Kapitel 1

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Es war dunkel.

Überall war es dunkel.

Er konnte nichts sehen.

Es herrschte eine Totenstille.

Dann wurde es plötzlich hell.

So blendend hell, dass er sich die Augen zuhalten musste.

Auch die Geräusche waren wieder da und er hörte Rufe.

Panische Hilferufe und schmerzverzerrte Schreie.

Seine Augen hatten sich an das Licht gewöhnt.

Er öffnete sie und sah mit Entsetzen auf die vielen Menschen um ihn herum, die sich bitter bekämpften. Er lag am Boden und die Leute liefen über ihn hinweg. Sie beachteten ihn nicht.

Viele andere von ihnen lagen, teilweise mit komischen Verrenkungen, auch auf dem Boden. Bei genauerem Betrachten konnte er sehen, dass es sich hierbei um leblose Körper handelte.

Dann ertönte erneut ein Schrei, der es ihm eiskalt den Rücken hinunterlaufen ließ. Er neigte den Kopf, um zu sehen, von wem der Laut kam. Er sah einen kräftigen Mann, der eine Krone trug, am Boden knien. Ihm ragte ein Schwert, dessen Griff ein Ritter in einer roten Rüstung festhielt, aus der Brust. Der Mann sah auf das Schwert zwischen seinen Rippen, aber sein Blick war nicht ängstlich, wie man vielleicht vermutet hätte. Nein, sein Blick war der eines stolzen Mannes, welcher den Tod nicht fürchtete, sondern dem Unabwendbaren tapfer entgegensah.

Eine Frau mit schwarzem Haar lief kreischend zu dem am Boden Knienden.

„Nein! Konstantin! ... Konstantin!", rief sie verzweifelt und ließ sich neben ihm auf die steinernen Fließen fallen. Der Mann mit dem Schwert lachte nur, als Konstantin zu Boden fiel. Er nahm die Waffe und tötete dann, ohne mit der Wimper zu zucken, auch die Frau. Der am Boden liegende Junge keuchte, als die Frau neben dem König zu Boden ging.

„Wie kann man nur so grausam sein?", fragte er sich.

„Alexander!", rief der Mann in roter Rüstung wutentbrannt, „Alexander, wo bist du?"

„Happy birthday to you, happy birthday to you. Happy birthday, lieber Alexander. Happy birthday to you", sang seine Familie dem schweißgebadeten Jungen, welcher ruckartig aus dem Traum erwachte und aufrecht in seinem Bett saß.

„Was ist den los, Schatz?", fragte Luise, seine Mutter, besorgt und strich ihm eine seiner dunkelbraunen Haarsträhnen aus den Augen.

„Alptraum", antwortete dieser nur, wobei er etwas schneller als sonst atmete und an die gegenüberliegende Wand starrte.

„Ein Schlimmer?", erkundigte sie sich besorgt.

„Nein, es geht schon. War ja nur ein Traum."

„Bist du dir sicher, dass alles in Ordnung ist?", hackte sie nach.

„Ja, klar!", sagte dieser schnell. Vielleicht etwas zu schnell, denn Luise schaute in noch einmal genauestens an.

„Es ist wirklich alles in Ordnung, Mama", schob Alexander etwas genervt noch hinterher.

„Na gut, dann mach dich erst einmal fertig und komm runter zum Frühstück", sagte seine Mutter gut gelaunt. Sie gingen alle nach draußen und Luise schloss hinter sich die Zimmertür.

„Warum wusste der Ritter in roter Rüstung meinen Namen?", fragte sich der Junge, während er sich anzog. Er schüttelte den Kopf, um die beängstigenden Gedanken loszuwerden, legte sich eine silberne Kette um, die für ihn so eine Art Glücksbringer war, und ging nach unten.

Abraxxas ErbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt