Die ganze Sache ist mehr außgeartet als ich jemals gedacht habe. Wir sind Oberstufler, wir sind in einem Alter wo wir mal Mist bauen und Unsinn anstellen. Aber was wir gemacht haben, scheint im Moment ziemlich über die Grenze hinausgeschossen zu sein. Ich gebe zu, ich habe da noch nie wirklich drüber nachgedacht, über die Situation und was wir eigentlich tuen. Ich habe halt einfach mitgemacht. Warum? Wenn ich das nur wüsste. Ich war total erschöpft und der Wunsch mich unter meiner Bettdecke zu verkriechen stieg immer weiter an. Bei dem Fahrradplatz angelangt ließ ich mich an die Schulwand gelehnt auf den Boden sinken. Wie Gestern auch schon. Hier war eben ein Platz an dem man gut Ruhe fand. Kurz ausruhen. Es ist nicht wirklich Kraft oder anstrengung die wir aufwenden mussten, aber das heute war einfach eine Sache die auf den Kopf und die Gedanken ging. Das konnte genauso anstrengend sein wie einen Tag lang Sportunterricht.Ich hörte nach nicht allzu langer Zeit das Klingeln und kurz darauf kamen auch schon die ersten Schüler aus dem Gebäude. Ich beobachtete einfach wie sie sich unterhielten und ihre Fahrräder abschlossen. Ein paar der jüngeren schauten mich komisch an, die Älteren kannten mich wahrscheinlich und schauten bewusst nicht zu genau hin. Der Platz füllte sich immer mehr und gleichzeitig leerte er sich. Und ich machte mich auch auf dem Weg. Ich hatte keinen Grund weiter hier zu sitzen, also könnte ich ja Sinnvollerweise mal nach Hause fahren. Obwohl diese Idee auch nicht wirklich die beste ist. Ich habe sie Nacht aufgrund der Party nicht Zuhause verbracht. Meine Eltern wussten davon nichts, aber sollten sie dies nicht langsam gewöhnt sein? Naja irgendwann muss ich ja so oder so wieder dort hin.
Ich schloss die Haustür auf, mit der Erwartung dass niemand zu Hause sei. Es standen keine Autos da, deshalb sollten beide eigentlich auf Arbeit oder so sein. Allerdings als ich rein kam standen die Schuhe meiner Mutter im Flur. Ich verkniff mir ein seuftzen weil es eh nichts half. Entgegen meiner Erwartung allerdings blieb es still, keiner rief wütend nach mir und kam gleich in den Flur gestürmt. Verwundert stellte ich zuerst meine Tasche ab und lief dann weiter Richtung Küche und Wohnstube. Meine Schuhe behielt ich gleich an falls ich doch flüchten müsse. Aus dem Wohnzimmer konnte ich in den Garten schauen und meine Mutter saß gemeinsam mit meiner Tante auf der Terrasse. Mein Cousin welcher inzwischen acht war und auch seine zweijährige Schwester spielten im Garten.
"Ähm Hi." Ich stand in der Terrassentür und schaute verdutzt zu den zwei Frauen. Meine Tante und ihre beiden Kinder lebten eigentlich etwas weiter weg. Vier Stunden um genau zu sein, deshalb war ich doch verwundert sie hier zu sehen. Normalerweise besuchten sie uns nur zu größeren Festen wie Weihnachten oder zu Geburtstagsfeiern. Mit den beiden kleinen konnte man nicht ständig so lange Autofahren. Wenn wir allerdings zu ihnen gehen würden, mache das keinen Sinn. Denn die Großeltern wohnen schließlich hier in der nahen Umgebung.
"Ach schön das du dich auch mal wieder Blicken lässt." Sagte meine Mutter Vorwurfsvoll und ich sah wie enttäuscht sie von mir war. Der selbe traurige Blick wie immer. Hätte ich bloß den alten Patrick wieder. Genau so sah das aus. Jedesmal wenn sie mich ansah. Ich versuchte es schon lange zu ignorieren, eigentlich seit dem es so war. Aber, wer kann schon ignorieren, wenn die eigene Mutter gar die eigene Familie enttäuscht von einem ist. Das schafft keiner, auch nicht ich.
"Finnley schau doch mal! Der Patrick ist hier." Rief meine Tante zu dem Jungen welcher eben seinen Papierflieger durch die Luft schoss. Er hörte kurz, schaute zu mir und anstatt herzukommen und mich zu umarmen, wie es sonst typisch für ihn war, drehte er sich um und schien mich zu meiden. Ich schaute ihn nur perplex an. Was war los? "Willst du denn nicht guten Tag sagen?" Hakte Tante nach.
"Nein." Rief er und konzentrierte sich wieder auf sein Flugzeug.
"Was ist mit ihm?" Brachte ich verwirrt hervor und schaute noch immer zu dem Jungen.
"Also wenn du uns das nicht sagen kannst. Vielleicht gehst du einfach mal schauen. Er hat bestimmt nur schlechte Laune." Lachte sie Frau. Meine Mutter hielt sich zurück, sie war nicht gut auf mich zu sprechen, von daher kein Wunder.
"Hey Finni was ist den heute los mit dir?" Ich lachte und setzte mich neben ihn auf in die Wiese. Er schaute mich nicht einmal an. Nur das Spielzeug was auf den Boden lag und hantierte mit diesem herum. Das war überhaupt nicht Typisch für ihn. "Welche Laus ist dir über die Leber gelaufen?" Fragte ich nochmal nach und schaute ihn wartend an. Erst zuckte er mit den Schultern. Schob ein Spielzeugauto durch die Wiese und schaute ganz kurz zu mir hoch.
"Na du halt." Sagte er und danach widmete er sich wieder den Autos.
"Ich?" Ich hatte keine Ahnung was er meinte. Wir hatten uns schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen. Ich hätte doch nichts zu können was den Jungen verletzt.
"Wegen dir war Tante letztens ganz Traurig. Ich habe gehört wie Mama mit ihr geredet hat. Über dich. Und du bist böse." Sagte er und drehte sich etwas bockig weg. Ich erschrak. Das war also der Grund. Er hatte seine Mutter belauscht.
"Okay." Flüsterte ich und stand auf. Ich lief zurück zur Terrasse. Ich wollte durch die Tür nach drinnen gehen wurde aber aufgehalten.
"Und hat er gesagt was los ist Paddy?" Erkundigte sich meine Tante lieb. Ich drehte meinen Kopf kurz zu den Frauen herum. Kälte umhüllte mich, alle Gefühle verborgen in mir drinne, ich fühlte mich nur leer. Mehr nicht.
"Er hat gehört wie ihr über mich gesprochen habt. Ich bin böse." Sagte ich. Innerlich erschrak ich selbst wie kalt ich klang. Meine Stimme war so monoton, sie könnte wie Computer gesteuert sein, und nicht nur meine stimme, sondern auch ich in diesem Moment im großen und ganzen.
"Oh Paddy da-" setzte meine Mutter an. Jetzt wurde sie wieder weich. Sie wusste wie viel mir Finnley bedeutet, ich war Einzelkind, aber mein Cousin sah ich fast wie einen kleinen Bruder an.
"Lass mal." Ich bin doch selbst dran schuld." Damit unterbrach ich sie und lief weiter. Nicht nach draußen sondern nach oben in mein Zimmer. Ich schaute mich um. Irgendwie wirkte es so befremdlich für mich. Ein Typisches Jungszimmer eben. Aber ist es auch meins. Ich verbracht hier so wenig zeit.
Ich konnte an nichts denken und fühlen konnte ich erst Recht nichts. Auf meinen Schreibtischstuhl geschmissen, schaltete ich den Computer ein. Ich hatte schon ewig nichts mehr online gemacht. Vielleicht ist eine Runde GTA ja das was ich gerade brauche. Einfach abschalten und in eine andere Welt eintauchen. Allen Scheiß vergessen. Das Problem am der Virtuellen Welt ist, du kannst nicht für immer bleiben irgendwann bist du gezwungen in die Realität zurückzukehren und dich wieder mit den Problemen auseinander zu setzen. Aber es auch das tat ich ja nicht. Ich verdrängte alles nur. Mir viel auch Dennos Satz wieder ein. Ich solle nicht alles in mich hineinfressen. Nur war das die leichteste Lösung. Alles verdrängen und so tuen als wäre nichts.
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Never perfekt // Kürbistumor
FanfictionPrügeleien, Streit, Zoff, Feindschaft. Das beschreibt die Situation von Patrick und Manuel ganz gut. Doch alle sind Machtlos, Lehrer, Eltern, Freunde, keiner kann etwas tun. Doch wenn die Situation hinter allem anders ist als alle denken, vor allem...