Teil25

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Brynjar konnte noch immer nicht ganz fassen, dass alles überstanden war. Beinahe sein ganzes Leben lang hatte er mit der Vorstellung verbracht, dass die Unsichtbaren ihm und seiner Familie Leid zugefügt hatten oder zufügen würden. Wie falsch hatte er damit gelegen! Jetzt fühlte er sich befreit. Er ging hinter Asgeir und Freyja den Hügel hinunter, nur um zu sehen, dass sein Bruder tatsächlich da war und er schwor sich, dass er alles tun würde, was er tun müsste, damit es so blieb. Irgendwann würde er ihn zu dem Wasserfall führen, irgendwann müsste er die Wahrheit über ihre Mutter erfahren. Aber nicht jetzt. Jetzt wollte Brynjar nur, dass Asgeir glücklich war und dass sie zusammen sein konnten.


Vidgis war auf dem Sofa eingeschlafen und Brynjar weckte sie nicht, sondern legte eine Decke über sie. Dann legte er sich einfach so wie er war neben sie und gab ihr noch einen Kuss, den sie aber verschlief. Asgeir schloss leise die Tür hinter sich und Freyja, die erschöpft einfach ihre Kleider vom Leib zog und ins Bett fiel. Er tat es ihr gleich. „Das war ein anstrengender, aber schöner Tag." Und „Ich liebe dich", war alles, was er noch sagte, bevor er einschlief. Er schlief so fest und ruhig, wie schon lange nicht mehr und als er gegen sieben aufwachte, Vidgis oder Brynjar ging gerade den Flur entlang, lagen ihre Kleider überall auf dem Boden und er in Freyjas Armen. Er drehte sich, so konnte er ihr Gesicht sehen und ihren ruhigen Schlaf einige Minuten beobachten, bevor er wieder tief einschlief. Als er das nächste Mal aufwachte, spürte er Freyjas Hand, wie sie ganz sanft die Konturen seiner Lippen nachzeichnete, wie sie es bereits in Höfn getan hatte. Bevor er die Augen öffnete, versuchte er ein „Good morning", kam aber nicht über das „Goo...", bevor Freyja ihre Lippen auf seine legte und er die Augen einfach zu ließ, als er sie näher an sich zog. Ihr Haar roch immer noch so verführerisch. „Hmrrm", versuchte er und er hörte sich ein bisschen an wie ein Kater, was sie nicht davon abhielt ihn weiter zu küssen, eher im Gegenteil. Irgendwann brauchten sie Luft, aber auch mehr Küsse und mehr Nähe. „Mach das nochmal, mit deiner Stimme", verlangte sie flüsternd an seinem Ohr. „Hmmrrmmm, was denn?" „Genau das", murmelte sie und ließ ihre Lippen weiterwandern, den Hals entlang, zu seiner Brust. Zu sehen, wie er dabei vor Erregung errötete, brachte auch sie nur noch mehr in Fahrt. „Hast du ...was gesagt?", fragte sie, aber er verstand, dass das keine Frage war. „Rrrrrrr." Das genügte. Sie stieg rittlings über ihn und beugte sich vor, um ihn weiter mit Küssen zu verwöhnen. Inzwischen wusste sie nur zu gut, dass sie ihn dabei mit ihrem Haar kitzelte und legte es genau darauf an. Es steigerte ihrer beider Lust nur noch mehr, wenn er zuckte und gluckste und versuchte, sie zu sich herunter zu ziehen, damit das Kitzeln aufhörte. Er nahm ihr Gesicht in beide Hände und sie ließ es eine Weile zu, bis sie mehr wollte, als nur küssen. Mit einer gekonnten Bewegung, nahm sie ihn in sich auf und spürte, wie es ihr heiße und kalte Schauer gleichzeitig über den Rücken trieb. Er stöhnte ganz tief und nahm seine Hände jetzt an ihren Po, um sie bei ihren Bewegungen zu unterstützen, die sie nun allmählich steigerte. Sie suchte mit den Händen Halt auf seiner Brust und spürte, wie sie sich ihrem Höhepunkt näherten. Er warf den Kopf hin und her, so als versuchte er, seinen eigenen noch etwas hinauszuzögern, wenn er sie nicht ansah, aber das ließ sie nicht mehr lange zu. Sie griff in sein Haar und zog ihn in einen langen und wilden Kuss, der beide gleichzeitig zum Ziel brachte. Er stöhnte wieder und wieder noch tiefer, wenn das überhaupt möglich war. Sie stieß einen kleinen Freudenschrei aus, der aber gleichzeitig von ihrem Kuss erstickt wurde. Schließlich kamen sie langsam und erschöpft zur Ruhe und sie legte sich einfach auf ihm ab, den Kopf in seiner Halsbeuge. Er hatte seine Arme um sie geschlungen und sie konnte spüren, wie sich sein Atem langsam normalisierte. Ihr ging es nicht anders und als sie zu ihm aufschaute, lächelte er sie an. „Ich liebe dich", flüsterte er. „Und ich dich", gab sie zurück. Er streichelte ihren Rücken, währen die mit seinen Locken spielte und hoffte, dass sie noch länger einfach nur so liegen könnten, doch ein Blick auf die Uhr verriet ihnen wie spät es bereits war. „Wenn wir heute noch aufbrechen wollen, sollten wir langsam aufstehen", sagte sie und es klang, als wollte sie vernünftig sein. „Gerade will ich nirgendwo hin. Ich will nur hier sein, mit dir", flüsterte er und hielt sie noch etwas fester. Doch sie dachte an die Autofahrt. Die würde sie diesmal nicht ins Hochland führen, nicht, wenn sie über die Ringstraße nach Westen fuhren. Aber sie würden sich auch dort wieder lieben, später, nur diesmal nicht, wie beim ersten Mal, nur noch besser. Ihre Gedanken schweiften ab und sie nahm sich zusammen.

„Wir können in etwa acht bis neun Stunden in Bildudalur haltmachen", fuhr sie fort.

„Nie davon gehört."

„Das ist am Arnarfjördur, da komme ich her."

„Westfjorde?"

Sie nickte. „Ich möchte, dass du meinen Sohn kennenlernst." Sie legte ihren Kopf auf sein Herz.

„Das möchte ich auch. Unbedingt", flüsterte er wieder und spielte mit seinen Fingern in ihrem Haar. Sein Wirbelwind hätte es nie zugegeben, aber er merkte, wie froh sie war, das zu hören.

„Wie ist er denn so?", fragte er.

„Ich glaube er kann inzwischen laufen. Zuletzt hat er angefangen, sich am Sessel hochzuziehen." „Du musst ihn sehr vermissen..."

„Ja schon, aber er hat ja meine Eltern und ich brauchte 'nen Job."

„Und wissen deine Eltern, dass wir kommen?"

„Nein. Noch nicht. Ich wusste noch nicht, wie ich es ihnen sagen soll."

„Und hast du ihnen schon von mir erzählt?" Asgeir war noch gar nicht auf die Idee gekommen, sie diese Dinge zu fragen. Zu sehr hatte ihn bisher sein eigenes Schicksal und das seines Bruders beschäftigt. Jetzt kam er sich dumm und selbstsüchtig vor. Wie konnte er das alles noch gar nicht wissen?

„Es tut mir leid, du musst mich für einen selbstsüchtigen Dummkopf halten...", begann er.

„Nein. Bestimmt nicht, aber für meinen unglaublich bezaubernden Freund."

„Der als Isländer kein Wort isländisch spricht und sich zu wenig um dich kümmert..." Asgeir ließ der Gedanke nicht los und er musste sich eingestehen, dass er auch ein bisschen nervös war, ihre Eltern kennen zu lernen.

„Hey, sei ganz entspannt ja? Gerade hast du dich sehr gut um mich gekümmert", sagte sie mit einem eindeutig zweideutigen Lächeln, „und du hattest genug Probleme, weil man dich gestohlen hat. Aber das ist vorbei. Und meine Eltern werden dich lieben und der kleine Eythor auch. Außerdem sind wir noch nicht mal aufgestanden." Das musste sich leider ändern, also standen sie auf und trafen sich unten mit Brynjar, der sich nach ihrem Befinden erkundigte und sich ihre Pläne anhörte. „Ihr wollt bis zu den Westfjorden? Da kommt ihr aber erst spät an, wollt ihr nicht lieber hierbleiben und morgen früh fahren?" Brynjar hatte seinen Bruder gerade erst gefunden und wollte ihn nicht gleich wieder entbehren, doch Asgeir schüttelte den Kopf, er wollte bald nach Reykjavik und die Sache mit Gwen aus der Welt schaffen und das Kind seiner Freundin kennenlernen. „Je schneller wir losfahren, desto eher sind wir wieder zurück", versprach er seinem Ebenbild. „Das will ich aber auch hoffen. Braucht ihr noch Kekse oder was Anderes?" Ja, sie brauchten eindeutig Kekse und Milch, denn Brynjar hatte recht und sie wären eine Weile unterwegs. „Grüß Vidgis und die Kinder schön von uns ja?" Brynjar nahm die beiden noch einmal fest in den Arm und als Asgeir in den Armen seines Bruders lag, beschlich ihn das Gefühl, dass jetzt einiges anders werden würde. Er war jetzt ein Teil seiner Familie, er hatte einen Bruder und spätestens morgen wäre er auch so etwas wie ein Vater. Im Auto musste er bei dem Gedanken lächeln. „Du bist glücklich?", fragte Freyja neben ihm und legte ihm den Kopf an seine Schulter. „Sehr, ich bin Bruder, Onkel und ich hoffe ich werde deinem Eythor so etwas wie ein Vater." „Ich auch." 

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