Das Licht war verschwunden. Aber die Erinnerung blieb.
Ben war wieder formlos, was er schon die ganze Zeit war, er bildete es sich nur ein. Doch tatsächlich saß er noch in dieser Dunkelheit. Aber er atmete nun ruhig, seine Hände zitterten nicht mehr, schon lange nicht mehr. Und er fühlte etwas. Er fühlte aufkommende Erinnerungen, weitere Erinnerungen, Sachen die er nie vergessen, aber verdrängt hatte, eine lange Zeit. Schleier werden sich jetzt öffnen, basierend auf dieser einen Erinnerung , dieser einen Erinnerung die er gesehen hatte, mitgefühlt, miterlebt hatte, die zuvor nicht ihm gehörte, ihm neu war, aber jetzt ein Teil von ihm sein wird. Und die Macht. Er konnte sie wieder nutzen, er hatte seinen Weg zurück zu ihr gefunden. Er fühlte sich nicht mehr so hilflos, nicht mehr so allein, allein in der Dunkelheit. Er konnte sein Herz wieder fühlen, denn es war wärmer, wärmer als zuvor, ein Gefühl was er lange Zeit nicht mehr hatte und er wusste, wusste dass sein Herz nicht wirklich schlug, aber er vergaß diesen Fakt, vergaß dass er grad nur ein taubes Echo war, denn er fühlte, er fühlte wieder so viel.
Doch er fühlte einmal viel mehr, er fühlte einmal mehr, noch mehr in seinem Herzen, ein Gefühl was alle anderen übertraf, ein Gefühl was er zuvor noch nie so gespürt hatte, noch nie in dieser Intensität, in dieser rohen Macht. Es war vor garnicht so langer Zeit, aber wieder war es nur ein Echo, das wusste Ben. Er wusste was es war, aber er konnte sich nicht erinnern und dieser Fakt machte ihn verrückt. Der Inhalt dieses Schleiers war der Wichtigste, der Wichtigste von allen und die Erinnerung war da, doch der Schleier umfing sie, hüllte sie ein, dieser eine Schleier war am Weitesten von ihm entfernt... und Ben war frustriert.
Die Dunkelheit war nicht mehr erdrückend, die Schleier schlugen nur sanfte Wellen, er musste sie nur noch lüften und irgendwann, irgendwann würden sie alle verschwunden sein, bis zu diesem Letzten.Ben machte einen Schritt, einen Schritt in die Dunkelheit hinein oder heraus, das konnte er nicht sagen. Doch er streckte seinen Arm nach einem weiteren Schleier aus, den nächsten Schleier. Der Schleier flatterte sanft und still im Wind, dabei gab es keinen Wind. Er berührte ihn leicht mit seinen schwielenlosen Fingerkuppen, gleitete darüber, der Schleier, der Schleier löste sich langsam auf, gab seinen Inhalt frei und Ben, Ben erinnerte sich weiter.
Er war ein kleiner Junge, ein Kleinkind, kaum zwei Jahre alt. Er befand sich auf Chandrila, in dem damaligen Apartment seiner Eltern. Er saß in einem Zimmer und spielte, er spielte mit Klötzen. Stets beobachtet von einem wachsamen Droiden. Er ahmte Raumschiffgeräusche nach und warf seine zuvor aufgebauten Türmchen mit diesem Geräusch immer wieder um. Im Türrahmen stand sein Vater. Sein Vater? Sein Gesicht, ja auch dieses Gesicht war Ben wieder bekannt. Wieder füllte sich seine Brust voller Glück. Han, sein Vater schaute lächelnd auf seinen Sohn hinab, dieser bemerkte ihn nicht. Denn Solo Junior war vertieft, vertieft darin eine Geschichte nachzuspielen, die ihn sein Vater einst erzählte. Dabei war es egal welche, irgendeine, denn Zweijährige können sich nicht alles merken. Aber es war eine seines Vaters, bestimmt. Han räusperte sich in der Tür, der Droide hatte natürlich um seine Anwesenheit gewusst, aber zuvor nicht reagiert, da seine Programmierung unter anderem vorsah auf Ben aufzupassen, kein Auge von ihm zu lassen. Doch genau dieser schreckte jetzt auf, hörte auf mit dem Blubbergeräuschen und starrte seinen Vater an. Er blinzelte einmal, zweimal und sein Gesicht erhellte sich, er quietschte vor Freude auf. Ben konnte diese Freude deutlich spüren, es war dieses Mal eine direkte Erinnerung von ihm, auch wenn er bezweifelte dass ihm die Macht nicht auch hier wieder half, denn wie gut merkte sich ein zwei Jahre altes Kind schon eine normale Situation, die nicht lebensnotwendig war. Jedenfalls, sich wieder so gut und klar an etwas zu erinnern, bei dem man selber noch so jung war, dies konnte man nur mithilfe der Macht. Dieser wunderbar mystischen Macht. Und Ben freute sich trotzdem, freute sich unheimlich über diesen Anblick seiner Vergangenheit.
Der kleine Ben sprang auf, stolperte fast über ein paar Klötzchen und lief auf seinen Vater zu, dieser bereits für ihn etwas in die Knie gegangen war, und hüpfte in seine ausgestreckten Arme. Han Solo drehte sich grinsend mit seinen Sohn im Arm im Kreis, sodass dieser noch mehr quietschte. Die beiden verließen den Raum und die Erinnerung veränderte sich.
Der kleine Ben lag schlafend neben seinem Vater in einem Bett. Weiter. Ein kleiner Ben lag weinend in Hans Armen, der ihn zu trösten versuchte. Weiter. Der kleine Ben saß allein in einem Raum und ließ einige Gegenstände um ihn herum willkürlich schweben. Weiter. Han schaute besorgt aber auch lächelnd auf klein Ben hinab, der endlich schlief. Weiter. Der kleine Ben saß auf dem Schoß seiner Mutter, vor ihm ein Hologramm seines Vaters, er konnte Hologramme noch nicht von der Wirklichkeit unterscheiden, deshalb versuchte er seinen Vater zu berühren und machte große Augen, als seine Fingerchen durch die blau leuchtende Projektion hindurchglitten. Kurz darauf fing er an zu weinen.Ben war verdutzt, er erinnerte sich schneller an mehr Ereignisse und deshalb konnte er nicht mehr auf jede einzelne Erinnerung analytisch eingehen, sie wurden ausschnitthafter, aber es war nicht schlimm, nein, er konnte sich erinnern an alles Gesehene erinnern, wenn er wollte. Und er freute sich über jede Einzelne.
Er liebte seinen Vater, er liebte seinen Vater von ganzem Herzen. Und sein Vater liebte ihn. Dies hatte er vor noch nicht allzu langer Zeit realisiert, vielleicht realisierte er es jetzt erst wirklich richtig, da er jetzt die Zeit und Ruhe zum Nachdenken hatte. Sein Vater war nie bereit. Nie bereit ein Vater zu sein. Er dachte immer er mache alles falsch, immer. Und irgendwann bestätigte sich etwas, etwas was er falsch gemacht hatte und er gab Ben auf, vielleicht gab er auch mehr sich selber auf. Ben war niedergeschlagen, er wusste noch nicht wieso er ihn aufgegeben hatte oder würde und deswegen war er auch traurig, sehr traurig und bedrückt, denn er wusste irgendetwas, irgendetwas würde passieren, etwas Schlimmes, in der Zukunft der Beiden, in der Zukunft aller. Gerade hatte er noch mitgelächelt, mitgelächelt bei diesen Szenen voller Glück, er hatte Liebe gespürt, rohe reale Liebe. Egal wie unvorbereitet Han sich in seiner Vaterrolle fühlte, er liebte seinen Sohn, er liebte ihn. Und das wusste Ben, jetzt, vielleicht wusste er es schoneinmal, aber er hatte es einmal vergessen, als er allein war, allein in der Dunkelheit, einmal, zuvor.
Ben schüttelte den Kopf und atmete wieder durch. Er schaute wieder auf einen sanft wabernden Schleier, ein anderer Schleier als der zuvor, der voherige war nämlich verschwunden. Wo war seine Mutter in diesen Erinnerungen? Sie war definitiv da, in seinem frühen Leben. Nur nicht so oft wie sein Vater. Beide waren oft nicht da, der Droide hat die meiste Zeit auf ihn aufgepasst, das wusste Ben. Leia, Leia hatte eine neue Regierung geformt, mitgeformt, eine neue Regierung nach dem Imperium, die neue Republik. Sie hatte viel zutun, so unbeschreiblich viel. Und Han? Han wollte nach der letzten Schlacht, nach dem letzten Krieg kein General mehr sein, er hasste Anzüge, das wusste Ben, das wusste Ben wieder. Aber auch seiner neuen Arbeit bei der neuen Republik konnte er nach einiger Zeit nicht mehr viel abgewinnen, er sehnte sich immer nach seiner Freiheit, seiner Freiheit als Schmuggler, seiner Freiheit als Pilot. Und nun verstand Ben ihn, vielleicht hatte er ihn zuvor nie verstanden, doch jetzt, jetzt tat er es, denn er wusste dass er seine Mutter und ihn geliebt hatte, bis zuletzt. Zuletzt? Ein weiterer Schleier, der seinen Inhalt noch nicht preisgeben würde.
Der kleine Ben vermisste seine Eltern oft, er weinte deswegen viel, daran erinnerte sich Ben. Er war überrascht wie viel er als Zweijähriger doch schon gefühlt hatte, er konnte sich zuvor nie daran erinnern. Doch jetzt, jetzt war dies ein weiterer Teil von ihm.
Hatte er vorhin Imperium gedacht? Und Krieg? Ja. Er glaubte schon. Eine weitere Geschichte die ihm jemand erzählt hatte, über die er viel gelernt hatte, sie fand kurz vor seiner Geburt ein Ende. Jedenfalls diese eine Geschichte. Die Geschichte der Glalxis würde weitergehen, geht vermutlich immernoch weiter. Während seiner Kindheit hatte sich die Galaxis erholt, wiederaufgebaut. Doch Ben ahnte, nein wusste, er wusste dass der Frieden nur temporär war. Dunkelheit, Dunkelheit würde kommen.Ben machte plötzlich einen weiteren Gedankensprung, einen Gedankensprung zurück, die Geschichten, die sein Vater ihm erzählte, immer wenn er nicht einschlafen konnte, diese handelten hauptsächlich von seinem Vater selbst, seinem Vater und seinen Abenteuern. Ben musste innerlich etwas schmunzeln, ja das sah seinem Vater ähnlich. Und er glaubte sich erinnern zu können, glaubte sich zu erinnern genau so gewesen zu sein, dass er im Grunde immernoch so war wie er, wie sein Vater, wieder. Und von diesen Geschichten, diesen Abenteuern, davon gab es viele, wie viele davon, wusste Ben nicht mehr, aber er grinste, grinste über diese Tatsache und schloss seine Augen, schloss seine Augen für diesen weiteren Moment.

DU LIEST GERADE
Ben Solo: Aftermath
RomanceEin Zweiklang, eine Verbindung der Macht selbst, die seit Generationen schon nicht mehr gesehen wurde. Die gleiche Lebensmacht, ein tiefer Bund dessen Ausmaß niemand wirklich begreifen kann. Die lebende Macht, ein ständig fließender Strom der sich...