10. Der Unbekannte

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Das ist jetzt nicht perfekt überarbeitet, aber ich hoffe, es gefällt euch trotzdem^^

An jenem Abend nach der Schlacht fanden sich die fünf auswärtigen Helden in Bernds Villa ein. Die Hausgröße sowie Zimmeranzahl ließ so viele Gäste unproblematisch zu. Silvia hatte dieses Mal einiges mehr zu kochen, sodass ihr Cecilia wie früher schon zur Hand ging und ihr in der Küche half.

Für Julius war es merkwürdig, dass der Bruder seiner Angebeteten mit am Tisch saß; Tristan war ihm zwar sympathisch. Allerdings wusste der ja auch, was Julius Vater getan hatte. Überhaupt fühlte sich der Teaker nicht mehr wohl in seiner Haut. Zum einen hatte sein Großvater den Krieg vor 41 Jahren durch das Verscheuchen Lugias ausgelöst. Der gut gemeinte Gedanke dahinter ist unerheblich.

Zum anderen ermordete sein Vater alle Lugianer in Teak. Der ganze Familienstolz, den Julius über die Jahre hinweg empfand; es war alles eine Lüge. Mit welchem Recht waren die Monderos in Teak so hoch angesehen? Er wusste es nicht.

Seine Angebetete mochte ihn wegen seiner Abstammung auch nicht mehr. Was hatte ihm sein Stolz also gebracht? Nichts!
Manchmal wünschte er sich, er wäre in eine andere Familie hineingeboren.

So hielt sich der junge Teaker zurück mit Bemerkungen jeder Art. Es waren mehr die beiden Alten und der Gastgeber, die für Gesprächsstoff sorgten. Wie es nun mal für alte Leute typisch war, schwärmten sie von der guten alten Zeit. Damals, als alles noch schön war.

Cecilia hielt sich nach dem Essen nicht mehr lange am Tisch auf und entschuldigte sich: "Verzeiht, es war ein sehr anstrengender Tag und ich fürchte, dass es morgen nicht besser wird. Ich werde mich schon mal niederlegen."

"Nachti, Lieblingsschwester", grinste Tristan.
Sie verzog ihr Gesicht und kommentierte: "Ich bin deine einzige Schwester."
Er deutete mit dem Zeigefinger auf die junge Lady: "Erfasst!"
Die anderen am Tisch verneigten sich vor ihr: "Gute Nacht, Auserwählte. Erhol dich gut."

Das mit dem Erholen war so eine Sache, wenn man innerlich zerrissen war. In Gedächtnislosigkeit war das Leben für die junge Frau sehr viel leichter. So musste sie nicht andauernd an die Vergangenheit denken. Vor allem die schlimmen Dinge hielten sie wach.

Aber Cecilia hatte einen Grund zur Freude, über den sie sich erst mit ihrer zurückgekehrten Erinnerung bewusst wurde; das Überleben ihres Bruders. Die drei Wochen, in denen sie mit dem mutmaßlichen Tod Tristans lebte, waren unbeschreiblich schlimm.

Als sie auf dem Dachboden im Haus ihrer Großeltern den Silberflügel in Händen hielt und ihr die Erinnerungen wieder ins Bewusstsein krochen, rannte Cecilia zu ihrem Bruder und fiel ihm um den Hals.
"Was ist denn jetzt los?", fragte er verdutzt, erwiderte aber die Umarmung.

Unter Freudentränen, die erst jetzt fließen wollten, sprach sie: "Ich bin so froh, dass du noch lebst."
Tristan lächelte in ihre Schulter: "Äh, Danke, ich auch... Aber ich dachte, wir hatten das schon mal?"
Cecilia schüttelte den Kopf: "Nein, du verstehst nicht." Sie griff ihn an den Schultern und erklärte: "Ich weiß wieder alles. Alles! Wie ich geheult hab, als ich gedacht hab, du wärst tot."
Seine Kinnlade fiel hinunter, nickte dann auf den Silberflügel: "Es ist also wahr? Die Feder gibt dir die Erinnerung zurück. Dann bist du wahrhaftig die Auserwählte?"

Auf seine Worte hin boxte die junge Frau ihren Bruder in die Rippen: "Hallo? Gab es daran je einen Zweifel?"
Unwissend streckte er beide Hände von sich: "Ich bin es nicht, der gesagt hat, dass die Gischtglocke nicht geläutet hat."
"Weil sie nur mit dem Silberflügel funktioniert!", schlussfolgerte Cecilia und hob wissend einen Zeigefinger in die Höhe.
Und schon stand das nächste Reiseziel fest; der Bronzeturm in Teak.

Das war eine der schönen Erinnerungen, die sie wach hielt. Es gab aber auch noch die unschönen, die die schönen immer wieder verdrängten. Da waren eben Zecharius und ihre Gefühle für seinen Sohn.

"Nicht daran denken", flüsterte Cecilia zu sich selbst.
Doch immer wieder driftete sie in diese finstere Gedankenwelt. Sie wollte nicht mehr! Die junge Lady richtete sich auf und blickte aus dem mannshohen geöffneten Bogenfenster hinaus. Das Mondlicht erhellte ihr Zimmer und eine Brise von draußen ließ die Vorhänge sanft wehen.

Ihre Kehle war trocken und so ging Cecilia los und holte sich ein Glas Wasser. Auf dem nackten Steinboden kühlten ihre Füße schnell aus. So beeilte sie sich, um schnell wieder unter ihre warme Bettdecke zu kommen.

Zurück im Zimmer durchfuhr sie ein Schock, sodass die Lady das Wasserglas zu Boden fallen ließ. An ihrem Bett war ein maskierter Mann in einem schwarzen Umhang. Ohne Vorwarnung wurde sie von einem braunen katzenartigen Pokémon mit weißem Fellkragen angesprungen. Das Gewicht genügte nicht, um Cecilia umzustoßen, sodass sie jenes Pokémon von sich wegschlagen wollte.
"Evoli", giftete das Pokémon und biss sich in den Unterarm der jungen Frau fest.

Während sie zu ihrem Nachstkästchen eilte, wollte sie dieses Evoli abschütteln. Das bereitete ihr aber nur noch mehr Schmerzen. Sie musste nur an ihren Pokéball gelangen, dann würde sie diesen Einbrecher und sein Mistvieh fertig machen.
Der garlante Mann befahl: "Evoli, lass sie los! Du machst nur ihre weiche Haut kaputt."

Sofort ließ das flinke Pokémon von Cecilia ab und landete auf allen Vieren vor ihr. Kurz begutachtete sie dieses Pokémon. Dann fiel ihr Blick auf den Eindringling.
Ohne nachzudenken sprang Cecilia quer über das Bett und würgte ihn: "Was wollt Ihr hier?"

Über ihre Kraft konnte er nur müde lächeln. Der Unbekannte griff sie an ihren Händen und führte diese von seinem Hals weg.

"Was ich will? Vielleicht so eine rassige Schönheit wie Euch...", sprach der Eindringling in ernstem Ton, aber mit einem verschmitzten Grinsen.
Die junge Lady war schlau genug, sich nicht auf sein dummes Gerede einzulassen und verdrehte genervt ihre Augen: "Und was wollt Ihr wirklich?"

Seine Augen blitzten auf und er schob sie zur Wand: "Muss ich noch deutlicher werden?"
Er presste Cecilia gegen die eiskalte Steinmauer und drückte ihr einen Kuss auf. Mit einer Kopfnuss wehrte sie sich dagegen und schrie protestierend auf.

Der Unbekannte ließ sie los und lachte hämisch: "Schade, dass es Euch nicht genauso geht!"
Schwer atmend und schockiert starrte die junge Frau auf ihn: "Wer seid Ihr?"

Er winkte ab: "Nur ein Mann, der sich in Euch schockverliebt hat. Ich wusste ja nicht, wie Ihr ausseht, als ich diesen Auftrag angenommen habe."
Cecilia stampfte auf den Boden und ballte ihre Fäusten: "Welchen Auftrag?"
"Ach", meinte er und rollte die Augen: "Das verrate ich Euch vielleicht beim nächsten Mal."

Mit einem schnellen Schritt trat er wieder zu ihr, packte sie nochmal und küsste sie erneut. Doch dieses Mal biss die junge Frau ihm in die Zunge, die er ihr mit Gewalt in ihren Mund geschoben hatte.
"Au", schrie der Unbekannte aus und wich zurück: "Das müssen wir noch üben! Bis dahin, Adieu!"

Er zog mit seinem Arm den Umhang über seinen Körper, um diesen theatralisch im Wind wehen zu lassen.
"Komm Evoli!", sprach er und wandte sich zum Fenster.
Mit einem Satz sprang er dort hinaus, sein braunes Pokémon hinterher.

Die junge Lady wischte sich mit dem Handrücken sein Blut vom Mund und blickte ihm hinterher: "Ein nächstes Mal wird es hoffentlich nicht geben."

So gab es noch einen Grund, der Cecilia noch schlafen ließ. Wer war der aufdringliche Typ und welchen Auftrag hatte er von wem bekommen?

Pokémon - Die Legende von Johto (Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt