09 Dunkelheit

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Dunkelheit. 
Das war es, was mich in meinem neuen Leben willkommen hieß: 
Absolute, stockfinstere Dunkelheit. 

Ich versuche verzweifelt etwas in der Dunkelheit vor mir zu erkennen, aber da ist nichts.
Nichts außer der Schwärze vor meinen Augen. 
Vorsichtig taste ich mit den Fingern nach etwas, was ich greifen kann, an dem ich mich entlang tasten kann. 
An meinem Rücken kann ich rechts und links kalten Stein spüren. 
Offensichtlich sitze ich in einer Ecke. 
Die Wände sind feucht und stinken nach einem undefinierbaren Geruch, welcher sich in meinen Kopf beißt. 

Nicht ein Geräusch war zu hören. 
Es herrschte absolute Stille. 
Alle Ängste die ich je hatte sind hier vereint und lassen mich klein werden. 
Fressen mich lebendig. 
Am liebsten würde ich schreien, aber mein Hals ist wie zugeschnürt und  nicht ein Ton kommt über meine Lippen. 
Was war mit mir passiert? Ich kann mich an nichts deutliches erinnern.
Die letzten Tage sind praktisch wie ausradiert. 
Ich war auf einer Demo. Schüsse. Tote. Tess und Nicky sind weg. Panik. 
Dann die graue Wand vor mir. War ich im Gefängnis? 
Roter Totenschädel. Heil Hydra. Schmerz. Schwarz. 

Ich kann es mir nicht erklären: Ich weiß wer ich bin. Wer meine Freunde sind. 
Ich kann einfache Fakten nennen: 1+1 ist 2. Die Erde ist rund. 
Ich bin ein Mensch. 
Nur die letzten Tage wirken so, als hätte man einen Schleier über sie gelegt. Da ist nichts was ich mit hundert prozentiger Genauigkeit sagen kann. 
Also atme ich. Immer wieder. Ein und aus. 

Das wiederhole ich so lange, bis mein Atem sich beruhigt hat. 
Die Panik verfliegt langsam. 
Sobald sie weg ist, versuche ich mich an etwas klares zu erinnern und aus den Gedankenfetzen eine chronologische Reihenfolge zu formen. 
Aber wie sehr ich es auch versuche, die vielen Teile passen nie richtig zusammen, egal wie man sie auch legt und schließlich gebe ich es auf. 

Ich überlege einen Moment: Was kann ich mit absoluter Sicherheit über mich sagen? 

Mein Name ist Helena. Meine Freunde nennen mich Hell. 
Ich bin sechszehn Jahre alt und komme aus Sokovia.
 

Der Gedanke macht mich stark. 
Lässt all die Verwirrung und die Angst verschwinden. 
Also denke ich ihn wieder, und wieder, und wieder. 
Bis ich schließlich einschlafe. 

wanda II die for youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt