Kapitel 15

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>>immernoch Manu<<

"Bitteschön." Ich drücke dem Mädchen vor mir ihr Rückgeld in die Hand und bemühte mich um ein Lächeln. Die Kunden verschrecken wäre an der Stelle dann doch ziemlich gemein. Patrick stand ziemlich weit weg von mir, weshalb ich ihn nur aus der Ferne sah.

"Wow das du hier aushilfst." Vor mir lachte eine tiefe Stimme. Meinen Kopf drehte ich ruckartig nach vorne.

"Was willst du hier?" Ich rollte die Augen als ich meinen Bruder sah. Es war Sebastian, nur ein Jahr älter als ich und für gewöhnlich besucht er eine andere Schule. Wahrscheinlich macht genau diese aber auch bei dem Sporttag mit.

"Wollte mich nur amüsieren." Er grinste fies. Ich hasste es.

"Verschwinde, andere wollen vielleicht was kaufen." Brachte ich zähneknirschend hervor und starrte ihn an. Wieso muss er mir auch noch hier auflauern? Reicht doch wenn ich ihn jeden Tag zu Hause sehen muss, obwohl, so selten wie ich da bin. Ich versuchte doch nur zu entkommen, vor alln, Sebastian und Rafael, Lilia und Peter ebenso. Einzelkind sein wäre schöner aber das kann man sich ja schlecht aussuchen.

"Ach komm schon. Ich sehe dich doch so selten." Mit einem Unterton in der stimme, welchen ich nicht zuordnen konnte wuschelte er durch meine Haaren ich wich sofort zurück und schlug seine Hand beiseite.

"Was glaubst du wohl was der Grund ist?" Ich versuchte nicht allzu laut zu werden, die volle Aufmerksamkeit wollte ich dann eben doch nicht haben. Ich wollte nicht an all den scheiß denken. Ich kniff kurz die Augen zusammen.

"Übrigens machen sich daheim alle Sorgen. Nie weiß einer wo du steckst." Lächelnd schwang er den Zeigefinger von rechts nach links wie ein Grundschullehrer, der sagte das das leider die falsche Antwort war.

"Geh mir doch einfach aus den Augen!" Fauchte ich und versuchte gegen ihn anzukommen. Mein Blick war so voller Hass. Ich verabscheue meinen Bruder, meine Geschwister, naja, manche mehr manche weniger. Im Endeffekt aber waren sie alle gleich. Alle taten sie das gleiche und somit taten sie mir das gleiche an.

"Na na. Warum denn gleich so sauer?" Er zuckte die Schultern und stellte sich dumm. Mir reichte es. Ich sagte nichts mehr, stürmte nur wutentbrannt an ihm vorbei in die Schulflure. Ich hörte noch wie Tobias, der leider dieses Basars meinen Namen rief. Aber das war mir gerade so scheiß egal. Was interessiert mich dieser dumme Basar. Was interessieren mich die Leute da? Sie sollen mir ja fernbleiben!

"Ach Scheiße!" Ich schlug meine Faust gegen die Wand. Ein dunkler Knall und der Schmerz der sich durch meine Hand zog. Ich verzog einen Moment lang das Gesicht, blieb aber genau in dieser Position stehen, mit der Faust gegen die Wand gelehnt. Ich Stütze beide Hände flach an die Wand und ließ den Kopf zwischen meinen Armen hängen. Ich zitterte. Ich atmete hektisch. Mein Herz schlug mir bis zum Halse und die Nervosität war kaum auszuhalten. Ich spürte diesen Zorn. Das was der Auslöser für all das. Verdammt ich will doch nur... Ich will doch nur...

"Manuel?" Meine Gedanken wurden durch Patricks stimme unterbrochen. Ich reagierte nicht. War nur fasziniert von den Tränen welche ich auf meiner Wange spürte. Seit Jahren hatte ich nicht mehr geweint wegen nichts. Und jetzt, so eine kleine Sache bringt jetzt alles zum Überlaufen? Ich habe einfach nur so die Nase voll von allem. Und am meisten von mir. Von meinem Auftreten. Dieser aufmüpfige Problemschüler. Das wollte ich doch gar nicht sein. Aber sie hatten mich dazu gemacht. Ich hatte es zugelassen.Geradejetzt wo wieder alles in meine Errinerungen springt, kann ich einfach nicht mehr.

Ich zuckte zusammen und zog erschrocken die Luft ein als ich sanft an der Schulter gepackt wurde und von der Wand weggezogen wurde. Er umarmte mich. Warum tat er das? Was ist nur zwischen uns passiert? Das wir uns nicht mehr fertig machten und beinahe für einander da sind. Wieso konnte er so leicht über all dem stehen? Ich habe ihn in den Scheiß reingezogen und trotzdem umarmt er mich jetzt. Letztenendes legte ich meine Arme ebenfalls um ihn und legte meinen Kopf auf seiner Schulter ab. Ich ließ es mit mir machen. Ließ mich einfach fallen. Ich bemühte mich nicht die Tränen zurückzuhalten und bemühte mich ebenfalls nicht all diese Gefühle zu verstecken. Vielleicht habe ich einfach zu lange jemanden gebraucht, aber niemand war da. Bis auf jetzt, bis auf ihn. Ich gab es nicht gerne zu, aber ich fühlte mich wohl in seinen Armen. Es war so ungewohnt.

>>Patrick<<

Während ich gerade den Kuchen neu anordnete, sah ich wie Manu mit einem größeren Jungen zu streiten schien. Er fuchtelte mit den Armen in der Luft umher und sprang zurück als der unbekannte ihn an Kopf berührte. Was war los? Manuel sah sauer aus. Mehr als das würde ich fast sagen. Und plötzlich stürmte er einfach aus der Halle. Grinsend schaute der wahrscheinlich ältere dem Brünetten hinterher. Was sollte das? Ich ließ einfach alles stehen und liegen und rannte ebenfalls raus in die Schulflure, hier im untersten Stockwerk waren sie wegen der Leute beleuchtet. Aber oben wo ich die Schritte hörte, war es dunkel. Ich rannte ebenfalls eine Treppe weiter nach oben. Ich blieb stehen.

"Manuel?" Vorsichtig näherte ich mich. Er stand gegen die Wand gelehnt und achtete überhaupt nicht auf mich. Er sah fertig aus und auch in der leichten Dunkelheit, schließlich gab es auch Fenster, sah ich das er zu weinen schien. Die Tränen tropfte auf den Boden. Und ich hatte Probleme was? Ich wusste nicht was ich tue, wie gesteuert packte ich meine Hand auf seine Schulter und zog ihn zu mir. In meine Arme. Er wusste nicht was geschah und ließ es einfach mit sich geschehen. Wie ein Stock stand er da und ich umklammerte ihn. Kurz hatte ich Angst, es wäre die falsche Entscheidung. Doch auch er legte die Arme um mich. Ich spürte seine warmen Hände an meinem Rücken. Ich genoss es aus irgendeinem Grund. All diese Gefühle und diese Kommentare die wir uns noch vor ein paar Tagen an den Kopf geschmissen hatten, schienen wie ausgelöscht. Als hätte es das nie gegeben. Aber wie? Wann? Warum? So viele Fragen, ich war verwirrt von der Situation und konnte mich selbst und meinen Gefühle nicht verstehen.

"Wir sind wohl beide ganz schön kaputt nh?" Auch ich vergrub meinen Kopf in seiner Halsbeuge und genoss die Wärme die von ihm ausging. Es war ein ungewohntes Gefühl jemandem so nahe zu sein. Das letzte mal umarmt hatte ich jemanden bestimmt vor drei, vier Jahren. Noch nie hatte ich jemanden so nahe an mich herangelassen, das das hier überhaupt möglich wäre.

"So scheint es..." Seine Stimme klang erstickt und er wirkte einfach nur fertig, nervlich als auch körperlich. An manchen Stellen waren wir uns schon sehr ähnlich. Ich glaube wir beide waren überfordert mit der Situation in welcher wir steckten, unzufrieden mit uns selbst, und am Ende mit den Nerven. So viel gestritten, so viel gekämpft und soviel durchgemacht. Und nicht nur unter uns beiden. Ich sehe es ja an mir. Meine Eltern und mein kleiner Cousin. Alles hat sich geändert. Und nicht ins gute. Mir war ebenfalls danach einfach mal alle Gefühle rauszulassen, aber ich konnte nicht. Wollte nicht.

"Lass uns damit aufhören. Mit dem Streit. Ich kann nicht mehr." Flüsterte er und drückte sich noch fester an mich. Ein kleines trauriges lächeln huschte über mein Gesicht.

"Ja. Lass uns damit aufhören." Sagte ich ebenfalls erstickt. Es wurde langsam aber auch wirklich Zeit. Ich atmete tief durch, spürte wie ich trotzdem weiter zitterte. Ich brauche mir nicht vormachen. Warum will ich es zurückhaltend? "Ich kann nämlich auch nicht mehr." Ergänzte ich leise. Und genau wie bei Manuel eben, flossen ein paar vereinzelte, stumme Tränen über meine Wange.

"Ich kann nicht mehr so tun als wäre alles in Ordnung, denn das ist es nicht." Hauchte der Brünette und ich verstand genau was er damit meinte. Auch wenn ich mich noch gestern gegen diese Aussprache gesträubt habe, ich habe einfach meinen Kopf ausgeschaltet und das getan was mein Herz für richtig hielt. Es fühlte sich gut an. Wenigstens in diesem Moment.

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Na so langsam wird's ja besser zwischen den beiden ;)

Btw, da ich ein Hobbyloses Wesen in den Sommerferien bin überlege ich Parallel eine weitere Geschichte hochzuladen. Also wenn ihr Lust habt xD

Never perfekt // KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt