Kapitel 2

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Notger wurde durch ein Klopfen an der großen Eichentür geweckt.

„Ja, bitte", bat er den vor der Tür Stehenden herein. Sie wurde langsam aufgedrückt und ein rothaariger Kopf schaute zaghaft herein.

„Mein König, Ihr müsst aufstehen und Euch für die Feierlichkeiten herrichten", sagte der Rothaarige.

„Wie spät ist es denn?", fragte Notger.

„Kurz nach Sonnenaufgang, Herr", antwortete ihm Alfred sogleich und deutete mir der Hand zum Fenster, durch das der prächtige Sonnenaufgang betrachtet werden konnte.

„Ich komme gleich." Alfred verbeugte sich und schloss die Tür. Notger hingegen stand auf, streckte sich und zog sich für die Hochzeit an. Seine Tochter, Nanna, würde nämlich heute einen Fürsten aus seinem Königreich heiraten und es sollte eine prächtige Feier werden. So prächtig, wie es sein Königreich noch nie gesehen hatte.

Notger ging durch die ganze Hälfte des Schlosses, welche zu Arcadash gehörte, und überwachte einen Teil der Vorbereitungen. Sein Gehilfe Alfred begleitete ihn dabei.

In der Küche kam eine schmächtige, schwarzhaarige Frau auf ihn zu. Sie machte einen kleinen Knicks und sagte höflich:

„Mein König, Ihr wolltet als Nachspeise eine schöne Torte mit Himbeeren. Leider sind diese alle weg. Dürfen wir stattdessen auch Erdbeeren benutzen?"

„Aber natürlich, Andriana, Erdbeeren gehen auch." Andriana atmete hörbar auf, denn es war ihr sichtlich unangenehm Notger zu fragen. Sie machte wieder einen kleinen Knicks und drehte sich rasch um, um an dem Kuchen zu arbeiten.

„Andriana. Warte. Komm bitte noch einmal her", sagte der König. Sie ging zögerlich zurück und fragte:

„Mein Herr?"

„Sag mir, warum haben wir keinen Himbeeren mehr?"

Sie schaute verlegen auf den blitzblank geputzten Fußboden und nuschelte etwas vor sich hin. Notger fragte sie erneut, denn er hatte kein Wort von Andrianas Erklärung verstanden.

„Die Hasen haben die ganzen Himbeeren gegessen", wiederholte Andriana ihren Satz und senkte beschämt den Kopf. Der König schaute verdutzt drein und ging aus der Küche.

„Alfred. Wieso sind unsere Hasen bei den Himbeeren?", fragte er auf dem Korridor.

„Tut mir leid, mein König, aber ich weiß es auch nicht."

„Würdest du bitte zu deiner Frau gehen und ihr sagen, sie soll das Hasengehege an eine andere Stelle verlegen."

„Aber natürlich", sagte Alfred und beeilte sich zurück zu Andriana zu gehen, um ihr den Wunsch des Königs mitzuteilen.

Notger hingegen setzte seinen Weg durch die Burg fort. Im Festsaal wurden gerade lange, rote Vorhänge aufgehängt. Diese wurden nur zu Festtagen dort angebracht, an normalen Tagen waren sie blau. Auch die Speisen wurden schon von der Küche auf die großen und sehr langen Tische gestellt. Dort standen festlich dekoriert sowohl Platten mit Hühner- und Lammfleisch, als auch welche mit Tomaten, Gurken und anderen Köstlichkeiten.

Nachdem er hier und dort noch ein paar Befehle zum Umdekorieren gab, ging Notger zu dem Zimmer seiner Tochter. Er klopfte an und eine glockenhelle Stimme sagte:

„Ja, bitte." Er machte die Tür auf und trat in den Raum.

„Vater, bist du es?", fragt die Stimme wieder.

„Ja, bin ich", antwortete Notger. Daraufhin trat eine blonde, junge Frau aus einem angrenzenden Raum.

„Wie schön du bist", sagte Notger und begutachtete das saphirblaue Kleid mit den glitzernden Steinen, welches bei Hochzeiten in Arcadash Tradition war, „So schön, wie deine Mutter." Er senkte den Blick und dachte wehmütig an seine verstorbene Frau.

Abraxxas ErbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt