu Folge hatte.
Zum Glück kam Mia wieder zurück und nahm ihn an die Hand. „Komm, lass uns etwas spazieren gehen. Das Grundstück ist noch viel größer, als nur dieser Platz hier. Ich zeige dir, wo früher der Lieblingsplatz meiner Nana war."

Er folgte ihr dankbar tiefer in den Garten hinein, vorbei an großen und alten Bäumen, einem Brunnen, in dessen Mitte eine Drachenstatue anstatt Feuer, Wasser spie, bis sie schließlich eine Holzbank zwischen wunderschönen Rosensträuchern erreicht hatten. Man konnte auch da, zwar viel leiser aber dennoch, die Musik und die Gäste hören, allerdings waren sie dort alleine und nicht mehr sichtbar für den Rest der Hochzeitsgesellschaft. Mia bat ihn darum Platz zu nehmen und setze sich selbst auf seinen Schoß. Obwohl es schon recht frisch war, konnte er deutlich spüren, wie sie glühte. Die Dunkelheit der sternenklaren Nacht spendete ihnen zum ersten Mal an diesem Tag etwas Privatsphäre, fernab von neugierigen Blicken der Anderen fanden sie diese kleine, romantische Nische inmitten von duftenden Rosen.
Sie sah so wunderschön verführerisch aus im blassen Licht des Mondscheins, und er konnte ganz deutlich zwischen dem Rosenduft ihr Parfum riechen.
„Was machst du da?", fragte er leicht verdutzt.
„Das siehst du doch. Ich öffne deine Fliege." Mia zog an einem der Enden und löste den Knoten an seinem Hals.
„Und dann?"
„Dann öffne ich die zwei oberen Knöpfe von deinem Hemd", sagte sie ganz selbstverständlich.
„Was hast du vor? Uns könnte jemand sehen."
Sie kicherte, „Nicht das. Ich möchte nur deinen Hals küssen. Ich liebe einfach diese Stelle unter dem Adamsapfel. Sie riecht immer so gut und die Haut ist so ..." Weiter kam sie nicht mehr, denn sie hatte ihr Ziel erreicht und verteilte vielversprechende Küsse an der besagten Stelle. Stanton ließ bereitwillig seinen Kopf in den Nacken fallen und genoss unter tiefen Atemzügen ihre Zärtlichkeiten. Mia gab einen zufriedenen Laut von sich, welcher ihm einen wohligen Schauer bescherte. Sie arbeitete sich genüsslich über die rechte Seite seiner Halspartie bis zu seinen Lippen vor. Er spürte, wie sie leicht zitterte, aber er wusste ganz sicher, dass der Grund dafür nicht der kühlende Windhauch war, der gerade ihre Haut ganz sanft gestreift hatte. Ihre warmen, zarten Lippen legten sich sinnlich um seinen Mund. Zunächst sachte und langsam, zurückhaltend und leicht. Er zog sie näher an seinen Körper, hielt sie mit seinem rechten Arm fest umschlossen, während die linke Hand behutsam über ihre nackten Beine hinauf streichelte. Bis zum Rand von ihrem Kleid und dann darunter noch etwas weiter und noch etwas weiter und noch ein klein wenig weiter darüber hinaus. Eigentlich wusste er, dass er sie heute nicht lieben konnte, dass er sich ruhig Zeit lassen durfte, dass er jeden ihrer Küsse genießen sollte, denn viel weiter könnten sie beide nicht gehen. Eigentlich.
Er spürte ihre Hände in seinem Nacken, wie ihre Finger sich in sein Haar gruben, wie ihr Herzschlag sich beschleunigt hatte und damit auch die Intensität ihrer Küsse.
Sie war so süß, so zart, so sinnlich und betörend, dass er sich nach einer Weile einfach kurz von ihren Lippen trennen musste, um nicht völlig den Verstand zu verlieren.
Stanton schluckte, schloss kurz seine Augen und atmete tief aus. „Das grenzt fast an Folter"
„Liebst du mich?", hauchte sie auf seinen Mund.
„Natürlich liebe ich dich."
Ihre Zungenspitze fuhr die Linie seiner Unterlippe nach, „Dann zeig es mir!"
„Hier???"
Sie lächelte kurz ganz unschuldig, bevor sie ihn in die Lippe zwickte. „Selbstverständlich nicht, aber ...", Mia nahm aus ihrer Handtasche einen einzelnen Schlüssel hervor, den sie ihm direkt vor die Nase hielt, „wir haben doch ein Gästehaus."
Stanton schaute sie mit leicht zusammengekniffenen Augen an. „Du hast diesen Schlüssel die ganze Zeit über bei dir und quälst mich so? Na warte!"
Mia sprang lachend von seinem Schoß auf und lief ein paar Schritte, bevor er sie zu fassen bekam. „Das wirst du mir büßen", drohte er mit einem breiten Grinsen, „und das nicht zu knapp!"
„Das glaube ich dir nicht. Komm!"


Natürlich folgte er ihr, egal wohin sie ihn geführt hätte. Sie umklammerte sehr fest seine Hand. „Ich habe mir erst eben den Schlüssel vom Gästehaus genommen. Soweit mir bekannt ist, wird dort heute niemand nächtigen und wir wären ungestört", er hörte ein leises Kichern, während sie ihn immer schneller zum Nebengebäude führte, „Wir dürfen natürlich nicht das Licht einschalten, sonst schöpft noch jemand Verdacht und kommt nachsehen."
Stanton grinste vor sich hin, denn er spürte, bei jedem seiner Schritte, wie sehr sie ihn gerade wollte. Man konnte es in ihrer Stimme hören, in ihren Augen ablesen und sogar an ihren Bewegungen erkennen. Ihm selbst ging es nicht anders, aber trotzdem wollte sie ihn in diesem Moment noch ein kleines bisschen mehr.
Mia drehte mit zitternden Fingern den Schlüssel um. Doch bevor sie ihn ins Innere des Gästehauses hinein ließ, schaute sie sich noch einmal vorsichtshalber um, ob ihnen auch niemand gefolgt war. Zum Glück blieben sie unbemerkt.
Sie schloss die Tür von innen wieder ab und ließ den Schlüssel stecken. Noch bevor sie sich zu ihm umdrehen konnte, spürte sie seine warmen Finger ihren Nacken entlangstreicheln. Sie schloss die Augen und verinnerlichte, tief ausatmend, jede dieser elektrisierenden Berührungen. Sie stemmte dabei ihre Hände gegen die Tür und fühlte ihn ganz nah hinter sich. Mia ließ bereitwillig ihren Kopf in den Nacken sinken, genoss seine Lippen an ihrem Hals und ihren nackten Schultern, während seine Hände ihre freien Oberarme hinab und wieder hinauf streichelten.
„Was möchtest du?", fragte er sehr leise, doch zweifellos mit einem eindeutig schelmischen Unterton.
Mit geschlossenen Augen, dem Verlangen, welches sie schon den ganzen Abend gespürt hatte, mit seinem heißen, aber nur leicht beschleunigten Atem auf ihrer Haut, erlaubte ihr Verstand nur ein Wort: „Dich!"
Sein Mund verzog sich zu einem Lächeln, welches sie zwar nicht sehen konnte, von dem sie aber wusste, dass es da war. „Wie möchtest du mich?", fragte er weiterhin flüsternd, und ließ seine Hände von ihrer Brust hinab über ihren gesamten Oberkörper entlanggleiten.
Mia erschauderte vor Lust. „Das ist mir egal", presste sie in einem beschleunigten Atemzug heraus, „Lass dir etwas einfallen, aber schnell!"
„Wie du willst, aber nach schnell steht mir gerade nicht der Sinn", entgegnete er ihr, und biss ihr zärtlich in die Stelle zwischen Hals und Schulter. Mia rieb erwartungsvoll ihre Schenkel aneinander und wimmerte vor Lust, als er ihr den Reißverschluss den Rücken entlang langsam nach unten öffnete und ihr das Kleid über ihre Schultern hinabstreifte.
Es rutschte widerstandslos zu Boden und enthüllte viel mehr Hautfläche, die er liebkosen konnte. Sie spürte unzählige kleine Küsse zwischen ihren Schulterblättern sowie ihre Wirbelsäule entlang, während er sich selbst das Hemd auszog, bis auch dieses Kleidungsstück zu Boden flatterte. Der Kontakt mit seiner nackten Brust und ihrem warmen Rücken jagte ihr weitere Schauer durch den erhitzen Körper.
Er ließ sich Zeit.
Zeit, die ihr wie eine Ewigkeit vorkam und ihr Begehren nach ihm nur noch weiter vorantrieb. Stanton machte ihr deutlich, dass sie stehen bleiben, sich vorerst nicht umdrehen sollte, ihn noch nicht einmal küssen durfte, während seine Hände ihre Taille umrundeten, ihren Bauch hinab streichelten und zwischen ihre Schenkel fuhren. Seine starken Arme auf ihrer Haut, sein Herzschlag, der gegen ihren Rücken pochte, seine Hände auf ihrem Körper und sein unwiderstehlicher Duft, der ihr bei jeder seiner Bewegungen in die Nase stieg, machten sie wahnsinnig vor Ungeduld.
„Das ist bitter - süße Folter", hauchte sie fast tonlos.
Stanton zog seine Hose aus und rieb kurz darauf seine Lust gegen ihren Po. „Das ist doch keine Folter. Folter ist es nur dann, wenn man im Glauben gelassen wird, dass man heute gar nicht ..."
Er öffnete den oberen Teil ihrer weißen Unterwäsche und schubste die Träger von ihren Schultern. Mia ballte währenddessen ihre Hände zu Fäusten und klopfte ungeduldig gegen die schwere Holztür. Niemand, außer den beiden vernahm ihre fast flehenden Schläge.
Stanton zog vorsichtig die weiche Feder aus ihrem Stirnband und fuhr ihr damit sanft über ihren nackten Rücken. Er konnte dabei trotz des schwachen Lichts jedes einzelne Härchen dabei beobachten, wie es sich aufgerichtet hatte. Es gefiel ihm, sehr sogar, wie ungeduldig sie auf ihn reagierte, wie sehnsüchtig sie auf jede seiner Berührungen reagiert hatte.
Mia zischte, als die weiche Zartheit der einzelnen Federhärchen ihre Brüste umspielte, während seine Zunge die aufregende Stelle hinter ihrem Ohr massierte.


Erst nach einer Weile ließ er zu, dass sie sich zu ihm umdrehen durfte.
In seinen Augen konnte sie ganz deutlich erkennen, dass er sie ebenfalls begehrte, dass auch es sie wollte, aber es ihm anscheinend große Freude bereitete sie etwas zappeln zu lassen.
Stanton hob ihr Bein an und presste sich verheißungsvoll zwischen ihre Schenkel.
So nah und doch nicht nah genug fühlte sie seine Lust durch den feinen Stoff ihrer Wäsche. Die harte, kühlende Holztür in ihrem Rücken gab ihr in diesem Augenblick den nötigen Widerstand, um nicht völlig den Halt zu verlieren.
Endlich legten sich seine Lippen wieder über ihren Mund und der Geschmack seiner Zunge entlockte ihr ein ersticktes, tiefes Stöhnen.
Er deutete nur kurz an, dass sie ihre Beine um seine Hüften legen sollte. Stumm, mit einer Handbewegung, die ihren zweiten Schenkel entlang streichelte. Sie tat es direkt und er trug sie schließlich von der Tür weg.
Jedes Mal wenn er sie so festhielt, wollte sie nie wieder woanders sein, als in seinen Armen. Haut an Haut und Herz an Herz mit ihm – für diesen Tag, für den morgigen Tag und für alle Tage, die noch kommen sollten.
Es bereite ihm scheinbar keinerlei Mühe sie zu tragen, sie festzuhalten, als wäre sie schwerelos, als müsste er dafür überhaupt keine Kraft aufwenden. Mia war es im Grunde nicht wichtig, wohin er sie tragen würde, solange er nur ganz nah bei ihr war, sie seinen Puls fühlen, seine Wärme spüren konnte.
Die Geräuschkulisse der feiernden Gäste drang kaum noch zu ihr durch, so als ob sie Watte in den Ohren hätte. Nur das laute Klopfen ihres eigenen Herzens und das Geräusch seiner Schritte auf dem knarrenden Holzboden nahm sie noch wirklich wahr.
Obwohl er sie nur ein paar Meter weiter trug, kam es ihr unendlich lange vor, denn sie hatte das Gefühl, wie fast immer wenn sie mit ihm zusammen war, für Raum und Zeit verloren.

Die mit rotem Samt überzogene, weiche Chaiselongue bot ihr eine willkommene Abwechslung, zu der harten Holzoberfläche die eben noch in ihrem Rücken war. Als hätte er sie auf eine warme, pudrige Wolke gebettet.
Leider konnte sie nicht lange die angenehme Last seines Körpers auf ihrem Bauch genießen, denn er wanderte küssend abwärts, bis er ihren Slip erreicht hatte, um auch dieses Wäscheteil endgültig zu verbannen. Sehnsüchtig wartete sie darauf, bis auch er sein letztes Kleidungsstück abgestreift hatte. Hoffte ungeduldig auf seine Rückkehr.
Aber natürlich ließ er sich Zeit.
Zeit, die er damit verbracht hatte ihrem Wimmern zu lauschen, während er sich wieder aufwärts küsste. An den Innenseiten ihrer Schenkel entlang, immer höher und höher und noch ein Stückchen weiter, bis ein lautes Keuchen ihre Kehle verließ, als seine Zunge ihre empfindlichste Stelle erreicht hatte.

Bis an die Grenze, aber nicht darüber hinaus ...

„Komm ... zu ... mir ...", flehte sie mit abbrechender, leiser Stimme.
Er schien so ruhig, so gelassen, so kontrolliert zu sein, während sie selbst vor purer Erregung zerfloss. Nur sein donnerndes Herz verriet ihr, als es wieder direkt über ihrem Herzen schlug, dass es in seinem Innern doch anders aussah, wie er sie glauben ließ.

Sie stöhnte laut auf, als sie endlich das bekam, was sie wollte. Ihn. So nah, wie es eben ging.
Seine Bewegungen waren gleitend langsam und wurden jedes Mal dadurch intensiviert, dass er sich fast komplett zurückzog, bevor er sie immer wieder seine gesamte Härte spüren ließ. Sie ließ sich davontragen, treiben, vergaß alles um sie herum. Nur er und sein betörend erregender Rhythmus, der sie mit fast jeder Bewegung bis an den Rand der Erlösung katapultiert hatte, waren präsent. Sie liebte es, wie er sie liebte. Sie liebte das Gefühl von seiner nackten Haut auf ihrer Haut, von seinem Atem auf ihrem Hals. Sie liebte seine Küsse, seine warme Stimme in ihrem Ohr, die ihr währenddessen zugeflüstert hatte, wie schön sie sei, wie begehrenswert und unwiderstehlich
anziehend.





Sie konnte seine Blicke auf ihrem Gesicht spüren, als sie kam.

Er hatte sie beobachtet, sich den Ausdruck ihrer höchsten Lust eingeprägt, jede ihrer sinnlichen Reaktionen verinnerlicht, kurz bevor auch er die endgültige Kontrolle verlor, die er so standhaft über den gesamten Abend verteidigt hatte.







„Meinst du sie vermissen uns schon?", fragte er nach einer Weile, als auch er wieder zu Atem kam.
Mia lächelte ihn an. „Du glaubst gar nicht, wie egal mir das ist."
„Doch, das tue ich", er richtete sich auf und hielt ihr die Hand hin, um ihr aufzuhelfen, „aber ich habe deiner Mutter einen Tanz versprochen."
Mia trat ganz nah an ihn heran, ließ ihre Hände über seinen nackten Rücken nach unten gleiten und schaute ihm dabei zufrieden in die goldbraunen Augen, die sie liebevoll anblickten.
„Dann solltest du sie nicht so lange warten lassen, wie du mich hast warten lassen", sagte sie und gab ihm einen Klaps auf den Hintern.
„Das stimmt. Ich sollte am besten direkt zu ihr gehen."
Sie lachte. „Ja, aber zieh dir bitte vorher etwas an!"



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