Folgen einer Party

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Ich fühle mich heute schlecht und das nicht nur weil sich gestern meine Gehirnzellen von mir verabschiedet haben, sondern weil ich erkältet bin. Wie kann man auch so blöd sein und halbnackt nach draußen rennen? Mein Gehirn ist gestern aber außer Betrieb gewesen, sonst hätte es bestimmt ein Signal gegeben, dass ich mir was anziehen soll. Eine Möglichkeit wäre auch eine Jacke mit zunehmen gewesen oder - noch besser - gar nicht erst mit Sergej rum zumachen. Dann wäre das alles nicht passiert und ich würde mich nicht in doppelter, ach Quatsch in dreifacher Hinsicht beschissen füllen. Vielleicht sollte ich doch zum Arzt gehen, aber nicht wegen der Erkältung, sondern wegen meiner Verblödung. Mir hat niemand gesagt, dass Verliebtheit gleichzeitig zur Verblödung führt.


Sergej ist an allem Schuld. Eigentlich finde ich Maik ja immer noch süß. Er hat ein bezauberndes Lächeln, doch als Sergej mich so unerwartet in seine Arme gezogen hat, war es definitiv vorbei mit mir. Es gab nichts mehr, kein Maik, keine Party und keine Leute. Ich konnte nur nicken und ihm folgen, ich wäre ihm überall hin gefolgt. Ich kann immer noch eine Umarmung spüren, die Art wie er mich an sich gezogen hat, ich würde sagen schon fast besitzergreifend. Vielleicht hat es ihm was ausgemacht, dass ich dort mit Maik gestanden habe. Ach so ein Blödsinn, Sergej hat keine Gefühle für mich, ich darf mir keine Hoffnungen machen, es ist alles nur Taktik.


Jetzt bereue ich es, aber es ist zu spät. Uns hat wahrscheinlich die ganze Schule gesehen und wenn sie es nicht gesehen haben, dann haben sie es spätestens jetzt gehört. Das ist die Neuigkeit des Jahres, der Bad Boy hat was mit einem Kerl. Okay, es gab vorher schon Gerüchte, aber jetzt ist es offiziell. Noch offizieller geht gar nicht mehr. Wie wird es morgen sein? Ich werde bestimmt von den Leuten gehasst, einerseits weil ich schwul bin und andererseits, weil ich auch noch mit dem Schwarm der Schule rumgemacht habe. Die Gerüchte werden sich überschlagen! Ob ich morgen noch Freunde haben werde? Oder wenden sie sich alle von mir ab?


Meine größte Angst im Moment ist aber Sergej zu begegnen. Meine Sehnsucht nach ihm ist unglaublich groß. Und ich weiß nicht, wie er reagieren wird. Immerhin habe ich ihn zuerst heiß gemacht und bin dann geflüchtet, schon wieder. Er ist bestimmt sauer, dass seine Beute so kurz vor dem Ziel doch noch abgehauen ist. Mir wäre es lieber, ich hätte diese Gefühle nie kennengelernt. Was man nicht weiß kann man auch nicht vermissen, hat man es aber erst mal kennengelernt, ist der Drang diese Gefühle immer wieder zu erleben unglaublich groß. Ich bin mir sicher, sobald Sergej von mir hat was er will, ist auch sein Interesse an mir zu Ende und ich stehe mit gebrochenen Herzen da. Dann doch lieber vor Sehnsucht vergehen als an gebrochenem Herzen zu sterben. Doch auch dies ist nur eine Aussage, das erinnert mich an einen Spruch, den ich gehört habe:


„Die schlimmste Art einen Menschen zu vermissen,
ist die, neben ihm zu sitzen und zu wissen,
dass er nie dir gehören wird!"

Und leider entspricht es der Wahrheit, es ist die schlimmste Art einen Menschen zu vermissen. Meine Gedanken werden von einem aufgebrachten Sergej unterbrochen, der in mein Zimmer gestürzt kommt. Sergej lässt mich gar nicht erst zu Wort kommen, sondern motzt mich direkt an. „Was sollte das gestern? Was glaubst du, wer du eigentlich bist? Denkst du, du kannst dir alles erlauben?" Ich versuche was zu sagen, doch er unterbricht mich wieder. „Erik, ich will dir einen guten gemeinten Rat geben. Fange niemals eine Sache an, die du nicht vorhast zu beenden. Das gestern war ganz schön mies von dir, das nächste Mal überlege dir vorher, was du tust, denn sowas wie gestern werde ich nicht noch mal zulassen." Ich glaube ich höre nicht richtig, er gibt mir doch tatsächlich die Schuld an allem. Klar, ich bin weg gerannt, aber ich hatte doch auch nicht vor mit ihm zu schlafen, theoretisch auf jeden Fall. Ich springe aus meinen Bett, um ihn die Leviten zu lesen, doch das mein Kreislauf macht nicht mit. Mir wird schwarz vor Augen und im nächsten Moment befinde ich mich in seinen Armen. Er schaut mich aus seinen besorgten Augen an. Ich weiß, dass ich was sagen wollte, doch mir ist es entfallen, diese meerblauen Augen. Sie ziehen mich in ihren Bann. Kein Wort kommt über meine Lippen, er berührt meine Wange, doch dann lässt er mich abrupt los. So als hätte er sich verbrannt oder ob er was ganz Widerliches berührt hatte. Ein Stich geht durch mein Herz, es tut weh. Sein Gesicht ist verschlossen, dann dreht er sich um und geht aus meinen Zimmer. Verwirrt und verletzt bleibe ich zurück.

SERGEJ'S POV

Mein neuer Stiefbruder boyxboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt