20. Erinnerungen

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Leichtfüßig tapste Arkani auf die größtenteils zertrümmerte Stadt zu, die einst Rosalia dargestellt hatte. Sein Herzpochen fühlte Tristan bis zu seinem Hals, als er der Bebauung immer näher kam.

Er musste mit plötzlichen und unerwarteten Angriffen rechnen! Dass die Kantonesen schließlich einfach so verschwunden waren, konnte er nicht glauben. Andererseits gab es auch ein Pokémon, das für die Zerstörung hier verantwortlich sein könnte: Lugia.

Arkani schnüffelte fleißig; sowohl am Boden wie auch in der Luft wölbten sich seine Nasenflügel weit und der Feuerhund versuchte, eine Witterung der Feinde aufzunehmen. Er bellte kurz auf und hechelte dann.

"Riechst du wirklich niemanden? Ganz sicher?", fragte der junge Trainer nach und ritt einmal quer durch die Stadt.
Immerhin konnte es auch sein, dass der Geruch von Rauch und Asche Arkanis Sinne störten.

Aber nach eingiebiger Untersuchung aller Gassen waren diese leer. Der junge Leutnant machte sich sogar die Mühe, und durchsuchte stichprobenartig die wenigen Häuser, die noch standen. Dort lagen noch Rüstungen, Uniformen und Waffen. Er verzog die Augenbrauen in die Höhe und schüttelte den Kopf: "Rosalia ist sauber!"

Kein Kantonese hielt sich dort für einen Hinterhalt versteckt. Er trabte zu seiner Truppe zurück und meldete: "Das muss Hermanns Werk gewesen sein. Die Kantonesen haben Rosalia fluchtartig verlassen, da sie ihre Ausrüstung zurückgelassen haben. Als sie Lugia erblickt haben, sind sie wohl geflohen."

Offizier Ethan nickte bedächtig: "Interessant. Verstehe. Dann hat er Rosalia auf seine Weise befreit; mehr zerstört als bewahrt... Er tut Johto wirklich nichts Gutes, wenn er es auf diese Art befreit."

Doch half alles Bedauern nichts und die nervös gewordenen Männer setzten sich wieder in Bewegung.

Der Weg führte weiter an den Ort, wo einst Borkia stand. Der Feind hatte hier seinen Stützpunkt errichtet und von dort die Angriffe auf Rosalia und Viola begonnen.

Doch mit General Hermanns Eingreifen in Rosalia hatten die Kantonesen diese Stellung abgebrochen und sich offenbar nach Ebenholz zurückgezogen. So war auch die vorletzte Stadt, oder was davon übrig war, ohne eine Schlacht durch die johtolesischen Soldaten befreit.

Hinter vorgehaltener Hand tuschelten die Jungspunde untereinander, dass sie Hermann dafür dankbar wären, dass sie nicht selbst kämpfen mussten - eine Äußerung, die Tristan bitter aufstößte. Wäre Lugia noch an Cecilias Seite, wären die Städte genauso ohne Kampf befreit worden; nur mit sehr viel weniger Zerstörung.

Die gesamten johtolesischen Streitkräfte verließen Borkia bereits und machten sich auf den Weg nach Norden.

In der Nachhut marschierten die Bürgermeister. Einzig Linda blieb zurück auf dem Hügel und blickte ein letztes Mal hinunter auf das niedergebrannte Fleckchen Erde, das einst ihre beschauliche Heimatstadt am Meer darstellte.

In der allgemeinen Aufbruchsstimmung nahm niemand die Traurigkeit der ehemaligen Bürgermeisterin von Borkia wahr. Einzig Tristan wurde darauf aufmerksam.

Zwar hatte er keine so enge Bindung an Borkia; schließlich war es nicht seine Heimatstadt. Aber auch er empfand einen Verlust. Immerhin hatte er zwei Jahre in der Stadt verbracht.

Ihre langen blonden Haare wehten im Wind umher; jener Wind, der immer in Borkia wehte. Tristan wollte die junge Frau nicht alleine und so trostlos stehen lassen, weshalb er sich zu ihr gesellte und seine Hand auf ihre Schulter.

Ohne Linda in die Augen sehen zu müssen, wusste er, dass sie weinte. Wortlos hielt der junge Mann ihr ein Taschentuch unter die Nase, das sie dankend annahm.

Pokémon - Die Legende von Johto (Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt