Alpha wants Alpha | abgeschlossen

(25) Der Abend

Jared POV

Freitag hatten Amy und ich noch unendlich viel Schreibkram erledigt. Aber was ist besser, als zu wissen, dass man damit eine Woche vielleicht auch länger ohne auskommen wird? Als bei mir nichts gescheites mehr aus meinem Gehirn floss, rollte ich mit dem Drehstuhl leicht zur Seite, sodass ich zwischen den Computern zu Amy rüber gucken konnte.

Sie ist schon verdammt süß, wie sie so konzentriert dasitzt.
Ich würde sie ja unterbrechen.
Und sie von ihrer Arbeit abhalten und die Konzentration stören?
Was Besseres kann euch doch nicht passieren. Und außerdem brauch sie auch mal ne Pause.

Da hatte Jamie vollkommen recht, überlegte ich noch und ergriff das Wort: „Ich glaub, ich muss heute Nacht hierbleiben. Jetzt noch mit dem Auto zu fahren, wäre unverantwortlich."
„Ja, das wäre wirklich unverantwortlich", Amy rollte sich jetzt ebenfalls zur Seite, „und dir ging es jetzt nur um diese Feststellung?"
„Ich habe mich gerade nur gefragt, ob es nicht besser aufzuhören, wir hätten ja auch fürs erste vorgearbeitet."
„Gib's zu. Das war alles geplant", Amy stütze sich mit dem einen Arm auf der Tischplatte ab.
„Vielleicht ein bisschen. Aber ich weiß was nicht geplant ist", setzte ich grinsend fort.
„Achja? Und was wäre das?", sie spielte das Spiel zwischen uns mit.
„Die Zukunft", fing ich an, „wer weiß, was die anderen Rudel machen oder was unsere Rudel machen."
„Ja, wer weiß das schon?"
„Vielleicht greift uns das Rudel aus dem nichts nächste Woche an, aber weil wir so gut vorbereitet sind, ziehen sie den Schwanz ein und wir leben glücklich bis ans Ende unseres Lebens", improvisierte ich.
„Vielleicht geben Sie das auch ganz auf und wir können da weitermachen, wo wir aufgehört haben", war ihre Vermutung.
Ich beugte mich zu ihr rüber: „Vielleicht geht es auch morgen Abend los. Wir beide irgendwo auf ein Date..."
„Hört sich doch gut an", überraschte mich Amy, während uns fast nur noch ein Lufthauch trennte. „Aber was passiert, wenn's morgen wirklich losgeht? Dann würde es ein solches Zukunftsszenario nicht geben."
„Dann sollten wir damit heute schon anfangen", sprang ich hoch motiviert auf und um den Tisch herum, um Amy mit mir zu ziehen.
Wir rannten förmlich zum Waldrand und verwandelten uns. Ich hatte sie zwar als Wolf schon einmal kurz gesehen, aber ich konnte nur pures Glück empfinden, dass ich sie als Mate bekommen hatte.

Abgesehen davon, dass sie uns noch zappeln lässt.

Irgendwo mitten im Wald legten wir uns nebeneinander und zumindest ich genoss die Zeit zu zweit. Ich dachte an unsere ersten Begegnungen und Gespräche zurück. In der Cafeteria, als ich nicht einmal erkannt hatte, dass sie auch ein Wolf ist oder an unseren ersten Kuss. Ich war schon jetzt völlig abhängig von ihr. Wie sollte das bloß weitergehen?
Plötzlich, als wir schon verwandelt auf dem Weg zurück waren, kam mir ein Gesprächsfetzen in den Kopf: „Das Nordrudel sucht seit Jahren Gründe, um mich abzusägen, wenn diesmal nicht das Ostrudel schneller ist." Warum war ich erst jetzt über diesen Satz gestolpert?

Vielleicht warst du zu sehr auf das überlaufende Fass fokussiert?
Stimmt, da war ja was.

„Was meintest du eigentlich damals im Wald mit dem Ostrudel?", musste ich die irgendwie angenehme Stille zwischen uns unterbrechen und es fühlte sich eh wie eine Ewigkeit her an.
„Oh", kam es nur von Amy, gefolgt von einer längeren Stille.
Ich beobachtete sie nur von der Seite und ließ ihr Zeit.
„Ich dachte, dass hättest du nicht wahrgenommen", flüsterte sie und schaute mich von unten an. Mir war noch nie aufgefallen, dass sie zwar groß, aber doch um einiges kleiner als ich war.
„Das hatte ich auch nicht, bis jetzt zumindest", sprach ich ebenfalls recht leise, sie wirkte irgendwie auf ihre Alphaart verschreckt.
„Naja, es ist so, dass wir zwar das Nordrudel stillgelegt haben, aber nicht das Ostrudel. Das hat sich bislang schon immer sehr zurück gehalten und erst spät eingegriffen. Sie sind noch erboster über mich als Alpha und über eure von uns willkommen geheißenen Ankunft, als das Nordrudel. Das Ostrudel ist jung und hat es nicht so mit Vereinbarungen oder Gesprächen. Wenn dann gehen sie aufs Volle. Sie sind nur auf einen unerbittlichen Kampf trainiert und mehr haben sie auch nicht im Kopf. Aber weil das Nordrudel von uns in Fesseln gelegt ist, werden sie das nicht mit sich machen lassen. Möglicherweise haben sie sich soweit mit dem Nordrudel verbündet, dass der Vertrag zwischen dem Nord- und Südrudel und unseren Rudeln hinfällig wird. Sie könnten auf einen Kampf aus sein, bei dem nur ein Sieger bleibt", Amy verstummte und blickte auf den Boden.
„Warum hast du das nie erwähnt?"
„Ich hab gehofft, dass es nicht soweit kommt und bislang war es bei den anderen Rudeln recht ruhig", sie wirkte müde und doch vollkommen konzentriert. Sie war ein Wahnsinns Alpha.
„Aber es ist zu ruhig?", nach einem nicken und Blick zu mir hoch fuhr ich fort, „was glaubst du passiert da gerade?"
„Ich befürchte, dass vor einigen Tagen ein möglicher Vertrag geschlossen worden sein könnte..."
„Und sie werden nicht auf einen Angriff warten", vermutete ich ins Blaue hinein.
„Vermutlich. Aber sie wissen, dass wir vorbereitet werden sein und deswegen noch nicht gleich angreifen", jetzt erstrahlte der Alpha in ihr, ohne trübselige Gedanken.
„Das heißt, wir sollten in Alarmbereitschaft gehen und das Training müsste weiter reduziert und konzentriert werden", auch in mir kam der Alphainstinkt hervor.
„Genau. Die Alarmbereitschaft müssten wir morgen planen. Das Training wollten wir eh ab Montag umstellen, dann können wir das am besten Sonntag mit Taylor und Jacob besprechen."
„Eine Alarmbereitschaft mit zwei beziehungsweise drei Rudeln sollte ja ganz einfach geplant werden können", ergänzte ich, während mich Amy anlächelte.
Wir waren am Rudelhaus angekommen, wo sich unsere Wege im Treppenhaus trennten. Das Restliche Wochenende wurde nach diesem dennoch tollen Abend nur in geringem Maße mit Arbeit versehen. Auch Abbey und Alex halfen uns, nachdem wir sie alle eingeweiht hatten. Unsere Zusammenarbeit konnte viel erleichtern.

Vielleicht erleichtert bald ein engeres Verhältnis die Umstände.
Ich hoffe es, Jamie. Ich hoffe es.

Wieder einmal aus Jareds Sicht.
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