Chay zu finden, gestaltete sich leichter als bei Aufbruch aus dem Hauptquartier der Jäger gedacht. Dank Sam entkamen wir unserem Gefängnis unentdeckt und im Wald fühlten wir uns wie zu Hause, brauchten also nicht lange überlegen, wo wir unsere Suche beginnen sollten: Wir mussten nur der Spur aus Verwüstung folgen, die sowohl das andere Rudel als auch die Jäger auf ihren Bikes hinterlassen hatten.
Mein Vater führte uns an, nachdem er Raphael dazu überreden konnte, meine Mutter in Sicherheit zu bringen und dann zu uns zu stoßen. Auch wenn mein großer Bruder uns nur widerwillig verließ, wusste er, wie wichtig es war, unsere geschwächte Mutter zu beschützen und nahm diese Verantwortung ernst.
Wir wiederum nahmen unsere Aufgabe ernst. Als Wölfe verfolgten wir die Fährte der Fremden und bald darauf erklangen die ersten Rufe kämpfender Menschen. Das Knurren der Wölfe donnerte wie ein Gewitter zwischen den eng stehenden Bäumen hindurch zu uns, während Schüsse fielen. Dann wurde es plötzlich still und mein Vater stoppte uns.
Die Jäger sind tot, hörte ich seine Stimme in meinem Kopf und folgte seinem Blick, der zu Sam schweifte. Was wird er tun, wenn er seine Leute abgeschlachtet vorfindet?
Er wird sich nicht gegen uns stellen, wenn du das behaupten willst. Sam hat kapiert, wer Feind und wer Freund ist.
Mit dieser Antwort schien sich mein Vater zufrieden zu geben, jedenfalls sah er wieder auf und schlich voran. Ich setzte mich etwas von ihm ab, um die Gruppe aus Wölfen von zwei Seiten anzupeilen. Wir würden sie nicht angreifen können, aber das Überraschungsmoment könnte uns zugutekommen.
Auf einmal preschte mein Vater aus seinem Versteck hervor. Sein Knurren übertönte alles und selbst ich erschauderte, als er sich vor den fremden Werwölfen aufbaute. Die Zähne zeigend schaute er jeden einzelnen von ihnen an. Sie wiederum duckten sich knurrend und wichen zurück. Etwas chaotisch wirkte es, vor allem ab dem Moment, in dem ich dazu stieß.
Ich kann Chay nicht sehen, bemerkte ich und blickte weiter in ihre Gesichter. Einigen von ihnen klebte noch das Blut an den Mäulern.
Er ist hier. Mein Vater stellte sich breitbeinig vor mich.
Hinter uns raschelte es. Ich brauchte nicht nachsehen, wusste ich doch, dass es Sam war. Wenigstens hielt er sich bedeckt, selbst bei dem Anblick der drei Toten vor uns. Er hatte zwar eine Schusswaffe mitgenommen, würde sie aber – soweit ich ihn einschätzte – nicht benutzen.
Ich verlagerte mein Gewicht von links nach rechts, spürte mein Herz in der Brust schlagen und knirschte mit den Zähnen. Wo versteckte sich dieser Mistkerl? Wir konnten keine Zeit verlieren, mussten ihn aufhalten, bevor er noch mehr Menschen umbrachte.
Blitzschnell platze ein aschfahler Wolf aus der Menge der Übrigen heraus und riss meinen Vater zur Seite, konnte ihn nicht umreißen. Stattdessen verbiss sich der Angreifer in dem pechschwarzen Fell. Meinem Vater entkam kein Mucks. Mit einem Satz nach vorn, warf er sich auf den Rücken und erdrückte damit den anderen Werwolf, doch das reichte nicht aus. Sie wälzten sich auf dem Boden hin und her. Keiner von dem Umstehenden erkannte, wer die Oberhand behielt und das obwohl mein Vater dem anderen körperlich weit überlegen sein sollte.
Chay. Der aschfahle Wolf, der gegen meinen Vater kämpfte, war Chay. Ich schluckte schwer, beachtete die anderen Wölfe, die sich allmählich um mich versammelten, nicht weiter und beobachtete den Kampf vor mir. Dieser Alpha hielt sich also nicht an die Regeln unserer Ahnen und damit nicht genug, jetzt hatte ich auch noch meinen Vater in Gefahr gebracht.
Ich wollte ihm helfen, aber zwei Rudelmitglieder stellten sich mir in den Weg. Ehe ihnen zeigen konnte, was ich von ihren Drohungen hielt, wurden sie regelrecht von ihren Beinen gefegt. Ich blinzelte den Staub, der aufgewirbelt worden war, aus meinen Augen und verschluckte mich dann beinahe an der Luft, die ich hastig einatmete.
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between Fangs
WerewolfMina hat ein Geheimnis: Sie ist ein Werwolf. Genau wie ihre Brüder und ihre Eltern. Lange waren sie auf der Flucht vor den Werwolfjägern, haben endlich eine halbwegs ruhige Kleinstadt gefunden, in der sie sich niederlassen konnten. Doch das Glück st...