SERGEJS POV
„Jetzt hör endlich auf, ihn so anzustarren. Auch wenn du ihn noch mehr mit deinem Blick durchbohrst, davon wird er auch nicht schneller in dein Bett kommen.“ Genervt verdrehe ich bei der Aussage die Augen. Ich und mein bester Freund Tom sind in der Disco ‘Pam‘. 'Wir sind schon seit dem Kindergarten befreundet und er kennt mich ziemlich gut, wenn nicht sogar besser als jeder andere, vielleicht sogar besser als ich mich selbst. Eigentlich ist er richtig gut drauf, wenn er nicht gerade so wie jetzt versucht, aus mir Sachen herauszubekommen, über die ich nicht reden will. Und Erik ist zum Beispiel ein Thema, über das ich nicht reden möchte. Ich bereue es zutiefst, ihm von Erik erzählt zu haben. Seitdem er davon weiß, nervt er mich ständig damit. „Sergej, sag mal, hörst du mir überhaupt zu? Oder lenkt dich dein Kleiner zu sehr ab?“ Ich drehe mich zu Tom um und sehe ihn fies grinsen. Ständig will er an mein Gewissen appellieren, doch ich habe keines. „Tom, dich kann man nicht überhören, du bist ja laut und nervig genug.“ Wieder muss ich mir ein genervtes Stöhnen verkneifen. Ich wollte mich heute nur ein bisschen entspannen, die Woche war ja beschissen genug. Seit dem letzten Sonntag haben Erik und ich nicht mehr wirklich miteinander geredet.
Er geht mir aus dem Weg oder ignoriert mich komplett. Die einzigen Worte, die wir wirklich wechseln, kommen nur gepresst aus seinem Mund. Zum Glück sind Dad und Annika viel unterwegs, sodass wir unangenehmen Fragen entfliehen können. Die Nachhilfe wird jedes Mal zur einer Geduldsprobe. Da sich die Kommunikation auf das Nötigste beschränkt, ist es alles andere als einfach, mit ihm in einem Raum zu sein. Er versucht, mich immer wieder aufs Neue mit seinem Blick zu erdolchen. Dabei verstehe ich gar nicht, was er hat, ich habe ihm nichts Neues erzählt. Dass er deswegen so einen Aufstand machen muss, verstehe ich nicht. Okay, vielleicht war ich etwas zu hart, aber mein Gott, der ist doch nicht aus Zucker.
Ich wollte mir heute einen entspannten Abend gönnen, vielleicht einen netten Fick suchen, doch wieso muss ich ihn ausgerechnet hier treffen? Gibt es keine anderen Plätze, die er aufsuchen kann?
„Sergej, jetzt rück endlich raus mit der Sprache, wie geht es jetzt weiter mit Erik? Er sieht nicht unbedingt aus, als würde er einfach mit dir ins Bett springen. Wieso vergisst du ihn nicht einfach, ich halte es sowieso für eine beschissene Idee. Du wirst noch eine böse Überraschung erleben, das habe ich im Gefühl.“
„Tom, du verstehst es nicht, ich will ihn nicht in Ruhe lassen. Ich will ihn haben und ich werde ihn auch kriegen. Er ist anders, er ist eine richtige Herausforderung, ihn kann man nicht einfach rumkriegen, indem man ihm schöne Augen macht und je mehr er sich wehrt, desto mehr will ich ihn haben. Es ist immer wieder ein Vergnügen zu sehen, wann die Mauer einbricht und sie alles für dich machen würden. Mir kommt da gerade so ein Gedanke, wie ich ihn wieder dazu bringe, mit mir zu reden, ohne ihm hinterherzulaufen und wenn alles nach Plan läuft, habe ich mehr davon als nur das Reden.“ Ich beobachte Erik weiter und ein fieses Grinsen erscheint auf meinem Gesicht. Tom schaut mich neugierig an. „Na komm schon, spann mich nicht länger auf die Folter, sag es endlich.“
„Tom, hör zu, ich werde…
ERIKS POV
Wieso muss ich ihn, von allen Orten auf der Welt, ausgerechnet hier treffen? Ich kann seinen Anblick nicht ertragen. Ich versuche, mich auf Ben und Sabine zu konzentrieren, doch meine Aufmerksamkeit schweift immer wieder ab, ständig ertappe ich mich dabei, wie ich ihn beobachte. Er sieht gut aus. Sexy und elegant. Erik, hör auf mit dem Scheiß. Denk nicht an ihn, versuche ich mir selbst immer wieder zu sagen. Doch für mich ist der Abend gelaufen, in Feierstimmung komme ich nicht mehr und irgendwann ist mir alles zu blöd und ich mache mich auf den Weg nach Hause.
Eine Woche später
Meine Laune ist auf dem Tiefpunkt. Ich bin seit ein paar Tagen ziemlich gereizt und komme einfach nicht zur Ruhe. Meine Gedanken drehen sich im Kreis. Ich habe seit genau zwei Wochen nicht mehr mit Sergej gesprochen und wenn dann nur das Nötigste. Er hat auch keine weiteren Annäherungsversuche gemacht. Vielleicht ist es ihm zu viel, mir ständig nachzustellen und er lässt mich endlich in Ruhe. Eigentlich sollte ich mich freuen, dass er mich in Frieden lässt. Wir leben in einem Haus, da nimmt man an, dass man sich häufig sieht, doch leider ist es nicht so. Klar, ich versuche, ihm aus dem Weg zu gehen, doch das wäre gar nicht nötig, denn er ist kaum zu Hause. Er kommt zwar nach der Schule heim, wir machen die Nachhilfe, um blöden Fragen vorzubeugen, doch dann ist er weg. Manchmal kommt er erst sehr spät abends wieder, manchmal auch erst am nächsten Tag nach der Schule. Sein Vater scheint damit kein Problem zu haben, denn er sagt gar nichts dazu. Auch wenn ich es nicht gerne zugebe, der Umgang mit ihm fehlt mir. Die paar Male, die ich ihn wirklich gesehen habe, war seine Mimik undurchdringlich. Er wirkt verschlossen, so kenne ich ihn gar nicht. Und dieses Verhalten stört mich. Er macht mich wahnsinnig. Er kommt in mein Leben und stellt alles auf den Kopf. Und das schlimmste ist, er ist ein Arsch hoch drei, egal von welcher Seite man es betrachtet, ich kann bei dem Spiel nur verlieren.
Heute ist Montag und das heißt wieder Schule. Ich stehe mal wieder am Schultor und warte auf Ben, der sich wie so oft ziemlich verspätet. Nachdem ich mir weitere zehn Minuten die Beine in den Bauch gestanden habe, kommt er endlich, doch er scheint ziemlich fertig zu sein. „Hey Ben, was ist passiert? Du siehst fertig aus.“ Ben sieht mich verzweifelt an. „Erik, es ist wegen Sabine. Ich mache mir Sorgen, ich glaube, unsere Beziehung geht den Bach runter.“ Ich bin vollkommen geschockt. Das kann nicht sein, noch vor eine Woche war alles in bester Ordnung. Was kann in nur eine Woche passieren, dass es Ben deswegen so schlecht geht? Ben braucht gar nicht zu antworten, denn ich sehe, was der Grund dafür ist. Sergej! Er geht an mir vorbei, ohne mich zu beachten und geht auf Sabine zu. Er zieht sie in eine Umarmung, flüstert ihr etwas ins Ohr, sie kichert verlegen und schlägt ihm spielerisch auf den Arm. Oh ja, ich kann sehr genau verstehen, was der Grund für Bens Verzweiflung ist. „Und Erik, das Schlimmste ist, sie sieht es nicht, dass er nur mit ihr spielt. Seit dem letzten Discobesuch im ‘Pam‘ schleicht er ständig um sie herum. Und sie fällt auch noch darauf herein. Ich weiß einfach nicht, was ich machen soll. Ich liebe Sabine, doch ich habe Angst, wenn es so weiter geht, dann verliere ich sie.“ Ben sieht immer schlimmer aus und Tränen bilden sich in seinen Augen. Er tut mir leid. Leider weiß ich, wie charmant Sergej sein kann, wenn er etwas will. Und irgendwie habe ich das Gefühl, er ist nicht ohne Grund hinter Sabine her. Schlagartig kommt alles wieder hoch, seine Worte, seine kaltherzige Art. Ich habe so eine Vermutung, wieso er das alles tut und ich entschließe mich, mit ihm zu reden. Es wird böse für mich ausgehen, das habe ich im Gefühl, doch ich kann Ben nicht im Stich lassen. Sabine macht ihn glücklich und sie tut ihm gut. Ich darf nicht zulassen, dass es Ben so schlecht deswegen geht und das alles einfach so endet.
Nervös stehe ich vor Sergejs Zimmer. Mein Herz klopft wie verrückt, ich kann es immer noch nicht glauben, dass ich wirklich mit ihm reden werde, doch ich tue es für Ben. Entschlossen mache ich die Tür auf und gehe hinein. „Sergej, ich muss mit dir reden.“ Er steht vor dem Spiegel und sieht mich einen Moment überrascht an, doch dann wird sein Gesicht wieder zu einer undurchdringlichen Maske. „Erik, ich habe keine Zeit für dich. Komm ein anderes Mal wieder.“ Damit wendet sich Sergej wieder von mir ab. Doch so schnell gebe nicht auf. „Verdammt Sergej, du wirst dir gefälligst die Zeit für mich nehmen.“ Wütend blicke ich ihn an. Was für ein arroganter Kerl. Für wen hält er sich eigentlich? Sergej dreht sich zu mir um und mustert mich mit einem neugierigen Blick. „Na so kenne ich meinen Kleinen gar nicht. Wenn du so sehr meine Zuwendung benötigst, dann musst du eigentlich einen Termin mit mir vereinbaren. Ich bin ein vielbeschäftigter Mann. Ich kann nicht jedem meine Aufmerksamkeit schenken.“ Sein Gesicht wird von einem arroganten Grinsen geziert. Meine Geduld ist am Ende und wütend schreie ich ihn an: „Sergej, jetzt hör auf mit dem Scheiß. Du bist echt das Letzte.“ Ich versuche, mich zu beruhigen, denn ich bin ja aus einem bestimmten Grund hier. Ich atme noch mal tief durch und versuche, neu anzufangen. „Sergej, was willst du eigentlich von Sabine? Wieso willst du die Beziehung zwischen ihr und Ben zerstören?“ Sergejs Gesichtsausdruck wird für einen Moment ernst, doch dann lächelt er. „Es gibt genau zwei Gründe dafür. Erstens: es liegt in meiner Macht, ihre Beziehung zu zerstören und zweitens: es macht mir einfach Spaß, es zu tun."
Entsetzt reiße ich die Augen auf. Das kann er nicht ernst meinen, doch das tut er, das sehe ich an seinem Gesichtsausdruck. Meinen Zorn versuche ich zu unterdrücken, denn es bringt gar nichts, jetzt auszuflippen. Ich will ja etwas von ihm und wenn ich zu weit gehe, dann hilft es mir leider gar nichts, obwohl ich ihm liebend gern eine scheuern würde. Es muss doch etwas geben, was ich tun kann. Es darf nicht so enden. „Sergej, wenn ich dich bitte, sie in Ruhe zu lassen, was willst du dafür haben?“ Meine Lippen sind zusammengepresst, ich muss meine ganze Selbstbeherrschung aufbringen, um nicht auf ihn loszugehen. Er mustert mich einen Augenblick und wendet sich dann wieder von mir ab. „Was soll das werden? Ich hab dir eine Frage gestellt, antworte mir gefälligst“, zische ich ihn an.
„Hör genau zu, Kleiner. Der Preis, den du dafür zahlen müsstest, wäre einfach zu hoch, das würdest du nie tun. Deshalb lohnt es sich auch nicht, es dir zu sagen.“ Sergej beobachtet jede meiner noch so kleinsten Bewegungen. Ich schlucke den Kloß in meinem Hals hinunter. Ich habe ein ganz böses Gefühl bei der Sache, doch ich bin entschlossen. Egal was kommt, ich werde nicht kneifen. „Jetzt sag es, was willst du dafür von mir haben?“
Wieder habe ich das Gefühl, es würde eine Ewigkeit vergehen, bevor Sergej mir eine Antwort gibt. Ich habe mit vielem gerechnet, aber sicherlich nicht damit. „Erik, ich will, dass du mir einen bläst.“
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Mein neuer Stiefbruder boyxboy
RomanceAls Erik erfährt, dass seine Mutter einen neuen Freund hat und diesen sogar heiraten möchte, ist es der Beginn einer vorprogrammierten Katastrophe. Eigentlich freut sich Erik für seine Mutter, wäre da nicht eine gewisser neuer Stiefbruder, der für e...