23. Krankenwache

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Mit Dragorans Hilfe hetzte Elena zum Sanitätszelt im Süden. Dort angekommen wurde Tristan auf eine Trage verfrachtet, aber keine der Schwestern oder Chaneiras hatte Zeit für ihn. Das Mädchen verband ihn selbst so gut sie konnte.

Auch Julius, Cecilia und Lorenz betraten wenig später das Sanitätszelt. Sie erkannten den Ernst der Lage, als sie in das blutverschmierte dreckige Gesicht von Tristan blickten.
Lorenz kommentierte monoton: "Die Mühe hättest dir sparen können."

Cecilia griff den Verletzten an der Hand und flehte: "Bitte bleib am Leben." Endlich kam ein Heiteira und brachte Tristan und Arkani zur Behandlung.

Sogar Doro tauchte im Sanitätszelt auf. Elena schilderte ihr die Lage unter Tränen. Zäh wie Wochen verging die Zeit. Erst am Abend, nachdem sich der größte Trubel gelegt hatte, meldete sich eine Krankenschwester bei den Wartenden.

Tristan hatte zwar nur eine tiefe Schnittwunde davongetragen, aber auch viel Blut verloren. Außerdem hatte sie dem jungen Kerl ein Schmerzmittel gegeben, das ihn im Augenblick bewegungsunfähig machte. Seine Angehörigen durften trotzdem zu ihm.

Als Elena seine Kammer betrat, fühlte sie sich in der Zeit zurückversetzt. Es war beinahe derselbe Anblick wie der ihres Bruders. Tristan war an beiden Armen verbunden. Der Rest seines Körpers lag unter der Decke verborgen. Wer wusste schon, wie schlimm er tatsächlich aussah?

Schweigend saßen seine Angehörigen um Tristans Bett. Dieser schwarzhaarigen Lady und ihrem Freund war Elena nie begegnet. Sie blickte kurz auf die Frau und überlegte. Die war eine Hübsche, vielleicht Mitte 20, grüne Augen, leicht dunkler Teint. Sie musste Tristans Schwester sein.

Elena wollte nicht aufdringlich sein, weshalb sie ihre Frage an die Lady umformulierte: "Seid Ihr die Bürgermeisterin von Dukatia?"

Sie fuhr hoch und sah Elena in die Augen: "Ja, zumindest war ich das bis vor einer Weile. Übrigens; ich bin Cecilia, seine Schwester. Und du kannst ,Du' zu mir sagen."

Daraufhin stellte sich die Jugendliche vor: "Ich bin Elena. Seine..." Was eigentlich? Sie zögerte und fügte an: "Reisebegleitung. Also, eigentlich hat er mich begleitet und nach Hause gebracht."

Cecilia entkam ein dämliches Lächeln. Was sie wohl dachte? Gewiss hatte der junge Mann seiner Schwester alles von Elena erzählt. Wie peinlich! Sofort lenkte das errötete Mädchen vom Thema ab. Sie erzählte von Tristans ungehaltener Trauer, als er von Cecilias vermeintlichem Tod erfuhr. Aber dann kam sie zum eigentlich interessanten Thema; dem gestrigen Tag.

Die junge Lady stützte sich mit den Ellenbogen auf Tristans Bett ab: "Was ich dich vorhin schon fragen wollte; wieso bist du heute hierhergekommen und hast mit uns gekämpft? Ich meine, wir sind wirklich froh, dass du uns geholfen hast. Ich glaube, ohne dich und deine Schwester hätten wir es nicht geschafft. Aber was war der Auslöser?"

Der Hass auf Kanto? Der Angriff auf Merbaum? Oder die Angst um Tristan? Elena hatte zwar nicht gewusst, dass er heute hier kämpfen würde, aber doch trieb sie die Furcht um ihn nach Ebenholz. Zugeben konnte Elena das vor seiner Schwester aber nicht. Vor ihm schon; sie würde es ihm auch sagen. Aber vor Cecilia war es ihr peinlich.

Die Jugendliche erzählte von Kantos Angriff auf Merbaum. Sie drehte es so hin, dass ihre heutige Aktion einzig der Rache galt. Außerdem informierte sie darüber, dass Jonas ein Kantonese war und es laut seiner Aussage noch einen Unterwanderer in Johtos Militär geben würde.

Lorenz runzelte die Stirn und warf ein: "Klingt schon sehr nach Verschwörungstheorie..."
Cecilia fauchte ihn an: "Und wer soll sich sowas bitte ausdenken? Wenn das alles stimmt, was Jonas gesagt hat, dann ist Tristan immer noch in Gefahr!"

Pokémon - Die Legende von Johto (Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt