Reise zur Festung

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Sansa öffnete ihre Augen. Ihr Rücken tat von dem überlangen Schlafen schon wieder beinahe weh. Es war der morgen nach ihrer Hochzeitsnacht. Und sie hatte so friedlich und entspannt geschlafen, wie seit Jahren nicht mehr.
Neben ihr bewegte sich jemand. Lord Baelish war aufgestanden und zog sich einen langen Morgenmantel über seine nackten Schultern. Er war ziemlich schlank für einen Lord von großen Besitz.
„Habt ihr gut geschlafen, Lady Sansa.", bemerkte er. Sansa, etwas perplex, nickte mit dem Kopf.
Obwohl er dies nicht zu sehen vermochte, entgegnete Petyr: „Das freut mich. Bleib doch noch hier und mach dich etwas frisch. Ich werde die Bediensteten das Frühstück servieren lassen."
So etwas hatte Sansa in ihrem Leben noch nicht gesehen. Ein Lord, nur in Robe bekleidet, durch die eigenen Hallen eilen. Als ob er nichts zu fürchten hätte.

Als ob er nichts zu fürchten hätte.

Sansa betrat die Halle. Schon von weitem duftete es nach frischem Brot und warmen Porridge. Die Gäste schienen ebenfalls lange geruht zu haben, beziehungsweise zu ruhen, da viele Plätze der Tafel unbesetzt blieben.
Der Lord dieser Burg hatte mittlerweile sich in seiner übliche Erscheinung zurecht gemacht.
Sobald sie den Raum betreten hatte, waren alle Augenpaare auf sich gerichtet. Einem Mann fiel doch glatt das Brot aus der Hand.
Mutter hätte gewollt, dass Sansa die Fremden und Gäste begrüßt, doch war ihre Mutter nicht hier. Trotz all der Ehre und Fürsorge war ihre Mutter nicht am Leben, sie aber schon.
Neben ihren Gemahl war ein Platz frei, eingedeckt mit feinsten Silber.
"Ihr sehr aber sehr müde aus, Lady Sansa.", fügte einer der männlichen Gäste hinzu. Die Frauen kicherten.
"Da könntet ihr Recht haben, eine solch aufwändige Veranstaltung hat auch seinen Preis."
Petyr beugte sich rüber zu ihr und flüsterte ihr ins Ohr: "Du bist ihnen gegenüber zu freundlich.", und kündigte nun lauter auch den anderen mit: "Lady Sansa ist meine Gemahlin. Jede Änderung, ja auch nur Andeutung, nehme ich persönlich." Seinen Kopf drehte er nur kurz nach links, schloss kurz die Augen und schlagartig griffen Wachen dem unwissenden Mann am Tisch unter die Arme, zerrten ihn zu einem offenen Fenster und stießen ihn hinaus. Irgendwas knackte.
Der Rest des Essens verlief weitestgehend ohne Kommunikation.

Die beiden frisch Vermählten schritten durch den frostigen Garten der Eyrie und unterhielten sich schon seit geraumer Zeit über mögliche Strategien und Taktiken, die möglicherweise möglich wären.
"Also bleibt uns wirklich nichts anderes übrig als-"
"-als mit Gendry zu kooperieren." Sansa ließ den Frost auf dem Blatt zwischen ihren Fingern schmelzen.
"Das ist doch eine unmögliche Aufgabe, Mylady. Nie wird er mir oder euch vertrauen."
"Aber er muss. John wird nämlich mir vertrauen, und was wäre Gendry ohne John." Der Rasen knirschte. Sansa konnte ihren Atem sehen in sanften hellen Wolken, ohne ihren Mantel wäre sie sicher schon krank geworden. Ihr war dieser Klimawandel nicht geheuer, denn sie wusste wer dafür verantwortlich war. Vor nicht allzu langer Zeit stand sie in diesem Garten völlig ohne Mantel und hatte nicht einmal ein bisschen gefröstelt.
"Bereitet die Kutsche vor. Wir müssen nach Harrenhal, Mylord."

Die schwarzen Räder der Kutsche ratterten gleichmäßig gen Westen. Die dichten Vorhänge schirmten Sansa und Lord Baelish von den pfeifenden Winden und der beißenden Kälte ab.
Sie hatte zwar so tough getan, allerdings hatte sie nur geringe Aussichten auf einen positiven Ausgang ihres Planes.
„Lord Baelish," er wandte darauf hin seinen Blick von den mitgebrachten Schriften ab und schenkte Sansa seine volle Aufmerksamkeit „ Wenn ich ehrlich sein darf, bin ich mir nicht sicher ob das taktvoll, geschweige klug von uns ist eine Konfrontation zu suchen."
„Meine Liebe, es ist eben zu einfach. Er hat eben keine Wahl. Natürlich wird es zu Anfang etwas unangenehm, aber das sollte nur verletzter Stolz sein. Und dem Stand der Dinge nach, scheinen eben alle sieben Königslande in Aufruhr zu sein. Zeit ist die teuerste und wertvollste Ressource, die wir besitzen. In der Tat, die weißen Wanderer sind das elementare Problem aller Lebenden hier, doch der Thron, meine Teuerste, lässt uns bereits vorher zu Monstern werden."
Die rothaarige Dame starrte auf den unfertigen Brief vor ihr, sie musste unbedingt Brans Rat einholen. Die Kutsche wog sich um Rhythmus der Hügel und Mulden des Weges als ihre Augen immer schwerer wurden und ihr Kopf auf der Schulter des Lords schlussendlich Ruhe fand.
"Mylady, wir sind kurz davor die Tore zu passieren.", ihre Begleitung strich ihr sanft über Kopf und Wange. Sansa war noch völlig benommen als sie die große schwarze Festung erblickte, geschmückt mit den Bannern der Rebellion.

Die Kutsche hielt an, von den Fenstern konnte man das rege Treiben der Anwohner betrachten. Alles machte sich bereit um Richtung Norden zu ziehen. Die gesamte Unterstützung des Grünen Tals und alle Mitglieder des dort entstandenen Rates füllten die Umlande der Burg mit Leben wie es seit Zeiten nicht mehr war. Im Innenhof warteten bereits die anderen Verbündeten. Unteranderen standen Gendry und Ser Davos zentral des Empfangs und empfingen sie mit einem Ausdruck gemischter Gefühle.
"Lady Sansa, Lord Baelish.", die beiden Männer verbeugten sich, als Alexander sie berichtigte: „Sie heißt nun Lady Baelish, Mylords."

Don't trust me, SweetlingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt