Kapitel 33

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Es war noch früh. Der nächste Morgen gähnte noch müde die Nacht weg; unentschlossen, ob er schon hätte anbrechen sollen. Ein zarter, lauer Windhauch war neben Mia der einzige schon wache Gast in ihrem Zelt.
Stanton schlief noch, zumindest dachte sie das. Seine nackte Brust wog sich ruhig im Rhythmus des Schlafes und verführte sie dazu, zart mit ihren Fingern darüber zu streicheln.
Nichts, keine Reaktion.
Mia seufzte, denn sie selbst war viel zu aufgeregt gewesen, um an Schlaf überhaupt nur zu denken - Hunderte von Bildern tanzten wirr in ihrem Kopf herum. Vor allem die bevorstehende Hochzeit und die gesamte Planung beschäftigte sie, und selbstverständlich wollte sie diesen Tag so perfekt wie möglich vorbereiten, jedoch auf ihre Art.
Für immer. Für immer an seiner Seite. Schon alleine dieser Gedanke kribbelte angenehm in ihrer Magengegend und ließ sie nicht schlafen.
Nur ein paar Stunden war es her, als er sie im wachen Zustand träumen ließ, ihr Träume erfüllt und ihr neue Träume beschert hatte. Nur langsam konnte sie wirklich begreifen, dass ihr bald der schönste Tag ihres Lebens bevorstehen sollte.


Nach der dritten Kirsche, die Mia aus seinem Bauchnabel gegessen hatte, konnte Stanton sich nicht mehr schlafend stellen.
„Was wird das?", fragte er grinsend mit jedoch weiterhin geschlossenen Augen.
„Ich dachte du schläfst", bemerkte sie leise kichernd und umschloss die süße Frucht mit ihren Lippen. Gerade so tief, dass sie dabei wie zufällig seine Haut berührt hatte.
Seine Lippen deuteten ein Lächeln an. „Wie soll ich denn dabei schlafen können?"
„Um ehrlich zu sein, will ich auch nicht dass du schläfst", gestand sie ihm und positionierte die nächste tiefrote Kirsche an derselben Stelle. Stanton hob seinen Kopf etwas an und beobachtete sie dabei, wie sie ihre Zungenspitze um seinen fruchtigen Bauchschmuck kreisen ließ.
„Ich wage kaum zu fragen, woran du gerade denkst, denn ich kann es mir fast bildlich vorstellen", meinte er breit grinsend, nahm die Frucht flink aus seinem Bauchnabel heraus und steckte sie sich lachend in den Mund.
„Hey, das war mein Frühstück", protestierte sie.
„Dann hol sie dir wieder." Er zeigte ihr ganz kurz die Kirsche, die lockend auf seiner Zunge lag, bevor er wieder den Mund schloss.
Mia zog ihre Augenbrauen zusammen. „Meinst du, dass das eine Herausforderung für mich ist?" Ihr Oberschenkel schob sich rächend über seinen und wanderte Stück für Stück weiter nach oben.
Stanton spannte die Bauchmuskeln an. „Ich hoffe doch nicht."
„Na siehst du." Sie biss sich sanft auf die Unterlippe, legte ihren Arm um seine Rippen und zog sich daran hoch, so weit, bis sie auf seiner Hüfte saß. Von oben auf ihn hinabblickend, konnte sie sehr deutlich sehen, wie sich seine Pupillen geweitet hatten, denn sie trug nichts, außer ihr Lächeln auf ihren Lippen, mit denen sie ihm immer näher kam.
Seine angenehm warme Haut versprühte am Morgen immer noch viel intensiver diesen unwiderstehlichen Geruch - ein Duft, den sie unter Tausenden erkannt hätte, und von dem sie nie genug bekam. Mit ihrer Zungenspitze fuhr sie die weiche Linie seiner Lippen nach, bevor sie bereit war, sich die Kirsche wiederzunehmen. Seine Hände wanderten gleichzeitig an ihren Armen entlang nach oben und fühlten sich so unglaublich stark an, obwohl sie sehr vorsichtig und ehrfürchtig darüber streiften.
Süßer Kirschsaft drang in ihren Mund, als sie in seinen eingedrungen war, und sie merkte schnell, dass er ihr von der Frucht nur noch den Kern übrig ließ, den er ihr freiwillig in ihren Mund geschoben hatte.
Mia lachte und spuckte ihn direkt wieder aus. „Du lässt mir also nichts mehr übrig, außer den süßen Geschmack der Sehnsucht nach deinem Mund?"
Stanton nickte zufrieden und Mia bette ihren Kopf unter seinem Kinn. „Es tut mir leid, dass ich dir den Schlaf raube, aber mir gehen so viele Dinge durch den Kopf."
Seine Hand streichelte so sanft über ihr Haar, dass sie kurz die Augen schloss, um diese Zärtlichkeit besser genießen zu können.
„Welche denn?"
„Unsere Hochzeit natürlich. Ich denke, ich spreche jetzt für uns beide, wenn ich behaupte, dass wir nicht so eine Feier haben möchten wie meine Schwester, oder?"
Stanton atmete erleichtert auf. „Ich bin sehr froh, dass du das sagst."
„Da war mir klar", kicherte sie, „Wo möchtest du denn am liebsten heiraten?"
Seine Fingerspitze massierte ihr Ohr. „Ich würde dich sogar auf einem kargen Felsen heiraten oder in der Wüste, das wäre mir völlig egal, solange du es bist, die auf mich zukommt", er seufzte, „Ich darf gar nicht daran denken, wie wunderschön du aussehen wirst."
Für dieses Kompliment bedankte sie sich mit einem zarten Kuss auf seine Brust, genau auf die Stelle, an der sich sein Herz befand, welches merklich schneller schlug, seitdem er seinen letzten Satz beendet hatte. „Das weiß ich, denn mir wäre es ebenfalls egal, aber zum Glück können wir uns etwas Schönes aussuchen", sie zögerte kurz, „Ich würde vorschlagen ...", Mia hob ihren Kopf an und blickte in ein Meer aus Bronze, dessen Reinheit durch kleine Goldpartikel unterbrochen wurde, „ ... was würdest du davon halten, wenn wir ...", für einen Moment war sie sprachlos, denn sie versank darin.
„Na sag schon", munterte er sie auf, „mir ist wirklich alles recht, solange du dann immer noch ja sagst."
„Natürlich werde ich ja sagen, ich werde es wahrscheinlich sogar herausschreien. Was hältst du davon, wenn wir ..."
„Am Meer heiraten", beendete er lächelnd ihren Satz, „und die Feier im Garten des Hauses machen, welches wir beide so lieben."
Ihr Herz machte einen Sprung und sie presste ihre Lippen auf seinen Mund. Oh dieser Mund, dieser Mund hatte genau ihren Lieblingsgeschmack. „Kannst du meine Gedanken lesen?", fragte sie zwar etwas überrascht, dennoch überglücklich, dass er ebenfalls in diese Richtung gedacht hatte.
„Vielleicht", verkündete er stolz, „Und manchmal sind sie gar nicht so unschuldig, wie ..."
Mia lachte herzlich und fiel ihm ins Wort. „Aber deine! Deine Gedanken sind so rein wie die Nacht, die wir gerade hinter uns haben."
Stanton legte seine Arme um ihre Schultern und küsste sie auf die Stirn. „Ich denke das passt schon", zwinkerte er ihr zu.
Wie kann man nur am frühen Morgen schon so sexy aussehen, fragte sie sich insgeheim. Die leicht zerzausten Haare, die ihm teilweise in die Stirn fielen, ließen ihn noch frecher wirken, wie er sowieso schon manchmal war, und diese Bartstoppel, die seinen markanten Kiefer nur noch männlicher machten und immer angenehm über ihre Haut kratzten, vor allem an eher empfindlichen Stellen ...
„Mia, träumst du gerade?" Unterbrach er lachend ihre Gedanken. „Oh ja, das tust du, und ich sehe dir sogar an deiner Nasenspitze an, in welche Richtung du gerade träumst."
Sie bettete schnell ihren Kopf wieder zurück in seine Halsbeuge. „Das stimmt doch gar nicht. Das kannst du gar nicht wissen, denn wenn du das wüsstest, dann ..."
„Dann würde ich dich zum Frühstück vernaschen", vervollständigte er ihren Satz, der so treffend war, dass es ihr schon fast Angst gemacht hatte, „Wer sagt denn, dass das nicht passieren wird?", fügte er provokant hinzu.
„Ich sage das jetzt", antwortete sie im strengen Ton und musste selbst darüber lachen, „Ich will jetzt wirklich über die bevorstehende Hochzeit sprechen, wenigstens die wichtigsten Sachen klären. Geht das?"
Stanton räusperte sich. „In Ordnung", sein Ton klang leicht militärisch, „Wie Ihr befehlt!"
„Irgendwie erwartest du immer Befehle von mir. Und weißt du was? - Es gefällt mir." Ihre Finger tanzten erneut über seine Brust, die so perfekt geformt war, dass sie dieser Körperlandschaft am liebsten tiefer gefolgt wäre, viel tiefer. „Ich denke am Meer zu heiraten wäre ein Traum. Darüber sind wir uns also einig", sie überlegte kurz, „Wir brauchen nur etwas Zeit, um alles vorzubereiten, natürlich erst mal ein Datum und Trauzeugen und Ringe."
Stantons linker Arm legte sich bei diesem Stichwort automatisch in seinen Nacken. „Nun ja ... Ringe ...", stotterte er leicht unsicher.
„Wir brauchen doch Ringe, oder nicht?" Mia hob erneut ihren Kopf an und schaute ihn fragend an.
„Eigentlich haben wir schon unsere Ringe", gestand er ihr leicht nervös.
„Wir haben ... du hast schon? Wann?", fragte sie sichtlich erstaunt, „Du hast schon Ringe besorgt, obwohl du nicht wusstest, ob ich überhaupt deinen Antrag annehmen würde?"
Seine Hand gab den Nacken wieder frei und umschloss leicht ihre Wange. „Das wusste ich nicht, aber ich habe es gehofft. Außerdem hatte ich nur diese eine Gelegenheit gehabt, um die Ringe schmieden zu lassen."
„Schmieden? Was meinst du damit?" Ihr neugieriges Herz schlug fest gegen ihre Brust.
„Ich wollte etwas Besonderes für uns. Etwas, was sonst niemand hat und dass uns beide verbindet", fing er an zu erklären und sah dabei so niedlich unsicher aus, „Wenn dir die Idee allerdings nicht gefallen sollte, dann können wir auch andere Ringe nehmen."
„Welche Idee? Nun sag schon, bitte", bohrte sie ungeduldig nach, doch ganz ganz tief in ihrem Herzen kannte sie die Antwort schon, zumindest hoffte sie, sie zu kennen.
„François ..."
„François?", wiederholte sie aufgeregt.
„Ja, er hat doch das Schwert neu geschmiedet" Mias holte tief Luft und hing gespannt an seinen Lippen, „und ich habe ihn darum gebeten, aus dem Material ...", er stockte kurz und wandte den Blick ab, „auch wenn es nicht wertvoll ist und eigentlich ..."
Ein freudiges Quietschen unterbrach seine Unsicherheit. „Du hast unsere Ringe aus der Schwertklinge schmieden lassen?!", rief sie überglücklich.
„Ja, aber falls ..."
„Oh mein Gott, das ist perfekt! Das ist mehr als perfekt und eine ganz tolle Idee. Ich liebe diese Vorstellung und ich liebe diese Ringe jetzt schon", sie schaute ihn direkt an und sah das Leuchten in seinen Augen, „Und ich liebe dich!"
Mias Puls raste vor Glück und sie musste tief durchatmen, um sich wieder etwas zu beruhigen. Dieses gesamte Wochenende war eine Achterbahn der Gefühle für sie gewesen.
„Petz mich!", befahl sie ihm lachend, „Petz mich!" Sie konnte es kaum fassen, dass das alles kein Traum war. Noch vor Kurzem hatte es so ausgesehen, als hätte sie Cory Pheus heiraten müssen, nur um ihn wenigstens noch einmal sehen zu dürfen, doch das Blatt hatte sich für sie gewendet.
„Ich werde dich nicht petzen, aber ich kann dich gerne küssen, wenn du ..."
Sie ließ ihn den Satz nicht beenden, sondern beendete ihn mit ihren vollen Lippen auf seinem weichen Mund.

In einem anderen LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt