Kapitel 29

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Ich betrachtete ihn nun, aber er mich nicht. Wenn ich von dieser Erde gehen sollte, dann mit seinem Gesicht, als das letzte was ich sehe um es mir genau einzuprägen. Sein Blick war zunächst starr und plötzlich wechselte es sich dann in Sekundenschnelle. Wieder griff er nach dem Schalthebel und legte den Rückwärtsgang ein. Er musste das Gaspedal vollkommen durchgedrückt haben, denn mit einem Satz sprang das Auto nach hinten und wir fuhren mit einer gefährlichen Geschwindigkeit rückwärts. Ich schloss meine Augen, denn ich hatte eher mit einem heftigen zusammenprall gerechnet. Es war mehr als bloß leichtsinnig, auf dieser Straße mit solch einer Geschwindigkeit rückwärts zu fahren, aber bedenkt man das auf uns zurasende Auto vor uns, so hatten wir keine andere Möglichkeit. Innerlich wartete ich nur, dass ein lauter Schall ertönt und dieser Horror ein Ende findet. Ich öffnete meine Augen und sah wie das Auto vor uns plötzlich auf die Nebenspur wechselte. Hatten wir es geschafft? Sie würden an uns vorbei fahren.. dachte ich zumindest, denn es fuhr nun noch schneller, an uns vorbei und bremste hinter uns ab, so dass Emre abrupt stehen blieb, um nicht in das Auto hinein zu fahren. Wutgeladen stieg er aus und im Rückspiegel sah ich, wie auch die beiden Männer sich aus ihrem Wagen bewegten. Konnte es denn kein Ende finden? Obwohl ich Angst hatte, überwiegte meine Sorge um Emre dem und verleitete mich dazu ebenfalls aus dem Auto zu steigen. Kaum hatte ich einige Schritte gesetzt, sah ich, wie Emre den jüngeren der beiden, dessen Name Tarik war, schubste um ihm danach eine ausgeholte Faust ins Gesicht zu verabreichen. Als wären wir hier in einem schlechten Action-Film, lehnte sich der ältere Mann (Hassan) an das Auto und schaute den beiden amüsiert zu. Ich hatte keine Kraft mehr, dass war viel zu viel für meine Nerven. Ich hätte schreien wollen, aber kein Ton entwich mir. So ausgelaugt und entleert, dass ich nicht mal ein leises Wimmern von mir geben konnte, außer dem Mann, der mein Herz erobert hatte, zu zusehen, wie er sich mit jemandem schlägt.



-Emres Sicht-

Das ich nach all den Jahren so leicht aufgeben würde und sie vor meiner Nase entkommen lassen würde, wäre ein Witz. Wäre durch ein Unfall Ceylan etwas zugestoßen, hätte ich keinen der beiden auch nur eine Sekunde länger am Leben gelassen und in Stücke gerissen und dafür wäre mir ein Leben hinter Gittern mehr als recht. Adrenalin, Wut und Hass häuften sich in mir.

Hassan: YETER! (Reicht)

Völlig irritiert schaute Tarik nun zu ihm, damit hatte er wohl nicht gerechnet. Ein hinterlistiges Grinsen bildete sich auf Tariks Lippen und er setzte langsame Schritte zurück. Was hatte dieser Irrer vor? Er steuerte auf die Beifahrertür seines Wagens zu und ich wusste genau, dass dieser kranke Typ etwas vor hatte. Ich schaute kurz nach hinten um zu sehen, wie es Ceylan gerade geht. Das hätte ich nicht tun sollen, denn ihr Anblick verursachte ein Stechen in meinem inneren. Sie sah so blass und entkräftet aus. So viel wie sie heute geweint hatte, abgesehen vom Friedhof, waren diese Tränen meine Schuld. Sie sah mich an, aber dann gleitete ihr Blick an mir vorbei und ihre Augen weiteten sich plötzlich.

Ceylan: EMRE!

Auch mein Blick fuhr nun in die Richtung, in die sie sah und für eine Sekunde setzte mein Herz aus, als ich den tötenden Gegenstand in der Hand von Tarik sah.

Tarik: Dogru ya.. yeter! (Stimmt.. es reicht)

Der Revolver baumelte in seiner Hand und zeigte mit der Spitze auf den Boden. Dieser Tag war der reinste Horror. Immer wenn ich dachte, es könnte nicht schlimmer werden, passierte etwas, dass alles übertraf.

Hassan: Tarik!

Obwohl es ziemlich auffordernd klang, schenkte Tarik Hassan keine Beachtung. Ich kam mir vor wie in einem schlechten Film. Ein drittklassiger Action-Thriller von einem psychopathischen Regisseur. Was wohl noch geschehen wird? Tarik näherte sich mir, wobei er die Position des Revolvers, zu meinem Wohl, nicht veränderte. Sie zeigte immer noch nach unten. Ob der überhaupt geladen war? Auf diese Frage konnte ich es nicht drauf ankommen lassen, denn die höllische Autofahrt war bereits Trauma genug für Ceylan. Und gerade wo ich wiedermal an sie dachte, spürte ich eine Hand an meinem linken Arm. Ich brauchte mich nicht umzudrehen, denn ich wusste, dass sie es war. Dennoch widmete ich ihr einen schnellen Blick, in der Sekunde, in der sie meinen Arm noch mehr umfasste und mich zurück zog. Sie hatte meinen Arm so fest umklammert und an sich gedrückt, dass ich am Oberarm das pochen ihres Herzens spüren konnte. Sie musste fürchterliche Angst haben. Ihre Berührungen entzogen mich der Gegenwart und ließen mich Tarik keine Beachtung schenken. Wieder schaute ich nach vorne und nahm meinen Blick von diesem wundervollem Geschöpf neben mir.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 23, 2014 ⏰

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