Ich habe es tatsächlich geschafft, Sergej sicher nach Hause zu bringen. Jetzt heißt es, ihn nur noch in seinem Zimmer abzusetzen und dann kann ich gehen. Auf dem Weg haben wir kein einziges Wort miteinander gewechselt. Es herrschte eine seltsame Stimmung zwischen uns. So plötzlich wieder in seiner Nähe zu sein, macht mich nervös.
Endlich sind wir an seinem Zimmer angekommen. Ich bringe ihn schnell rein und will mich gerade davonschleichen, als er mich in seine Arme zieht. Er hält mich fest und hat auch nicht vor, die Umarmung wieder zu lösen. Sofort versteife ich mich, was er natürlich bemerkt.
„Erik, können wir nur einen Moment so stehen bleiben? Ich mache auch nichts, was du nicht willst“, flüstert Sergej an meinem Ohr.
Ich bin zwiegespalten. Ich weiß nicht wirklich, was ich machen soll. Der Wunsch so stehen zu bleiben, kämpft mit der Vernunft, ihn einfach stehen zu lassen.
Es ist nur ein Augenblick, es wird schon nicht schaden und wenn er zu weit geht, kann ich immer noch gehen. Bei dem Gedanken entspanne ich mich in seinen Armen. Er legt seine Stirn an meine und ich kann seinen Atem spüren. Er kommt mir gar nicht mehr so betrunken vor. Wir stehen mitten in seinem Zimmer und er hält mich fest umschlungen. Wie lange wir so stehen, kann ich nicht sagen, aber irgendwann kann ich mir die folgende Frage nicht mehr verkneifen:
„Sergej, was ist passiert? Wieso hast du Maik angepöbelt?“
Er antwortet nicht. Ich denke schon, es kommt keine Antwort mehr von ihm, als er plötzlich ganz zaghaft und schon fast zärtlich an meinem Ohr flüstert:
„Ich kann diesen Blödmann nicht leiden. Er hat dich geküsst! Aber es darf dich kein anderer küssen.“ Mit diesem Satz haucht Sergej mir einen unschuldigen Kuss auf die Wange und lässt mich los. Er sagt nichts mehr. Er dreht sich von mir weg, zieht sich aus und legt sich in sein Bett.
Einen kurzen Moment bleibe ich unschlüssig stehen, aber dann reiße ich mich zusammen und verlasse sein Zimmer.
Am nächsten Tag
Wieso dröhnt mein Schädel so sehr? Ich muss gestern doch mehr getrunken haben, als mir lieb ist. Was ist überhaupt passiert? Ich bin mit Maik auf einer Party gewesen. Irgendwann sind wir dann an die frische Luft gegangen und dort hat er mich geküsst. Sergej hat uns gesehen und daraufhin hat er Maik provoziert. Es ist fast zu einer Schlägerei gekommen. Ich habe mir Sergej geschnappt, um ihn nach Hause zu bringen.
Zu Hause… „Er hat dich geküsst! Aber es darf dich kein anderer küssen.“
Sergej hat das tatsächlich gesagt. Ich werde von einer Welle von Glücksgefühlen durchströmt und ein fettes Grinsen erscheint auf meinem Gesicht. Doch so plötzlich mein Grinsen erscheint, so plötzlich verschwindet es auch wieder. Sergej ist gestern ganz schön betrunken gewesen. Er wusste nicht mehr, was er da sagt. Ich bin nur ein Fick für ihn, da gibt es keinen Platz für Gefühle. Es ist wieder nur ein weiterer Trick. Ich darf mir keine Hoffnungen machen, er spielt nur mit mir.
Ach du Scheiße! Was soll ich Maik sagen? Wie soll ich ihm die Situation erklären? Sergej hat Maik wegen mir angemacht. Ich komme um einen Gespräch mit Maik nicht herum. Ich muss ihm die Wahrheit sagen, auch wenn es nicht schön ist. Maik soll wissen, woran er bei mir ist.
Maik hat mich heute Nachmittag aus dem Bett geklingelt. Wir haben abgemacht, dass er um 16:00 Uhr bei mir vorbeikommt, damit wir reden können.
Er muss jeden Moment da sein. Ob wir trotzdem Freunde bleiben können? Es klingelt an der Tür und ich beeile mich, nach unten zu kommen, um sie zu öffnen. Doch es ist zu spät. Sergej hat die Tür bereits aufgemacht. Die zwei stehen sich gegenüber und stieren sich an. Ich kann nicht sagen, wer von den beiden überraschter aussieht.
„Hey Maik, da bist du ja. Wollen wir in den Garten? Es ist so ein schönes Wetter“, versuche ich, die Stimmung etwas zu entschärfen.
„Das ist doch der Spacko von gestern, oder?“, fragt Sergej und sieht wieder so aus, als würde er gleich auf Maik losgehen wollen. Schnell schiebe ich mich dazwischen.
„Sergej, lass gefälligst den Scheiß. Wir sind verabredet und jetzt sieh zu, dass du verschwindest“, fahre ich ihn an. Sergej mustert mich, sein Blick ist eindeutig wütend, doch er dreht sich um und verschwindet nach oben. Erleichterung macht sich in mir breit.
„Erik, was macht der Typ bei dir zu Hause?“, fragt Maik ziemlich verwirrt.
„Komm, lass uns erst einmal nach hinten gehen, dort ist es viel schöner, dann können wir in Ruhe reden“, antworte ich Maik und schiebe ihn bereits in den Garten.
Wir machen es uns auf der Terrasse gemütlich und ich besorge uns noch schnell etwas zu trinken.
„Jetzt erzähl schon“, sagt Maik ungeduldig
Ich hole noch einmal tief Luft und fange dann an zu berichten:
„Der Typ heißt Sergej und er ist mein zukünftiger Stiefbruder. Unsere Eltern sind schon seit einiger Zeit verlobt und wir wohnen seit ein paar Monaten zusammen.“
„Und läuft etwas zwischen euch?“ kommt Maik direkt auf den Punkt.
Ich werde augenblicklich rot, als ich an die vielen Momente mit Sergej denke.
„Naja, es ist so. Sergej hat mich zur seiner Beute erklärt. Er will mich um jeden Preis in seinem Bett haben, deshalb passt es ihm natürlich nicht, wenn ich mich mit jemand anderem treffe. Aber ich habe ihm bereits deutlich gesagt, dass es soweit niemals kommen wird“, erkläre ich ihm.
Maik schaut mich skeptisch an und sagt dann: „Erik, das kann nicht alles sein. So wie der sich aufführt, würde ich sagen, er ist eifersüchtig. Du hättest seine Blicke sehen müssen und ich meine nicht nur die auf der letzten Party. Ich meine auch die auf der Abi-Party. Er ist der Grund, wieso ich mich nicht getraut habe, dich nach der Abi- Party anzusprechen. Er hat dich angeguckt, als würdest du ihm gehören und er jeden zur Strecke bringen, der dir zu nahe kommt.“
Ich bin schockiert. Meine Gefühle spielen verrückt. Kann das sein? Ist Sergej wirklich eifersüchtig? Ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll. Aber das brauche ich auch nicht, denn Maik redet schon weiter.
„Erik, sei ehrlich zu mir. Habe ich eine Chance bei dir? Ich mag dich wirklich, aber ich möchte mich nirgendwo hineinverrennen. Mir ist aufgefallen, wie du ihn ansiehst. Kann es sein, dass du Gefühle für ihn hast?“
Mir ist das Thema unangenehm. Es ist eine Sache, es Ben zu sagen, aber eine andere, es auch noch Maik sagen zu müssen. Ich schlucke ein paar Mal nervös und sage ihm dann die Wahrheit.
„Maik, es tut mir leid. Ich mag dich wirklich, aber nur als einen Freund. Ich bin in Sergej verliebt“, sage ich zerknirscht und Tränen steigen mir in die Augen. Wieso muss die Situation nur so verfahren sein? Da sitzt ein wundervoller Junge vor mir, der auch noch Gefühle für mich hat und ich? Ich bin echt blöd, anders kann man es nicht beschreiben.
Ich fange an zu schluchzen und Maik legt die Arme tröstend um mich. Er streichelt immer wieder über meinen Rücken und zwar so lange, bis ich mich wieder beruhigt habe.
„Maik, können wir trotzdem Freunde bleiben? Ich weiß, das ist ein scheiß Satz, aber du bist mir echt wichtig geworden“, frage ich ihn, nachdem ich mich etwas beruhigt habe.
Es herrscht Stille zwischen uns. Verlange ich zu viel von ihm? Aber ich möchte wirklich nicht mehr auf ihn verzichten. Es macht richtig Spaß, Zeit mit ihm zu verbringen. Maik schaut mich an und dann setzt er wieder sein bezauberndes Lächeln auf und mir wird sofort wieder leichter ums Herz.
„Wenn ich ehrlich bin, habe ich es mir schon gedacht. Bereits auf der Abi-Party ist mir aufgefallen, dass da mehr zwischen euch ist. Aber ich dachte, versuchen kann man es ja trotzdem. Ich bin froh, dich näher kennengelernt zu haben. Ich würde mich auch freuen, wenn wir Freunde bleiben könnten, aber gib mir etwas Zeit, okay?“
Ich kann ihn verstehen, dass er etwas Zeit für sich braucht und bin unglaublich erleichtert, dass er unserer Freundschaft eine Chance gibt. „Maik, nimm dir so viel Zeit, wie du brauchst. Ich warte einfach, bis du dich wieder bei mir meldest“, sage ich leicht lächelnd. Daraufhin verabschiedet sich Maik von mir und geht nach Hause. Ich bleibe alleine auf der Terrasse zurück. Ich genieße das schöne Wetter und versuche, meine Gedanken zu sortieren. Das was Maik über Sergej gesagt hat, geht mir nicht mehr aus dem Kopf.
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Mein neuer Stiefbruder boyxboy
RomanceAls Erik erfährt, dass seine Mutter einen neuen Freund hat und diesen sogar heiraten möchte, ist es der Beginn einer vorprogrammierten Katastrophe. Eigentlich freut sich Erik für seine Mutter, wäre da nicht eine gewisser neuer Stiefbruder, der für e...