Kapitel 31

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-Rylin-

"Gale! Bist du wirklich hier?",fragte Rylin hoffungsvoll.
"Das bin ich",antwortete er. Er umschloss sie mit seinen Armen, die er um ihre Taille gelegt hat. Aus Gewohnheit und weil sie sich schon so lange danach sehnte, legte sie ihre Lippen auf seine. Eine Welle aus positiven Gefühle breitete sich in ihrem ganzen Körper aus. Für diesen einen Moment konnte sie ihren Kopf ganz ausschalten. Ja, dieser Kuss hatte etwas Magisches, genauso wie ihr erster Kuss. Und genauso wie damals schaffte er es, sie zu verzaubern.
Gale löste sich aus dem Kuss. "Doch warum bist du hier im Wald? Warum bist du nicht bei den anderen?",wollte er wissen.

Ohne nachzudenken, erwiderte sie:"Ich weiß nicht genau, es fühlte sich einfach nicht richtig mit den anderen an. Aber das hier mit dir ist völlig anders. Gale, ich liebe dich. Ich glaube nicht, dass ich jemals für jemanden anderen solche Gefühle empfinden könnte."

"Ja, das sagtest du ja bereits. Aber was ist denn mit Jack? Bedeutet er dir gar nichts?",hakte er nach. Er wirkte irgendwie enttäuscht, doch das machte doch gar keinen Sinn. Warum sollte er wollen, dass sie jemand anderen liebt?

"Das zwischen Jack und mir könnte niemals mit unserer Liebe mithalten. Das wurde mir am Strand klar",gestand sich Rylin ein.

Doch plötzlich brach der Zauberbann, den Gale ausgelöst hatte und ihre Sicht vollkommen vernebelt hatte. Natürlich, am Strand, das war kein Traum. Gale war bereits bei ihr gewesen, hatte sie in seinen Armen gehalten, sich bei ihr entschuldigt und dann...

"Du warst wirklich beim Strand",sprach sie ihre Gedanken aus. "Du hast mich nur glauben lassen, dass es ein Traum war, indem du mir irgendein Schlafmittel verabreicht hast, war es nicht so?"

'Lass mich falschliegen', hoffte sie innerlich. Sie wollte nicht das Vertrauen in die letzte Person verlieren, von der sie gedacht hatte, dass sie immer ehrlich zu ihr sein würde.

Doch statt ihre Hoffung zu verfüllen, nickte er nur verlegen mit dem Blick auf den Boden gewandt. "Es hätte nicht zu meinem Plan gepasst."

"Aber warum? Moment mal, was?! Dein Plan?"

Nein. Das machte nichts besser. 'Bitte sag jetzt nicht das, was ich befürchte, das du es sagen wirst.'

Und schon wieder tat Gale das, was Rylin nicht von ihm wollte.

"Ganz recht, Ry",sagte Gale. Würde er ihr überhaupt in die Augen schauen können? "Ich bin derjenige, der für alles hier verantwortlich ist. Der Gedichtescheiber, der Spielemacher, wie du mich auch immer nennen möchtest. Das war alles ich. Naja, genau genommen Matthew und ich, aber es war meine Idee."

Zeitgleich mit seiner schockiernden Aussage schlug ein Blitz ein und es donnerte. Rylin hatte das Gewitter komplett ausgeblendet. Sie wünschte sich nur so sehr, dass das für sie keinen Sinn machen würde, aber das tat es leider. Die Gedichte. Sie hatten Gales Schreibstil, weil er sie geschrieben hatte. Das alte Liebesgedicht von ihm. Er wusste schließlich genauso wie Rylin, was dort stand. Das spezielle Interesse an Rylin. Wer würde denn sonst sich für sie interessieren, außer Gale? Er war der Einzige, der sich je für sie interessiert hatte. Naja, Jack ausgenommen, da dieser es auf keinen Fall sein konnte. Aber etwas gab es, was sie Gale sofort als Verdächtigen ausschließen ließ.

"Was war dein Motiv? Ich dachte, du wolltest immer das Beste für mich. Woher kommt der Sinneswandel?" Rylin konnte während sie diesen Satz aussprach, die Tränen nicht zurückhalten. Dass es um sie immer heißer wurde, nahm sie gar nicht war. Gales Antwort war alles, was jetzt zählte. Auch wenn die Chance, dass er sie nur anlog, verschwindend gering war, wollte sie ihn doch der Lüge überführen. An was sollte sie sich denn sonst klammern, wenn alles was sie geglaubt hatte zu wissen, sich als falsch herausstellte?

Und auch das dritte Mal wurde sie von ihm enttäuscht.
"Das will ich doch immer noch",erläuterte er ihr. "Verstehst du nicht? Das alles war ein Experiment, ob ich es schaffe so eine Katastrophensituation zu simulieren, dass du gezwungen bist, dich in jemand anderes zu verlieben. Für mich gab es ja schließlich keine Zukunft. Du solltest nicht dein Leben damit verschwenden, mir nachzuweinen. Ich war es nicht wert.

Deswegen dachte ich mir einen Plan aus, aber um ihn zu verwirklichen, brauchte ich Hilfe. Also meldete ich mich in einem Forum für Totgeweite an. Zum Glück lernte ich relativ schnell Matthew kennen und andere nette Leute, die mir finanzielle Unterstützung anboten. Ich nutzte die Gelegenheit, dass Matthew Jack von dieser Kreuzfahrt überzeugen konnte. Er kümmerte sich auch um alles vor Ort. Zum Beispiel, dass alle Wichtigen in das Rettungsboot kamen. Außerdem lenkte er ein wenig die Entscheidungen der Gruppe in die richtige Richtung.

Es tut mir wirklich leid, Ry, aber ich hab das alles nur für dich getan. Als hättest du von selber je irgendwelche Gefühle für Jack entwickelt. Zudem wollte ich allgemein erreichen, dass die anderen, vor allem Aves das Leben mehr schätzen. Ich verlange nicht von dir, dass du mir vergibst. Ich akzeptiere jede Strafe, die du für angemessen hälst."

Rylin war sprachlos. Sie hätte nie gedacht, dass der ihr so verhasste Gedichteschreiber das alles nur aus Liebe zu ihr getan hat. Als wäre das nicht genug, bemerkte sie jetzt auch das Feuer, das durch den Blitz ausgelöst wurde und ihnen schon bedrohlich nah gekommen war.

"Wir müssen hier schnell raus!",rief sie und rannte ein Stück. Als sie merkte, dass Gale ihr nicht folgte, fügte sie hinzu:"Ich muss das noch verdauen, was du gerade gesagt hast, aber das kann ich nicht, wenn wir tot sind."

"Ich verdiene es nicht mehr zu leben. Ich habe Menschen ermordet, Ry. Nur damit Aves umgebracht wird und du so Jack nur für dich allein hast",murmelte Gale vor sich hin.
Langsam überraschte sie nichts mehr, was aus seinem Mund kam.

"Es muss doch niemand erfahren, was du gerade zugegeben hast. Ich werde dich nicht dafür bestrafen und wenn die anderen es nicht wissen, haben sie dazu auch keinen Grund",brachte Rylin hervor. Damit er endlich vor den Flammen floh, musste sie am Arm mitziehen.

Gerade so schafften sie es dem Waldbrand zu entkommen, bevor er sie einsperren konnte. Am Strand trafen sie auf die anderen. Ganz perplex schauten sie in Richtung Wald, aber wie sich herausstellen sollte, nicht wegen Rylin und Gale.

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