Kapitel 45

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Er konnte sie spüren, die Angst der Hüter. Sie alle standen neben ihm und kämpften mit ihrer einbrechenden Moral.
Doch er konnte es nicht, dafür war sein Zorn zu groß.
Der Hass war wiedergekommen, als er ihn gesehen hatte - den gewaltigen rot-schwarzen Lindwurm mit dem vernarbten Gesicht.
Ende des Lebens, der Freiheit und der bloßen Existenz. Armageddon passte auf ihn, aber Pitch bevorzugte seit jeher seinen richtigen Namen - Mephisto.
Er hätte den Rückzug antreten sollen, als er ihn gesehen hatte, aber Andreja würde er ihm nicht überlassen.
Doch selbst er konnte die unsichtbaren Ketten nicht sprengen, die ihn an Ort und Stelle fesselten, seinen Zorn noch weiter anstachelten.
Der alte Krieger stieß Andreja wieder zu Boden, stieg mit seinem gesamten Gewicht auf ihr mehrmals gebrochenes Bein.
Sie bäumte sich unter Schmerzen auf, doch kein Laut verließ ihre Lippen. Und er war sich sicher, dass es auch nicht so weit kommen würde, nicht mit ihrem Stolz.
„Weißt du, Andreja, unter Umständen hätten wir unseren Spaß haben können..."
Sein Blick verfinsterte sich noch mehr, seine Fingernägel gruben sich tief in sein Fleisch, als der Magier sein Jagdmesser betont langsam in das gebrochene Bein gleiten ließ, somit noch mehr Blut auf dem Boden verteilte.
Mephisto zog die Klinge wieder heraus, nur um sie dann mit all seiner Kraft erneut in das malträtierte Gewebe zu schlagen.
Pitch konnte nicht umhin, Stolz auf Andreja zu sein. Schon wieder war ihr kein Laut über die Lippen gekommen.
„...aber du bist nun einmal nicht vorgesehen in diesem Spiel."
„Glaubst du?", knirschte sie und er lachte, ehrlich amüsiert.
„Mir gefällt dein Kampfgeist", zischte er dann, setzte sich mehr oder weniger auf Andreja drauf und beugte sich nah zu ihr herunter.
„Ich kann mir langsam vorstellen, weshalb Black dich nicht erledigt hat. Du hast tatsächlich deine Vorzüge", knurrte er und schmiegte sein Gesicht an ihren Hals, drückte ihr dort mit seinen rauen Lippen einen Kuss auf die Haut.
Was nun in ihm aufschrie war nicht nur der Zorn, sondern die pure Eifersucht.
Niemand durfte seinem Eigentum so nahe kommen, niemand durfte sie in seiner Gegenwart berühren und erst Recht nicht dieses Monstrum!
Er würde ihn Leiden lassen, würde ihm jeden Knochen einzeln brechen, sollte er noch einen Schritt weiter wagen.
Immerhin befriedigte ihn der angeekelte Gesichtsausdruck auf Andrejas Gesicht, als sie sich einen großen Stein griff.
Wenn er etwas hätte sagen können, hätte er sie vorgewarnt, aber so musste er schweigend mit ansehen, wie das Gestein keinerlei Wirkung auf dem Hinterkopf des Mannes nahm.
„Miststück!", bellte er und riss ihr den Stein aus den Händen, schlug ihr gleichzeitig mit der Faust ins Gesicht.
Blut, noch mehr Blut.
„Du hast leider das Pech, dass ich nicht Black bin. Ich hab keine Probleme damit, dich los zu werden", zischte er, jetzt von außen wieder völlig ruhig.
Langsam zog er das Messer aus ihrem Fuß heraus und wog es kurz in den Händen.
Der Erwähnte musste sich eingestehen, dass er tatsächlich Probleme damit gehabt hatte sie gehen zu lassen und langsam ahnte er auch warum.
Und das machte ihn nur noch wütender.
Innerlich schrie und tobte alles, forderte den Tod dieses Monstrums. Rief ihn zu den Waffen.
„Noch irgendwelche letzten Worte, Liebes?"
„Du wirst nicht gewinnen", antwortete die junge Frau und ein leichtes Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht, während ihr Blick fest auf den Himmel gerichtet war.
„Das werden wir noch sehen..."
Die Klinge blitzte im Mondlicht hell auf, als sie niederstieß.
Kein Schrei, kein Wimmern, nur die unnatürliche Stille begleitete die Fontäne aus rotem Blut, die aufstieg als sich das Werkzeug tief in ihre Kehle fraß, langsam Richtung Brustkorb gezogen wurde.
In gewaltigen Strömen verbreitete sich das Blut rasend schnell über dem Boden, zog das Leben aus ihr heraus, während Mephisto wahnsinnig Grinsend noch immer auf ihr saß, über und über mit ihrem Blut bedeckt.
Zwischen den Rippen verkeilte sich die Klinge und er ließ von ihr ab, stand langsam auf und richtete seine orangenen Augen auf ihre kleine Gruppe.
Pitch hatte die Augen geschlossen, atmete tief durch, versuchte sich auf irgendetwas zu fokussieren, etwas das nicht mit Andreja zu tun hatte.
Nichts mit dem Schmerz in seiner Brust, der ihm die Luft nehmen, ihn in die Knie zwingen wollte.
Aber er war nicht wie die Hüter, die plötzlich frei von ihren Ketten, zusammen brachen und nicht einmal versuchten die Tränen zu verstecken, die über ihre Gesichter liefen.
Er würde nicht aufgeben, ebenso wenig wie Andreja aufgegeben hatte...
„Mögen die Spiele beginnen", lächelte Mephisto und noch immer hielt Pitch die Augen geschlossen, bewegte sich nicht von der Stelle, auch wenn seine Fesseln sich ebenfalls gelöst hatten.
Er spürte sie, die Angst der Hüter vor ihrem Gegner, die Angst der Teenager und junger Erwachsener die er schon benutzt hatte um seine Alpträume zu erschaffen.
Es war wie ein Sturm der über ihm zusammen schlug, als er sich auf sie konzentrierte. Die Kraft vibrierte um ihn herum und als er die Augen wieder öffnete kannte er nur ein Ziel - die komplette Vernichtung Mephistos.

Die Hüter des Lichts - Shadow and LightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt