Castor:
Auf dem Weg in die Klinik versuche ich Lucas ein bisschen abzulenken.
Ich sehe ihm an, dass er Angst hat, aber das muss er nicht haben. Ich bin sicher, dass wir zusammen alles schaffen können. Selbst, wenn seine HIV-Viren mutiert sind, gibt es bestimmt eine Möglichkeit, auch sie einzudämmen.
Es wird nicht einfach, aber wir können es schaffen.
Wenn man Dinge, die nicht einfach sind, gar nicht erst versuchen würde, wäre ich schon längst an einer Überdosis gestorben, aber nein, Lucas hat mich gerettet.Ich fasse einfach nicht, dass er ernsthaft dachte, ich würde ihn verurteilen.
Ich meine, klar es ist einerseits ziemlich dumm von ihm gewesen, dass er nicht aufgepasst hat, aber ich hab auch nicht bei jedem Mal auf einen Gummi bestanden.
Außerdem ist das letzte, voran man denkt, wenn man drunk and horny ist ein Kondom. Außerdem können wir an der Situation jetzt auch nichts mehr ändern, sondern nur das Beste draus machen.Eine Sache interessiert mich aber. „Lucas, wer weiß alles davon?"
Er wirft mir einen kurzen Seitenblick zu. „Meine Eltern und Coleen. Und naja, du" Ich nicke verstehend.Dann muss ich leicht Lachen und schüttelte gleichzeitig den Kopf. „Deshalb hast du mich damals eine Schwuchtel genannt, weil ich dich mit meinem Outing genervt hab. Du hast die Diagnose bekommen und ich hab nicht mal bemerkt, dass was nicht stimmt. Ich dachte, du distanzierst dich von mir, weil ich mich geoutet hab und den Entzug hinter mir hatte. Aber in Wahrheit hättest du mich gebraucht" Denn letzten Satz spreche ich bitter aus, mit all meiner Abscheu für mich selbst.
Ich spüre, wie er meine Hand fester drückt und sehe ihn an.
Er blickt zwar auf die Straße, aber ich weiß, mit welchem Blick er mich jetzt ansehen würde. „Ich hätte dir damals sowieso nicht gesagt, was los ist. Ich hab erstmal Zeit gebracht, um zu akzeptieren, dass ich jetzt mein Leben lang so sein werde. Ich komme ja selbst heute noch nicht richtig drauf klar. Mach dir keine Gedanken, Cassy. Ich glaube, wenn unsere Freundschaft damals nicht geendet hätte, dann wären wir jetzt nicht an dem Punkt, wo wir sind. Wir hätten nie begriffen, dass wir zu mehr als nur Freunden bestimmt sind" Er wirft mir einen kurzen Seitenblick zu, um meine Reaktion zu überprüfen.„Sind wir das denn? Mehr als Freunde?", frage ich unsicher.
Er verdreht die Augen. „Du willst es wohl ganz klassisch, was? Also schön, Castor, willst du meine feste Freundin sein?"
Empört sehe ich ihn an, wie er lacht. Würde er nicht gerade fahren, würde ich ihm dafür eine reinhauen. „Nein Spaß. Ich meine natürlich, ob du mein fester Freund sein willst."
Ich schnaube. Ja, eine romantische Rede und eine ernst gemeinte Frage wären mir echt lieber gewesen als dieser Scheiß. Trotzdem antworte ich mit „Ja, du Arschloch", während ich die Augen verdrehe, innerlich aber riesen Freudensprünge mache.Wir sitzen noch eine Weile im Auto, bis ich ihn leise fragen höse. „Cassy?"
Ich hasse diesen Namen genauso wie er Lulu, aber irgendwie finde es auch süß, dass er mich so nennt.„Was denn?", frage ich.
Er beißt sich kurz auf die Lippen, bevor er spricht. „Ich dachte mir, vielleicht könntest du auch gleich einen Test machen und wenn du negativ bist und gute Nierenwerte hast, kannst du dir die Prep geben lassen"
„Was ist das?" Anscheinend bin ich doch nicht so informiert wie ich dachte.
„Das ist so eine Pille, die man nimmt, wenn man einen HIV positiven Partner hat. Nur zur Sicherheit, falls mal was passieren sollte, dann wirst du dich nicht anstecken"
Ich weiß es ist unpassend, aber ich muss grinsen. „Meinst du, wenn wir Sex haben und du mich so hart fickst, dass das Kondom reißt?"
Er schluckt merklich, während er mir einen kurzen Seitenblick zuwirft. „Ehm ja. Also wenn jetzt gleich rauskommt, dass das Virus nicht mutiert ist, bin ich weiterhin nicht ansteckend, aber ich will einfach kein Risiko eingehen, weißt du?"
Einerseits süß, dass er so daran denkt, anderseits heiß, weil das meine Vorfreude steigert.
Also nicht Freunde auf HIV, sondern Freude auf Sex. Mit Lucas. Eines der vielen Dinge, von denen ich niemals erwartet hätte, dass es passiert.„Ja okay, ich frag mal danach", meine ich dann, damit er ruhe gibt.
„Hast du wegen dem HIV die letzten zwei Jahre keinen Sex mehr gehabt?"
Ist das eine zu persönliche Frage? Vielleicht.
Ist es mir egal? Definitiv.Ich sehe ihn nicken. „Wenn ich ein Kondom benutze, bin ich gesetzlich nicht dazu verpflichtet jemandem zu sagen, dass ich positiv bin, auch weil ich unter der Nachweisgrenze liege, aber trotzdem ist es immer in meinem Hinterkopf, wenn ich nur an Sex denke. Überall schwirrt HIV herum und naja, du kannst dir wohl vorstellen, dass das ein ziemlicher downer ist. Deswegen oder wegen der Sache mit der Pansexuallität hab ich mich auch zu niemandem mehr hingezogen gefühlt. Ich wollte einfach keinen Sex und hatte es auch nicht nötig."
„Sorry Baby aber das klingt echt traurig", meine ich ehrlich bedauernd.
Er sieht lachend zu mir. „Echt jetzt? Du hast kein Mitleid wegen meiner Infektion, aber dann weil ich keinen Sex hatte? Du bist echt unglaublich"
„Unglaublich schön und heiß, jap danke für das Kompliment" Ich grinse ihn an, er grinst mich an.Aber trotzdem ist da diese Angst im Hintergrund, die uns anschreit, ihr Aufmerksamkeit zu schenken, weil es einen Grund hat.
Angst schützt vor Gefahren.
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Liebe ist auch nur eine Sucht (boyxboy)
Teen FictionAchtung! Dies ist nicht die Geschichte einer Liebe wie sie beginnt, sondern wie sie endet. Aber vielleicht sollten wir doch erstmal von vorne anfangen: Es waren einmal zwei Jungs, beste Freunde, die unzertrennlich waren. Sie wuchsen zusammen auf un...