Da Jimin nichts Besseres einfiel, musste er schweigen und auch der andere sprach nicht mehr weiter. Sie saßen also eine Weile nur nebeneinander und waren beide in Gedanken versunken. Yoongi hatte Angst was der Jüngere jetzt von ihm denken würde, während dieser nur weiter nach einer nicht total unpassenden Antwort suchte. Obwohl ihm bewusst war, das Mitleid vermutlich das letzte war, was der Ältere jetzt bekommen wollte, verspürte er es dennoch. Aber nicht nur, weil Yoongis Situation so viel schwieriger wirkte, sondern auch weil Jimins dagegen so einfach wirkte. Er hatte nicht das Gefühl leiden zu dürfen und plötzlich waren es wieder Schuldgefühle, die Jimin quälten.
Doch er schluckte all diese negativen Emotionen herunter, mit dem Wissen, dass er sich spätestens, wenn er wieder alleine in seinem Zimmer damit beschäftigen müsste und sie dann wahrscheinlich doppelt so schwer sein würden und vierfach so sehr weh tun würden, wenn sie dann Jimin erdrückten. Dennoch entschied sich der Junge mit dem pfirsich-farbenden Haar jetzt bewusst dafür, um diesmal für den Älteren da zu sein. Allerdings wusste er immer noch nicht wie und aus Verzweiflung heraus, sagte er etwas, das nicht schlechter hätte ankommen können: „Ich hätte dir doch auch so etwas geben können." Und wie es nicht anders hätte kommen können, sprang Yoongi sofort auf: „Ich will keine Almosen, auch nicht von dir!" Der Ältere wendete sich ab und ging mit einer Geschwindigkeit vom Spielplatz, die man ihm gar nicht zugetraut hätte.
Aber vor allem ließ er Jimin zurück, der jetzt allein im Dunkeln saß und nur das verräterische Licht seiner Handytaschenlampe, machte die glitzernde Tränen, die dem Kleineren vereinzelt über die Wangen liefen sichtbar. Er hatte seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr geweint, auch wenn er das Bedürfnis danach hatte. Sie kamen einfach nicht. Doch plötzlich schon, wenn auch nur vereinzelt.
Als Jimin die Wohnungstür öffnete, war es im gesamten Apartment stockfinster und totenstill, was auf Jimins Lippen ein trauriges Lächeln bildete. Wieder war niemand da, der es bemerken könnte und ihn von seinem Vorhaben abhalten könnte. Nachdem er kurz das kleine Metallstück, das in Papier gewickelt war aus seinem Zimmer geholt hatte, tapste er auch schon mit leisen Schritten ins Badezimmer. Er nahm die mittlerweile schon viel zu gewohnte Haltung ein, angelehnt an der Badewanne. Schließlich packte er die Klinge aus dem Papier aus, um sich ein paar Sekunden danach die Haut aufzuschneiden. Er hatte es verdient, er war an so vielem Schuld. Nicht nur hatte er Yoongi verscheucht mit seinen furchtbaren Worten. Nein, er litt, obwohl Jimin doch ein so perfektes Leben hatte. Mit echten Freunden, einer lieben Familie, aber statt das wertzuschätzen versank er täglich in Selbstmitleid. An diesem Abend kamen noch fünf weitere Schnitte dazu, bevor der Junge endgültig die Wunden auf seinen Beinen trocknen ließ. Als er sicher war, dass das Blut jetzt keine Flecken mehr machen würde, zog er seine Hose hoch, untersuchte die Fliesen auf Flecken. Da kein einziger roter Spritzer zu sehen war und er das in Rot getränkte Klopapier bereits herunter gespült hatte, verließ er nun das Bad. Seine Klinge wieder eingepackt in der hinteren Hosentasche, wenig später landete sie wieder in der Schultasche. Da Jimin keine Energie mehr hatte, so fertig war er von den hasserfüllten Gedanken und immer noch in der Dunkelheit gefangen war, wechselte er nicht einmal mehr seine Jeans. Stattdessen legte er sich direkt in sein Bett. Er nahm nichts war, außer diese Leere und Erschöpfung, was ihm diesmal beim Einschlafen half. Dennoch hätte Jimin auf die Dunkelheit verzichten können.
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Feeling guilty || YOONMIN
Fanfiction"Ich fühl mich schuldig." "Wieso denn?" "Weil ich leide." --- boyxboy Diese Geschichte beschäftigt sich unter anderem mit psychischen Erkrankungen, wie z.B. Depressionen und themmatisiert Selbstverletzendes Verhalten und andere schwerwiegende Proble...