-Rylin-
Die Blutung wollte einfach nicht schwächer werden, egal wie fest Rylin auch auf die Wunde drückte. Sie müsste wahrscheinlich genäht werden, aber Rylin hatte keine Nadel und außerdem wollte sie Ashton nicht wehtun. Deswegen entschloss sie sich kurzerhand dazu, ihr T-Shirt auszuziehen, um die Blutung wenigstens etwas einzudämmen. Dabei wurde ihr erst klar, dass sie jetzt nur noch in ihrem BH Jack gegenüberstand, als ihr T-Shirt schon blutdurchtränkt war.
"Also, kleiner Bruder, bei der Aussicht würde ich auch nicht Nein sagen",meinte Ashton spöttisch und brachte unter Schmerzen ein leichtes Lachen heraus. Richtig, Ashton war Jacks Bruder und nicht nur sein Freund. Bei den Verwandtschaftsverhältnissen der beliebten Leute hatte sie noch nie durchgeblickt. Umso wichtiger für Jack, dass er gerettet wurde.
Deswegen ließ Rylin auch nicht wie üblich bei solchen Kommentaren die Augen rollen. Sie war viel zu fokussiert darauf, Ashtons Leben zu retten.
Endlich erschien die Blutwelle abgeschwächter. Das war es hoffentlich wert, sich vor Ashton und Jack zu blamieren.
"Du solltest jetzt schlafen. Und nicht aufstehen, bis ich dir bescheid sage",bemutterte sie Ashton, nachdem es fast gar nicht mehr blutete. Zum Glück folgte er ihren Anweisungen und schnarchte wenige Minuten später friedlich vor sich hin. Erst jetzt erlaubte sich Rylin, sich von Ashton zu entfernen und sich im Meer das Blut von den Händen zu waschen.
Jack folgte ihr. "Danke. Das gerade von dir war echt großartig. Du bist ruhig geblieben und hast ziemlich professionell die Wunde behandelt. Ich hätte das niemals hingekriegt. Warum kannst du das?" Er schaute sie fasziniert und dankbar an.
"Ach, das war doch nichts." Sie zuckte mit den Schultern. "Das hätte jeder gekonnt."
Sein Blick wurde eindringlicher. "Du bist aber nicht wie jeder." Rylin stand auf und stellte Blickkontakt her. Behutsam legte Jack die Hände auf ihre jetzt nackte Taille. Er drückte sie näher zu sich. Gleich wollte er sie küssen.
Der Moment der Entscheidung war gekommen. Sollte sie sich für oder gegen Jack entscheiden?
Für die Antwort dieser Frage ließ sie so viele Sekunden wie möglich verstreichen. Dann berührten ihre Lippen Jacks. Sie würde lügen, wenn sie sagen würde, dass sie diesen Kuss nicht wollte. Aber ihre Antwort war eine andere.
Sie stoß Jack weg. "Ich dachte, ich hätte mich klar ausgedrückt." Jack wirkte zuerst verwundert, dann zeichnete sich aber ein ganz anderes Gefühl in seinem Gesicht ab.
"Natürlich",erwiderte er resigniert und drehte sich weg. Langsam mit herunterhängendem Kopf ging er einige Meter in Richtung Ashton.
Ein schlechtes Gewissen breitete sich in Rylin aus. Etwas, was ihr früher total egal gewesen wäre. Doch jetzt nicht mehr. "Warte!",rief sie ihm hinterher. Sofort wendete er sich wieder zu ihr. Ein Anflug von Hoffnung blitzte in seinen Augen auf. Diese Hoffung musste sie so schnell wie möglich zerstören.
"Ich wollte nie mit deinen Gefühlen spielen",klärte Rylin ihn auf.
"Tja, dann leistest du wohl ziemlich schlechte Arbeit",beschuldigte Jack sie. Er war wütend. "Ich bin Rylin. Ich hasse alles und jeden. Liebe und die Gefühle anderer sind doch nicht mein Problem. Denn ich denke sowieso immer nur an mich."Das tat weh. Er traf Rylin an ihrer sensibelsten Stelle, weil sie wusste, dass er das nicht einfach nur so sagte. Er würde ihr das zwar normalerweise nie sagen, aber das war es doch, was er von ihr hielt. Wie könnte sie es ihm denn verübeln? Sie würde sich auch hassen. Es war naiv von ihr zu denken, dass Jack sie tatsächlich mit all ihren Fehlern lieben könnte.
"Es war nicht meine Schuld. Erinnerst du dich an das Liebesgedicht von Gale? Die Schrift darauf hat sich verändert, nachdem ich es ins Wasser geworfen hatte. Dort stand, dass ich dich dazu bringen sollte, mich zu hassen. Sonst würden wir beide sterben. Und hier",Rylin reichte ihm den Zettel mit dem anderen Gedicht, "wird gefordert, dass ich dich wieder dazu bringe, mich zu lieben."
"Warum hast du mir dann nichts davon erzählt?",hakte er nach."Weil das nicht erlaubt war oder hättest du es vorgezogen zu sterben?" Sie hatte es satt, sich rechtfertigen zu müssen, deswegen klang sie inzwischen ziemlich genervt. Dann warf Jack einen Blick auf den Zettel in seiner Hand. Seine Pupillen sprangen von der einen Seite zur anderen, während er das Gedicht las.
"Okay, tut mir leid, ich hab's nicht so gemeint",entschuldigte sich Jack. Aber obwohl es aufrichtig klang, war es dafür zu spät. "Wir wissen beide, dass du es genauso gemeint hast." Nun drehte sie sich weg.
"Rylin, ich..." Er konnte den Satz nicht vollenden. Das hieß ihr Verstand hatte mal wieder recht und ihre Gefühle wollten sie fehlleiten. Sie schaute zum Wald. Befand sich da nicht irgendjemand hinter den Bäumen? Von der Statur könnte dieser Jemand Gale sein, oder? Hatte sie doch nicht nur von ihm geträumt?
"Schau mal, da kommen die anderen angeschwommen",stellte Jack fest. Tatsächlich. Gleich würden sie hier ankommen und es würden Fragen gestellt werden, was zwischen Jack und Rylin lief und warum sie momentan nur einen BH obenrum trug. Nein. Sie mochte die anderen zuvor nicht und auch jetzt nicht. Warum ihnen begegnen, wenn sie auch einfach abhauen konnte? Das konnte sie doch eh schon immer am besten.
Also rannte Rylin weg, weg von Jack und weg von den anderen, hin zu Gale, der in der Tat realer war, als sie zunächst angenommen hatte.
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Far away #wingaward2019 #TheIndividuals2019 #ColourAward18 #RainbowAward2019
Novela JuvenilEs sollte ein wunderschöner und unvergesslicher Abschluss einer langen Reise werden. Zur Feier ihres geschafften Schulabschlusses machte die gesamte Stufe einen Ausflug aufs offene Meer. Am letzten Abend der Kreuzfahrt wollte Aves sich endlich trau...