Kapitel 12

1.2K 100 12
                                    


"Okay... Ihr macht euch mehr Ärger als nötig." Die Junge Lehrerin schüttelte den Kopf. In diesen paar Tagen in welchen wir nicht auf der Klassenfahrt waren, war sie für uns zuständig. Und gerade saßen Manuel und dich wegen der Aktion vorhin in ihrem Vorbereitungsraum. "Wieso streitet ihr überhaupt ständig?" Sie lehnte an dem Tisch und schüttelte verzweifelt den Kopf. Ich schaute zur Seite. Hatte keine Lust zu reden, generell hatte ich keine Lust auf die Aktion. Ich wollte doch nur meine Ruhe und mal alleine sein. Aber genau das schien so schwer.

"Wahrscheinlich meine Schuld." Sprach es neben mir. Ich war etwas überrascht. An der Stelle hätte ich nicht gedacht das er das zugibt. In dem Sinne hatte er Recht. Er kam neu an die schule was jetzt kein großes Problem darstellt, aber er hatte sich damals sofort mir mir angelegt. Ich war beliebt von allen Seiten und eigentlich nicht der Typ für Streit. Aber irgendwas hatte mir an der Sache gefallen.

Drei Jahre zuvor...

"Hey schau mal. Der ist neu hier oder?" Sebastian zeigte auf einen der Bäume. Ein mir Fremder Junge stand an diesen gelehnt. Die Haare länger als gewöhnlich und ein Stückchen dunkler als meine eigenen.

"Stimmt wo du's sagst. Wollen wir mal hin?" Er schien aus unserer Parallelklasse zu sein, immerhin er war in einer der Ecken wo sich sonst nur die neunten befanden. Zielstrebig lief ich hin. Ich lernte gerne neue Leute kennen. Und das war doch eine super Gelegenheit oder nicht?

"Patrick!" Hey wir haben ein Problem wegen dem Basar morgen. Drei Leute haben sich eben krank gemeldet und demzufolge fehlen drei Helfer die allesamt Kuchen mitbringen wollten. Ein Schüler welcher aus den höheren Klassen stammte, kam auf mich zugerannt und hielt mich ab weiterzulaufen. Ich hatte mich dieses Jahr dem Organisationsteam vom jährlichem Kuchenbasar angeschlossen, wo ich konnte, wollte ich immerhin helfen.

"Ähm gut. Ich werde nacher noch ein paar Leute fragen ob sie einspringen können, erkundige dich doch mal bei Frau Krahl. Die hatte die Liste der Ersatzleute." Lächelte ich. Er bedanke sich und rannte wieder zurück. Sebastian grinste mich nur von der Seite an und so musste ich auch lachen. Von der Seite spürte ich einen durchdringenden Blick. Ich drehte mich um und der Junge am Baum schaute mich an. Es war etwas unheimlich, aber trotzdem ging ich Zuversichtlich weiter auf ihn zu.

"Hi! Du bist neu oder?" Vor ihm machte ich halt und lächelte wie sonst auch immer.

"Wonach sieht's denn aus? Und stell dich gar nicht erst vor, ich weiß eh schon wer du bist." Er rollte mit den Augen und schaute mich nur weiter so kühl an. Ich erschrak leicht. So hatte noch nie wirklich jemand mir mir geredet.

"Ähm okay entschuldige." Sagte ich nur etwas verblüfft und konnte mich nicht rühren.

"Ich verabscheue Typen wie dich, also Spiel hier nicht den netten Engel. Irgendwo sind alle Menschen gleich." Sprach er weiter und stieß sich etwas vom Baum ab. Als er an mir vorbeilief, stieß er gegen meine Schulter, mit Absicht.

"Glaub ja nicht, ich bin hier irgendjemandem freundlich gesinnt. Schon gar nicht jemandem wie dir." Mit den Worten lief er eiskalt weiter. Ich blieb wie erstarrt zurück. Was meinte er? Was hat er vor? Und was bedeutet Menschen wie du? Alle sind gleich? Er war mir suspekt. Aber er interessierte mich irgendwie. Wenn er Krieg wollte, konnte ich den Spaß doch mitmachen oder?

Zurück ins Jetzt...

Aus diesem Spaß ist ziemlich schnell ernst geworden... Ich hätte darüber nachgedacht wohl nicht darauf eingehen sollen.

"Okay ein Anfang. Und warum genau ist es deine Schuld? Warum hast du das denn angefangen?" Hakte sie Lehrerin weiter nach und war gleich wieder ruhiger. Ich glaube sie war auch etwas erleichtert darüber das endlich etwas ans Licht kam und wir oder besser gesagt Manuel redete.

"Das... Naja... Das ist meine Sache!" Er begann unsicher, und wurde schnell wütend. Aber nicht wütend im Sinne von sauer und voll von Zorn. Sondern dieses verzweifelte wütend. Er versteckte es gut und die Lehrerin zuckte etwas zurück als er seine Stimme erhob. Sie hatte wahrscheinlich Angst das er wieder ausrasten könnte. Sie schien es an der Stelle nicht zu erkennen. Doch ich? An manchen Stellen war ich genauso, ich kannte diese Gefühle. Und es schockierte mich schon wieder wie ähnlich wir uns gerade waren. Nein. Wie ähnlich wie uns ingesamt waren. Es war irgendwo schon erstaunend. Ich hatte das Gefühl auf der einen Ebene, da waren wir gleich, und auf der anderen waren wir das totale Gegenteil.

"Gegenteile ziehen sich an, und wenn nicht zerstören sie sich gegenseitig"

Der Spruch huschte durch meinen Kopf. Mein kleiner Cousin hatte das Mal gesagt, als das Nachbars Mädchen zum spielen da war. Sie war sowas von ihn den sechsjährigen verknallt, aber er wollte immer nur flüchten. Er hatte sich hinter mir versteckt und dies geflüstert. Ich konnte es nicht einordnen, warum genau ich mich jetzt daran erinnerte.

Meinen Kopf hatte ich in dem Moment aber wieder rumgeschwungen. Manuel schaute nicht zu mir, sondern nur zur Lehrerin. Wie immer war sein Blick kalt, sogut wie keine Emotionen. Aber das war ich gewohnt. Noch nie hatte er anders geschaut. Irgendwie traurig wenn man es so sieht. Und ich... Ich war doch auch nicht besser. Ich schluckte. Warum erkannte ich mich immer mehr. Ich sah immer mehr von mir was so falsch war, was nicht zu mir passte oder Sachen wo ich mich fragte wie ich dies zulassen konnte.

"Patrick? Hast du was zu sagen? Du schaust so betrübt." Bei den Worten wurde ich von beiden Seiten angeschaut. Ich ließ den Kopf mehr oder weniger hängen.

Ja habe ich. Ich will sprechen. Vielleicht etwas ruhe finden.

"Nein habe ich nicht." Waren jedoch die Worte die meinen Mund verließen.

"Mh. Ihr beiden so funktioniert das nicht. Ihr müsst mit mir reden." Sagte die Lehrerin verzweifelt. Ich verschränkte aus Gewohnheit die Arme.

"Müssen schonmal nicht." Gab ich wieder von mir. So war es ja auch. Ich war nicht dazu gezwungen mit jemandem zu reden. Zwar wollte ich es. Nur an der Stelle wusste ich nicht mit wem. Also ließ ich es. Von der Seite ein verwirrter Blick.

"Und du fragst mich was los ist. Genau." Wieder lachte er bitter. Ich wusste was er meinte. Er hatte ja Recht. Aber ebenfalls meine Frage auf ihn bezogen, berechtigt.

"Ach komm hör auf." Sagte ich genervt. Ich wollte mir von ihm doch nicht blöd kommen lassen.

"Uh jetzt bist du wieder Streitlustig. Interessant wie schnell deine Launen wechseln." Kam von ihm. Er sah wenig beeindruckt aus. Ich war einfach nur gereizt. Ich hatte gerade so schon viel in Kopf, musste er ausgerechnet jetzt wieder damit beginnen?

"Was ist dein Problem Junge?" Er konnte es auch wirklich nicht lassen.

"Du vielleicht?" Kam von ihm nur. Ich schlug meine Hand gegen den Kopf und stand auf.

"Weißt du. Du kommst hier her und machst mir deutlich klar das du mich nicht leiden kannst. Aber einen wirklichen Grund gibt's ja Anscheinend auch nicht. Es ist einfach nur nervig geworden! Wenns nicht sein muss lass den scheiß doch mal." Ich hielt es nicht weiter aus. Ständig streit suchen wo eigentlich keiner war oder sein müsste. Ich kannte sein Problem nicht, nur wusste ich das es mir sowas von auf den Wecker ging. Bevor Manuel nur etwas erwidern konnte was höchstwahrscheinlich die nächste Prügelei ausgelöst hätte, war die Frau zwischen uns gegangen.

"Okay wir beruhigen uns mal wieder." Sagte sie und schaute uns beide fragend an. Ich hatte ehrlich keine Lust mehr.

"Tut mir leid aber das führt doch zu nichts." Sagte ich und schaute sie wirklich entschuldigend an. Langsam verließ ich den Raum und stapfte durch das inzwischen leere Schulgebäude. Bitte lass mich jetzt einfach irgendwo meine Ruhe haben.



Never perfekt // KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt