28 Das kann ich nicht!

2.5K 188 39
                                    


// WARNUNG: SEHR viel Gewalt bzw. die Beschreibung von Wunden/Verletzungen etc. 12+ at least pls!! // 

Der Kräftecheck ist dass, was ich am Tag am interessantesten finde. 
So bekomme ich einen Überblick über meine Entwicklungen und muss mich nicht überanstrengen, sowie beim Trainieren. 

Aber als ich mich heute in die Schlange einreihe und darauf warte dass man mich in den Raum bestellt habe ich ein seltsames Gefühl im Bauch. 
So als würde etwas schlimmes bevorstehen. 
Auch die Blicke von denen, die den Raum verlassen, wirken verstört und ängstlich und mit jeder Zahl die hinein gerufen wird, schlägt mein Herz schneller. 
Wade ist vor mir dran und die Minuten die er im Raum verbringt ziehen sich qualvoll in die Länge.
Schließlich springt die Tür aber doch auf. 
In seinen Augen glitzern Tränen als er seine Handschellen wieder angelegt bekommt und eine Wache ihn an uns vorbei führt. 
Als er gleich neben mir ist, bleibt er stehen und sieht mich von der Seite an. 
"Weiter gehen 33!" kommandiert der Wachmann. 
"Hell, bitte geh da nicht rein" flüstert er. 
"Geh schon!" der Mann stößt ihn weiter. 
"Geh nicht! Hell! Geh nicht!" das ist es was ich noch höre bevor er in seine Zelle geschleppt wird. 

"34! Vortreten!" 
Ich schlucke heftig. Schließlich habe ich ja doch keine Wahl. 
Mit zitternden Beinen trete ich nach vorne. Man nimmt mir die Handschellen ab und ich betrete den Raum. 


Auf den ersten Blickt wirkt alles normal. 
Die Ärzte, die Wagen, die Messgeräte. Es ist alles an seinem richtigen Platz. 
"34, heute wird es ein wenig anders laufen" erklärt einer von ihnen. 
"Wir testen dich sowohl auf deine Kräfte -sowie immer- als auch auf deine Schlag sowie Tritt-kraft. Verstehst du?" 
Ich nicke. 
"Damit werden wir gleich anfangen. Folge mir bitte" 
Der Mann  tritt auf eine weitere Tür zu, die in ein Hinterzimmer führt. Vorher habe ich mich immer gefragt, welchen Nutze sie wohl haben mag, aber jetzt will ich es nicht mehr wirklich wissen. 
Er holt einen Schlüssel aus seiner Tasche und schließt die vielen Schlösser alle einzeln auf, bevor er sich öffnen kann. 
Sobald er sie auf stößt liegt ein Wimmern in meinen Ohren. Eines, welches definitiv menschlichen Ursprungs ist. 
Und als ich das Zimmer betrete bleibt mir das Herz stehen.

Die Wände sind in einem grellen weiß gestrichen und es gibt keine weiteren Möbelstücke, bis auf einen Stuhl aus Eisen, welcher ziemlich genau in der Mitte des Raumes steht. 
Auf ihm sitzt etwas, welches kaum noch menschlich aussieht in sich zusammen gekauert. 
Ihr Kopf ist gesenkt und ihre Haare fallen ihr ins Gesicht und doch erkenne ich sie sofort. 
Die verkrüppelte Gestalt die dort sitzt ist Wanda. 
Ich schnappe nach Luft, als sie zu mir hinauf schaut. 
Beide ihrer Augen sind angeschwollen und treten aus ihrem Schädel hervor. 
Ihre Lippen sind kaum noch zu erkennen, eingeschlagen und blutig. 
Auch der Rest ihres Gesichts ist über und über mit kleinen Wunden, Blutergüssen und blauen Flecken bedeckt. 
Ihre Arme sind ihr hinterm Rücken zusammen gebunden und der Verband den sie über die Verbrennung gebunden hatte fällt beinahe zu Boden und bedeckt die brutale Verletzung so gut wie gar nicht. 
Über ihre Lippen kommt ein leiser Ton, aber ich kann unmöglich verstehen was sie sagt. 
Aus ihren angeschwollenen Augen fließen kleine Tränen und nässen ihre aufgeschrammten Wangen. 
"Wanda" ich spreche eben so leise wie sie es getan hat und kippe fast hinten über als sie zu mir aufschaut. 
Ich kann die Angst und den Schmerz in ihren Augen sehen. 

"Ich denke ich muss dir nicht mehr viel erklären oder?" fragt der Arzt und lächelt ein so abartiges Lächeln dass ich ihm am liebsten auf den Laborboden gekotzt hätte. 
Warum auch nicht? 
Das was hier passiert ist so unmenschlich und widerlich dass es mich umzubringen droht. 
"Zeigen sie ihre stärke 34!" er zückt Papier und Stift und tritt einen Schritt zur Seite. 
Ich weiß was er von mir erwartet. Ich weiß es ganz genau. 
Der Mann will, dass ich Wanda schlage. Dass ich sie so zurichte, wie es schon 33 Menschen vor mir getan haben. 
Mir wird schlecht bei dem Gedanken dass Wade einen Teil dazu beigetragen hat, wie sie jetzt aussieht. 
"Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit 34! Darf ich sie also darum bitten, sich zu beeilen?" 
Ich balle die Fäuste.
"Sehr gut" der Mann nickt mir zu. 
Ich richte meinen Blick auf mein Ziel. Wanda. 
Es ist nicht gut zu erkennen aber ich sehe es. Ich sehe wie sie mich ansieht. 
Ich spüre ihre grünen Augen auf mir und meiner Körperhaltung. 
Und ich erkenne die panische Angst in ihrem Blick. 
Einen Augenblick lang schließe ich die Augen und versuche das scheußliche Bild aus meinem Kopf zu verbannen. Aber ich kann nicht, denn es hat sich dort für immer festgesetzt. 
Schließlich hole ich aus, will es einfach nur hinter mich bringen. 
Ich ziele und schlage zu.

Meine Faust kollidiert mit dem steinernen Boden des Raumes und ich Schreie auf. 
"Gibt es ein Problem?" der Doktor sieht mich fragend und ungeduldig an. 
"Das kann ich nicht" flüstere ich. 
"Sprich lauter" 
"Das kann ich nicht!" es ist ein Aufschrei, der im gesamten Raum wiederhallt. 
"Nun wenn das so ist" er legt den Kopf schief. "Wird es ihnen sicher leicht fallen den Platz von 94 einzunehmen, nicht wahr?" 
Ich zucke zusammen, schließlich hätte ich es mir denken können. 
Mein Blick wandert zu Wanda. Ihre Schultern zucken und sie schluchzt leise. 
Sie kann es unmöglich überleben. Zu viele Schläge hat sie jetzt schon eingesteckt und zu lange wird sie schon in dieser Hölle gefangen gehalten und gefoltert.
Aber ich kann es. 
Ob ich mir da wirklich so sicher bin weiß ich nicht. Aber ich muss es versuchen. 
Ich muss einfach. 

"Ja" sage ich. 
Der Mann gluckst amüsiert vor sich hin, bevor er zwei Wachen ruft, die Wanda los binden. 
Mir fällt ein Stein vom Herzen als sie sie aus dem Stuhl heben, in dem sie hätte sterben sollen.
Als die Männer sie an mir vorbei tragen schaut sie mich noch an. 
Ich sehe die tausend Fragen die ihr durch den Kopf gehen. 

"Wenn du stirbst sterbe ich auch" hauche ich, so unfassbar leise dass sie es unmöglich gehört haben kann. 
Ich weiß ja nicht einmal ob es stimmt. 
Obwohl. 
Doch dass tue ich. 
Denn in dem Moment, in dem der Mann mich an den Stuhl fesselt und die Handschellen unter meine Hat schneiden ist es Wanda die ich sehe.
Wanda. Das schönste Mädchen der Welt. Mit dem schönsten Körper der Welt. 
Nie habe ich gemerkt wie sehr mir die Aktivisten bedeutet hat und dass sie, schon damals, mehr für mich war als nur ein Vorbild. 
Dass ich nicht nur wegen ihrer Einstellung so sehr zu ihr hinauf geblickt habe und dass ich mehr war als nur eine Person die hinter ihr stand. 
Vielleicht habe ich auch gedacht, dass Herzklopfen welches mich immer dann überkam wenn ich sie vor all den Jahren an der Spitze einer Demonstration sah sei normal. 
Aber eines kann ich mich Sicherheit sagen: Schon damals war ich in das Mädchen mit dem Haar so rot wie Feuer verliebt. 
Und jetzt habe ich ihr Leben gerettet. 
Gut möglich dass es mich mein eigenes kosten wird. 

Aber ich bin bereit den Preis zu zahlen. 
Für sie. 

wanda II die for youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt