„Ihr habt sie entkommen lassen?", schrie Gerold die zurückkommenden Soldaten an, „Was seid ihr? Soldaten? Oder doch eher ein Haufen unfähiger Schwachköpfe, die nicht einmal ein Mädchen verfolgen können, ohne sie zu verlieren?" Die Männer verließen beschämt den Thronsaal. Aufgebracht lief der König ein paar Meter hin und her und überlegte fieberhaft nach einer Möglichkeit, Beatrice und den Jungen zurückzubekommen.
„Eure Hoheit?", schreckte ihn eine Stimme aus seinen Gedanken.
„Was?", schnauzte er den Ritter vor sich an. Überrascht über die Boshaftigkeit in Gerolds Stimme, trat der Mann einen Schritt zurück. Als er immer noch nichts sagte, schaute ihn der König auffordernd an. Schnell fand er seine Stimme wieder und fuhr mit seiner eigentlichen Botschaft fort:
„Der Priester wäre jetzt soweit. Die Hochzeit kann beginnen, wenn meine zukünftige Frau bereit ist."
„Es gibt keine Hochzeit. Ihr könnt wieder nach Hause fahren", fauchte er Eckhard grob an, ehe er sich wieder seinen Gedanken zuwandte. Doch der Bräutigam ließ sich nicht so schnell abweisen.
„Wie, die Hochzeit findet nicht statt?", fragte er erstaunt, „Das ist ein Scherz, oder?"
„Sehe ich so aus, als würde ich scherzen?", schnauzte Gerold ihn erzürnt an und wünschte sich nichts sehnlicher, als endlich wieder allein zu sein.
„Aber..."
„Nichts aber", unterbrach ihn der König, „Meine Tochter wird heute nicht heiraten. Und jetzt geht bitte und lasst mich allein." Eckhard drehte sich langsam um und bewegte sich auf die Tür zu. Er sagte kein Wort, worüber Gerold höchst erfreut war, da er sich endlich Gedanken über die Probleme seines Königreichs machen konnte.
Er hatte keinen Thronfolger und seine einzige Tochter wurde entführt. Das hieß, er musste einen neuen Nachfolger bestimmen. Einem, dem er vertrauen konnte, und der sich leicht von ihm lenken lassen würde. Aber gab es einen solchen Mann? Klar hatte er viele Gefolgsleute, aber die warteten nur darauf, ihm die Macht zu entreißen.
Sein zweites Problem war Alexander. Der Junge war tatsächlich aus dem Kerker geflohen. Was, wenn er nach Arcadash geritten war? Dort würde ihm früher oder später gesagt werden, wer er wirklich war. Er würde einen Krieg mit Tirnanog anzetteln.
„Ich glaube, es wird Zeit für meinen Plan B", murmelte er, ehe ein boshaftes Lachen über seine Lippen glitt.
„Bringt mir Eckhard", befahl der König lautstark und einer der Wachen vor dem Thronsaal lief auch schon los, um den Ritter zurück zu holen.
„Ich dachte, ich solle nach Hause gehen", war die Begrüßung des Mannes.
„Jetzt nicht mehr", äußerte Gerold, „Ihr werdet mir helfen, das Land zu retten und als Belohnung bekommt Ihr Beatrice." Dass die beiden nicht über Tirnanog herrschen würde, da er bereits einen neuen Thronfolger gefunden hatte, verschwieg er allerdings.
„Und woher weiß ich, dass ich Euch vertrauen kann?"
„Ich gebe Euch mein Wort. Das Wort eines Königs", überzeugte er den Ritter.
„Ich verstehe...Wie kann ich helfen, Eure Majestät?" Ein spitzbübisches Lächeln wanderte über sein Gesicht.
„Wir brauchen eine ganze Armee. Rekrutiere so viele Männer wie möglich. Egal, ob alt, oder jung, erfahren, oder unerfahren. Egal, ob sie wollen, oder nicht! Wir brauchen Soldaten", weihte Gerold seinen Verbündeten ein, „Und wir müssen Arcadash schwächen, bis wir die Armee bereitgestellt haben. Ich werde den Befehl erteilen einen Staudamm zu bauen, sodass ihr Hauptversorgungsfluss kein Wasser mehr mit sich führt. Sie werden so auf das pure Überleben fixiert sein, dass sie unsere Truppen erst bemerken, wenn es schon zu spät ist. Dann zerstören wir ihr Königreich. Und wenn wir Beatrice wieder haben, könnt Ihr mit ihr machen, was Ihr wollt."
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Abraxxas Erben
FantasyWir alle führen Kriege. Egal ob mit uns selbst, oder mit anderen. Jeder hat Feinde. Auch der 18-jährige Alexander, der nichtsahnend zwischen die Fronten zweier Königreiche gerät. Zweier Königreiche, die einst ein Ganzes bildeten und durch die gr...