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Skeptisch betrachtete ich den riesigen, schwarzen Hengst

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Skeptisch betrachtete ich den riesigen, schwarzen Hengst. Seelenruhig stand er an Ort und Stelle und wenn ich nicht gewusst hätte, dass es sich tatsächlich um ein echtes Lebewesen handelte, hätte man auch denken können, es sei eine Statue. Ich war noch nie auf dem Rücken eines Pferdes gesessen, vor allem nicht auf dem eines so prachtvollen Tieres, wie es dieses war. Er war wunderschön mit seiner wallenden Mähne und ich konnte einfach nicht anders, als den Kontrast zwischen seinem dunklen Fell und den weißen Haaren des Glyths zu bewundern. Als gehörten sie zusammen. Als würden sie sich perfekt ergänzen. Hatte sich der Glyth beim Aussuchen des Hengstes vielleicht sogar dasselbe gedacht?

„Na los", streckte er mir eine Hand entgegen, um mir hoch zu helfen. „Worauf wartest du denn noch?"

Ich zögerte und sah mich noch einmal um. Doch weder Viano noch Xoros oder sonst jemand hatte sich vor dem Dacium versammelt, um mich zu verabschieden. Ich hatte nach Viano Ausschau gehalten, aber ihn leider nicht mehr gefunden. Ob ihn etwas aufgehalten hatte? Er wusste doch, dass ich gehen würde. Oder wollte er sich gar nicht von mir verabschieden? Dieser Gedanke gefiel mir nicht und auch den Stich in der Nähe meines Herzens konnte ich dabei nicht ignorieren. Obwohl unser Verhältnis irgendwie eigenartig war und ich nicht genau wusste, ob ich mich nun von ihm angezogen fühlte oder Abstand wollte, hatte Viano sich so oder so einen Platz in meinem Herzen erschlichen. Und das hatten in den letzten Jahren nur sehr wenige Menschen geschafft.

„Wartest du auf jemand Bestimmten?", wollte der Glyth nun mit hochgezogenen Augenbrauen wissen. Interessiert betrachtete er mich und wartete geduldig auf eine Antwort. 

Unbewusst frage ich mich, wie alt er wohl war. Denn in diesem Moment sah er so viel jünger aus, wie er da auf seinem Pferd saß und die Stirn runzelte, als ich ihn zuvor noch eingeschätzt hätte.

„Nein...es ist nur", murmelte ich seufzend und sah mich wieder um. Es war immer noch niemand erschienen. Warum war er nicht hier? Xoros war mir im Grunde egal und um ehrlich zu sein, hatte ich auch nicht erwartet, ihn hier anzutreffen. Doch Viano...das war etwas völlig anderes. Sollte ich vielleicht doch nochmal nach ihm sehen?

Frustriert ballte ich die Hände zu Fäusten. Anscheinend wollten mir die wirklich wichtigen Abschiede im Leben einfach nicht gelingen.

„Vergiss es", schüttelte ich schließlich bedrückt den Kopf, griff nach der Hand des Glyths und ließ mich von ihm auf den Rücken des Pferdes ziehen. Nun saß ich direkt vor ihm und für einen Moment stockte mir der Atem, nicht nur, weil mich der Gedanke ans Reiten nun doch ein wenig mehr einschüchterte, sondern auch, weil mir bewusst wurde, wie nah der Glyth mir jetzt für die nächste Zeit sein würde.

„Wenn du willst, können wir noch ein wenig warten", schlug er dann vor und ich spürte seinen warmen Atem, wie er leicht über meine rechte Wange strich. Räuspernd rückte ich - so weit es nun mal auf dem Rücken eines Pferdes möglich war - von ihm weg und schüttelte vehement Kopf. Dabei versuchte ich mir nicht anmerken zu lassen, wie viel Überwindung es mich kostete, das zu tun. „Wir können los." 

Riscéa - Schuld und LügeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt