(28) Abwarten

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Amy POV

Den restlichen Nachmittag und den Abend verbrachte ich mit Jo und Mia. Jared und ich hatten das letzte Wochenende wirklich gut vorgearbeitet und auch sämtliche Vorsichtsmaßnahmen waren bereits getroffen, sodass ich Zeit hatte. Mia und mein Bruder waren wirklich süß zusammen.

Arsch auf Eimer.
Danke, Lia. Das Bild bekomme ich jetzt nicht mehr aus dem Kopf.
Was meinst du, ist Jo der Arsch oder der Eimer?
Boah, Lia! Das will ich nicht in meinem Kopf haben.
Schade. Wäre schon ein cooler Gedanke.
Nein!

Wir redeten viel und über alles und dass dabei Mia dabei war, störte mich überhaupt nicht. Es war, als wäre sie schon immer dabei gewesen und gehörte jetzt einfach zu Jo. Gegen Abend hatte Mia für uns alle gekocht. Ich musste zugeben, sie war eine begnadete Köchin. Es gab den besten Braten mit Rotkohl und Klößen, den ich je gegessen hatte. Und damit war es noch nicht beendet. Mia hatte als Nachtisch ein selbstgemachtes Schokoküchlein mit flüssigem Kern gemacht. Ich sage nur Wahnsinn!
„Mia, wärst du nicht die Mate meines Bruders, würde ich sofort lesbisch werden und dich heiraten!", entwich es mir, wobei ich mich zurücklehnte und meinen überfüllten Bauch hielt.
„Lass das nicht deinen Mate hören", lachte Mia, „besonders nicht, dass du so schnell zu haben bist, wo er doch hier ist."
„Ach, das ist doch was anderes", grinste ich sie an.
„Jo wäre damals auch unter die Decke gegangen, wenn er von mir so etwas einem anderen gegenüber auch nur erwähnen hörte", Mia ergriff Jo's Hand und strahlte ihn an.
„Ich wäre nicht nur damals an die Decke gegangen. Das würde ich auch heute noch mit vergnügen machen", lachte Jo und gab Mia im Aufstehen einen Kuss auf den Scheitel.
„Wisst ihr, dass ihr auf andere wie ein altes Ehepaar wirkt und nicht wie zwei junge, noch fast pubertierende Personen?", musste ich sie einfach fragen.
„Warte du nur ab, wenn du es mit Jared angehst, wirst du ganz schnelle genauso. Bei Wölfen ist das keine frische, jugendliche Liebe. Jeder weiß, dass es für ewig ist und dann wird man plötzlich ganz erwachsen", Jo guckte mich an.
„Du erwachsen?", fragte ich entsetzt und Mia lachte mit mir.
„Vielleicht nicht im Leben, aber in der Liebe", grinste Mia, während sie Jo mit den Augen beim Aufräumen verfolgte.
„Ich glaub, ich werde nicht erwachsen", entschied ich nüchtern und stand ebenfalls auf.
Beim Aufräumen lachten und erzählten wir weiter und ich weiß nicht was das in mir war, aber irgendwie stimmten mich die beiden glückselig und trübsinnig zugleich. Mit jedem Tag veränderte sich meine Einstellung und mein Ich und es machte mir Angst und irgendwie auch wieder nicht. Es war auch eine Ruhe in mir, als stünde kein Kampf bevor, als könnte ich alles schaffen. Aber mein Leben schon jetzt von heute auf morgen verändern und alles akzeptieren, was ich bis vor kurzem verabscheut hatte, wollte ich auch nicht. Es war eine komische Sache, in die man hier hineingeboren wurde.

Auch am nächsten Morgen, hatte ich noch dieses Gefühl in mir. Lia hatte dazu zwei Theorien. Die erste besagte, dass es wirklich um die Mate, Alpha, Luna - und was es noch so gibt - Sache ging. Aber dazu war ich momentan einfach doch noch nicht bereit. Es drohte mich aus der Bahn zu werfen. Die zweite Theorie war das genaue Gegenteil. Es sollte nur das Gefühl sein, das einen Alpha befällt, wenn er kurz vor einem Kampf steht. Sein Gefühl solle schon bestimmen, wie die Zukunft ausgehen wird. Die einzigen, die mir da helfen konnten, waren Jared oder Marc. Mit Jared wollte ich nicht darüber reden, auch wenn ich das vielleicht mal sollte. Aber das ließ das zwischen uns ernster werden. Also blieb nur Marc, in der Hoffnung, dass er mich nicht für bekloppt erklärte oder sogar auslachte. Da hätte alles passieren können. Aber mir blieb nichts anderes übrig, weshalb ich nach der Schule und dem anschließenden Training auf dem Weg zu ihm war. Diesmal kam ich unbeschadet an den Wachen vorbei.

Was vielleicht daran liegt, dass das Wachsystem seit ein paar Tagen zusammen arbeitet.
Wahrscheinlich. Aber ich finde, es klingt besser, wenn es meine Aura war.
Na gut, dann war es dein hinterlassener Eindruck.

Nun trat ich schon durch die Tür von Marcs Büro. Er erblickte mich von seinem Schreibtisch aus und lächelte mich an.
„Hallo, Amy. Schön, dass du mal wieder vorbeigekommen bist", begrüßte er mich.
„Hallo, Marc", war zunächst das einzige was ich sagte.
„So ernste Angelegenheiten, weshalb du hier bist?", fragte er skeptisch, aber immer noch freundlich.
„Nicht direkt. Obwohl das davon abhängig ist, was du mir sagst", versuchte ich vorsichtig einen Bogen zu schlagen.
„Oh, was hab ich verbrochen?", wobei er aber sein lächeln weiter nicht verlor.
„Ich brauche nur mal einen Rat von einem alten Hasen", während ich mich nach einem Wink von Marc endlich hinsetzte.
„Wenn ich helfen kann, gerne", er richtete sich in seinem Stuhl weiter auf.
„Meine innere Wölfin hatte da so ein paar Theorien. Ich würde gerne wissen, ob da eine von überhaupt möglich ist", fing ich vage an, „ihrer Meinung nach, sollen Alphas in der Lage sein, den Ausgang eines Kampfes zu fühlen und das bereits im Voraus. Das Gefühl würde bestimmen, was passiert?", beendete ich fragend.
„Naja", setzte Marc nach einem Moment des Schweigens an, „die Gefühle eines Alphas sind immer stärker. Wir nehmen sie stärker wahr als andere. Insofern soll es in der Vergangenheit schon Alphas gegeben haben, die vorher wusste, wie ein Kampf ausging. Daher schlugen sie nur zu einem Krieg dazu, wo sie wussten, dass der für sie gut ausging. Das sind aber alles nur Mythen. Und ob ein Gefühl den Ausgang bestimmt? ... Da müsste ja nur jemand kommen, der seine Gefühle oder die eines anderen kontrollieren kann und kann damit einen Kampf verändern."
„Also glaubst du, dass meine Wölfin einfach nur zu viel fantasiert?", fragte ich, denn Lia traute ich alles zu.
„Das kann ich dir nicht sagen. Ich kann dir nur sagen, dass das möglich ist, dass du möglicherweise den Ausgang ,siehst'. Hattest du sowas denn schon einmal?"
„Die letzten Male war ich noch ein pubertierender Alpha. Was da an Gefühlen echt und welche hormonell waren, kann ich dir nicht sagen", lachte ich.
„Ich könnte mich ja mal schlau machen, oder hat deine Wölfin noch andere Theorien?", damit wurde ich knallrot.
„Sagen wir mal, sie schiebt das auf hormonelle Unstimmigkeiten und Veränderungen des Lebens", umschrieb ich das Problem.
„Ich verstehe. Das kann man auch nicht außer Acht lassen. Aber das würdest du wahrnehmen und wissen, was du fühlst", fing Marc an.
„Also willst du mir sagen, dass ich nichts fühle?", ich war verwirrt.
„Nein, auf gar keinen Fall. Ich denke dein Körper beschränkt sich in deinem Sinne auf eine Gefühlsflut. Und da dein Sinn bislang den Alpha an allererster Stelle sah, wäre es logisch, wenn sich die Gefühle auf den Kampf beziehen."
„Das heißt ich bin doch ein Freak und spüre was, was ich nicht spüren oder zumindest verstehen sollte."
„In den Geschichten heißt es, dass Alphas wie du anderen die Gefühle nicht preisgeben darfst, egal wie beruhigend oder eben beunruhigend sie auch sein mögen. Andernfalls könnten sie sich verändern oder gar verschwinden. So steht es zumindest hier", Marc hatte in der Zwischenzeit ein Buch aus dem Regal gezogen. „Mythen über Mythische Wesen" hieß das Buch, sollte vom Autor wohl witzig gemeint sein. Oder man sollte sie alle glauben, denn was konnte erfunden sein, wenn es um scheinbar nichtexistierende Wesen geht.
„Also bringen mir meine Gefühle gar nichts und verschweigen muss ich sie auch noch", es nervte mich gerade irgendwie, dass ich noch dümmer als vorher wurde. Ich stand auf und ging zur Tür.
„So doof das jetzt klingt, aber höre und vertraue auf deine Gefühle. Das ist das einzige was ich dir raten kann. Nutze das, was auch immer du fühlst", Marc griff zur Türklinke und hielt sie mir auf.
Auf der Schwelle blieb ich stehen, Marc hielt mich auf: „Nimm das Buch mit. Wer weiß, ob es dich vielleicht doch noch weiterbringt."
Mit einem „Danke" und erschlagenem Lächeln nahm ich das Buch, drehte mich um und verließ Marcs Revier.

Was haltet ihr von dem Gefühl?
Und gerne voten.

Alpha wants Alpha | abgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt