15. Dezember

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Lucas POV

Mir wird unsanft die Decke weggezogen. "Lucas, steh auf!" Entgeistert sehe ich Mia an. "Alter, warum? Du kannst mich auch auf schönere Arten wecken." "Wir gehen jetzt Finn im Krankenhaus besuchen. Also los. Ich hab schon Frühstück gemacht." Stöhnend setzte ich mich auf. "Ist ja gut. Ich komme."

Als wir Finns Zimmer betreten, finden wir wirklich alle, die da sind, schlafend vor. Ich sehe zu Mia. "Siehst du. Die schlafen auch alle noch." Mia verdreht nur die Augen und macht die Tür zu. Nathan sieht, obwohl er schläft, total unentspannt aus. Der Arme. Das ist bestimmt gerade nicht einfach. Aber er war wohl offensichtlich nicht mal über Nacht alleine, denn in dem anderen Sessel liegt Brandon mit seinem Freund Nolan. Die beiden sind auch echt süß. Nolan ist aber auch wirklich nett und es freut mich echt für Brandon, dass er so glücklich mit ihm ist.

Nathan wacht als erster auf und sieht uns freudig überrascht an. Er nimmt erst Mia und dann mich in den Arm, bevor wir auf den Flur gehen, um die anderen nicht zu wecken. "Hey ihr beiden. Schön, dass ihr da seid." In dem Moment kommt Benny auf uns zugerannt. "Gut, dass ihr hier seid. Gina bekommt ihr Baby." Nathan ist der erste der reagiert. "Das ist doch toll, Benny. Du beruhigst dich jetzt erstmal und dann gehst du wieder zu deiner Frau." Benny nickt langsam und sieht uns dann lächelnd an. "Ich freu mich so. Ich melde mich bei euch, wenn das Baby da ist." Ich finde es immernoch faszinierend, dass die beiden sich wirklich dazu entschieden haben, sich das Geschlecht nicht sagen zu lassen. Ich hätte das gar nicht ausgehalten, nicht zu wissen, ob ich einen Sohn oder eine Tochter bekomme. Das ist jetzt auch schon wieder eine ganze Weile her. Jetzt wird mein ältester Sohn einfach selbst Vater und wenn ich an das Gespräch mit Alex letztens denke, dauert es bei ihm bestimmt auch nicht mehr so lange. Die Zeit vergeht einfach viel zu schnell.

Nathan scheint meinen etwas melancholischen Blick zu bemerken und sieht mich mit diesem typischen Nathan-Lächeln an. "Das macht einen ganz schön nachdenklich, wenn man plötzlich dann wirklich Großvater wird. Ich fand es damals auch seltsam. Man hat das Gefühl, die Kinder sind doch noch so jung und dann plötzlich, ehe man sich versieht, sind sie verheiratet und haben ein Kind." Ich nicke. "Das ist so seltsam. Ich fühle mich alt." Nathan lacht. "Lucas, ich will ja nichts sagen, aber so langsam wirst du tatsächlich alt." Ich boxe Nathan gegen den Arm. "Hey! Du bist genauso alt wie ich." Er grinst mich an. "Ich weiß. Das hat aber überhaupt nichts zu heißen. Kommt ihr mit in die Cafeteria? Ich hab echt Hunger."

Nolan und Brandon stoßen irgendwann zu uns. Ich bin mir nicht sicher, ob Nolan mich mag, oder ob ich ihn zu sehr verstört habe. Falls es so ist, lässt er es sich jedenfalls nicht anmerken. Alle sitzen schweigend am Tisch. Und das macht mich echt fertig. Ich mag es nicht, wenn keiner irgendwas erzählt. Ich glaube, Nolan geht es ähnlich. Als sich unsere Blicke treffen, gibt er mir das irgendwie zu verstehen. Ich räuspere mich. "Leute, ihr tut ja alle so, als wäre jemand gestorben. Ich hasse dieses Schweigen." Nolan nickt. "Ich auch. Also bitte, können wir über irgendwas reden?"

Die Entscheidung wird uns von meinem jüngsten Sohn angenommen, der jetzt ebenfalls zu uns kommt. "Hallöchen. Was ist denn hier für eine miese Stimmung? Ich dachte Onkel Finn geht's soweit ganz gut?" Nathan seufzt. "Ich weiß nicht. Ja, ihm geht's halt den Umständen entsprechend schon ganz gut, aber irgendwie...ich weiß nicht. Ich würde mir einfach wünschen, dass er Weihnachten zu Hause ist...aber das bezweifle ich in Anbetracht seines Zustandes sehr." Brandon sieht traurig zu Boden. "Was ist das denn dann bitte für ein Weihnachten?" Nolan sieht Brandon sanft an. "Hey, noch ist doch gar nichts entschieden. Weihnachten wird bestimmt toll." Nathan nickt langsam. "Da hat Nolan recht. In der Weihnachtszeit passieren doch immer wieder Wunder. Ich weiß auch nicht, warum ich gerade so pessimistisch gedacht habe." Mia sieht in die Runde. "Vielleicht solltet ihr mal aus dem Krankenhaus raus. Wie wär's mit einem Besuch auf dem Weihnachtsmarkt heute Abend?"

Da alle die Idee nicht schlecht fanden, haben wir uns abends, nachdem wir den Tag ansonsten mit Finn verbracht haben, also gemeinsam auf den Weg zum Weihnachtsmarkt gemacht. Ich bin gerade dabei, Nolan wieder Glühwein anzudrehen. "Komm schon. Eine Tasse. Davon ist man ja nicht betrunken." Er seufzt. "Na schön. Aber wirklich nur eine Tasse. Ich muss morgen arbeiten." Freudig klatsche ich in die Hände. Alex sieht mich kopfschüttelnd an. "Dass deine Leber noch in Takt ist, ist auch echt ein Wunder. Du musst nicht auch noch die Leber anderer so belasten." Ich ignoriere seinen Kommentar und stelle ihm ebenfalls einen Glühwein hin.

Aus dem einen Glühwein, den Nolan trinken wollte, sind irgendwie drei geworden und jetzt ist er sehr lustig drauf. Mein Sohn war schon nach einem Glühwein sehr angeheitert und hat mich damit kurz unsere Verwandschaft anzweifeln lassen. Mein anderer Sohn hat sich immernoch nicht gemeldet, also nehme ich mal stark an, dass das Baby noch nicht da ist. Mia und ich werfen ständig Blicke auf unsere Handys. Nathan, der mittlerweile auch auffällig rote Wangen hat, sieht uns grinsend an. "Ihr könnt es kaum erwarten, oder? Mensch, Lucas. Du wirst Großvater. Wir kennen uns schon so lange. Wow." Nathan wird fast immer sehr melancholisch wenn er angetrunken ist. Aber er hat ja recht. Wir kennen uns seit dem Kindergarten und diese Zeit liegt mittlerweile echt verdammt lange zurück. Auch die Tatsache, dass Nathan vor Finn schon verheiratet war, erscheint mir heute fast absurd. Es ist schon krass, wie sich alles so verändert hat. Es ist so viel passiert damals...aber mittlerweile hat sich eigentlich alles zum Guten gewendet.

Als ich Abends neben Mia im Bett liege, sieht sie mich glücklich an. "Wir werden Großeltern. Ist das nicht toll?" "Oh ja. Auch wenn wir vermutlich mitten in der Nacht geweckt werden." Lachend schlägt sie mir auf den Arm. "Das wirst du wohl in Kauf nehmen können." Grinsend sehe ich sie an. "Natürlich. Mia...ich liebe dich." Sie gibt mir einen Kuss. "Und ich liebe dich, Lucas. Schlaf gut." Ich ziehe sie in meine Arme. "Gute Nacht."

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