(42) Legende

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Amy POV

Ich hatte meine Ziele hochgesteckt, aber ich schaffte es seit Freitag, dass ich vier Treppen am Stück hochlaufen konnte. Auch bei Crame konnte ich mich steigern. Zwar schlief ich am Ende des Tages bis zum nächsten Tag durch und war auch dann noch fix und fertig, jedoch konnte ich damit umgehen. Womit ich nicht umgehen konnte war, dass heute die Alphazeremonien waren und ich nicht wusste, ob ich es bis dahin schaffen würde. Auch nicht umgehen konnte ich mit der Tatsache, dass Jared sich mittlerweile zu wohl als Alpha fühlte.

Er ersetzt dich doch nur.
Ja, aber ich bin abgeschrieben.
Bist du eifersüchtig, dass sie jetzt zu ihm kommen?
Ja.
Man! Die wollen dir doch nur helfen.
Aber ich muss doch damit nicht umgehen können, oder?
Doch. Das solltest du.
Warum?
Weil ab heute ihr beide die Alphas seid und weil du vielleicht irgendwann nochmal fit werden sollst.
Was hat denn das Letzte damit zu tun?
Die Legende?! Du musst es akzeptieren und gut finden.
Ich weiß, aber darf ich nicht mehr trauern?
Nur wenn du von dem Niveau runterkommst.
Das überlege ich mir nochmal.

Um den Gedanken zu vertreiben, ging ich hinunter in unseren Fitnessbereich. Jetzt wollte ich es wissen. Ich wollte GENAUSO wie Jared für UNSER Rudel da sein, also musst ich stark genug dafür werden. Ich ging zuerst auf das Laufband, um mich warm zu machen. Ich schaffte es sogar, mein altes Lieblingstempo zu nehmen. Ich hielt es sogar für eine halbe Stunde. Das versetzte mich so in Euphorie, dass ich an den Boxsack überging. Ich schlug auf ihn ein. Nicht mit Wut, sondern mit Freunde und purer Euphorie. Ich schlug im abwechselnden Rhythmus, wurde schneller, perfektionierte meine Haken, setzte meinen Körper ein und als mir eins klar wurde, schlug ich noch einmal mit aller Kraft in den Boxsack, bevor ich mich jubelnd entfernte.

Ich war nicht ein bisschen außer Atem. Ich war wieder Ich. Ich war wieder die Alte und das nicht nur mit meinem Kopf. Es wurde alles so klar. Ich war bereit. Bereit für das was kommen mochte. Bereit für einen gemeinsamen Alphaposten mit Jared. Bereit für eine Zukunft mit uns. Bereit für alles, was uns noch in den Weg gestellt werden sollte. Mir wurde es schlagartig bewusst. Ich war so weit. Es konnte weiter gehen.
Es war wie ein neuer Euphorie-Schlag. Ich trat erneut an den Boxsack und konnte wieder jeden einzelnen Schlag genießen. Ich war so glücklich, wie kein anderer. Und mir war sogar der Gedanke egal, dass ich vielleicht doch gerade eine Gehirnwäsche bekommen hatte. Aber wenn das Leben Zitronen gab, sollte man auch Limonade draus machen. Und es euphorisierte mich noch mehr, als mir bewusst wurde, dass Jared und seine Leute alles andere als Zitronen waren. Wie bombastisch konnte dann die Limonade werden. Ich hatte ein gutes Leben. Nein, ich hatte ein fantastisches Leben. Ich schlug weiter rhythmisch und mit voller Kraft auf den Boxsack ein. Ich hörte erst auf, als ich dachte, ich würde Mittagessen riechen. Es roch verdammt gut. Ich schmiss schnell die Handschuhe in die Ecke und wusch mir den groben Schweiß von Gesicht, Nacken und Oberkörper. Ich schnappte mir ein frisches Top, welches ich mir Gott sei Dank mit runtergenommen hatte und rannte die Treppen immer zwei auf einmal nehmend hoch. Auch der Rest des Rudels tummelte sich langsam hier hin und alle sahen mich wissend an. Was war hier los?

„Ok, was hab ich verpasst?"
„Wohl eher, was haben wir verpasst?", fügte Jo an. Das verwirrte mich aber noch mehr.
„Mike hat ein neues Video von dir rumgeschickt", klärte mich Jared auf. Obwohl ich mir nicht sicher war, ob mir das weiterhelfen konnte. Ich blickte also wieder verständnislos in die Runde, während ich mir die erste Portion Mittagessen reinstopfte. Anders konnte man das nicht mehr nennen. Man hatte ich einen Hunger.
„Warum hast du uns nichts gesagt?", Ab wirkte fast enttäuscht. Alter! Was hatte ich angestellt?
Ich musste wirklich verwirrt in die Runde geblickt haben, denn Mike schmiss mir ein Tablet über den halben Tisch rüber. Es war ein Video geöffnet. Ich drückte auf Play und erblickte mich. Ich war abgebildet, wie ich unten am Boxsack stand und darauf einschlug, als gäbe es kein Morgen mehr. Es sah schon fast wie ein Profi aus. Das musste ich mir leider auf die Fahne schreiben. Aber es war nur ein kurzer Clip: „Und jetzt hat jeder, wie ich kämpfe, oder was?"
„Keine Sorge, nur wir. Aber Respekt!", Mike nahm sein Tablet zurück und zeigte ehrlichen Respekt. Aber ein Grinsen zwischen Joanna und Mike ließ mich für einen kurzen Moment zögern.
„Das, was du da hingelegt hast, ist erste Sahne", ergänzte Alex. Was hatte ich denn gemacht?
„Alter, checkst dus nicht?!", Joanna war völlig entgeistern, „du warst vor ein paar Tagen nicht mal in der Lage dich fortzubewegen und jetzt haust du das raus."
„Ja", was wollten sie von mir hören?
„Willkommen zurück, Kleine", Jo deutete an, mir zuzuprosten. Daher wehte der Wind.
„Ihr könnt euch also wieder in Acht nehmen. Die Zügel werden wieder angezogen", nahm ich den Elfmeter direkt auf und als ich Jareds Blick unter meinem grinsen sah, wusste ich, dass ich den Elfmeter verwandelt hatte.
„Ich hab doch gar nicht...", versuchte sich Jared zu verteidigen.
„Du hast keine Chance, Alter", schlug Alex ihn auf die Schulter, „zumindest gegen sie."
„Damit komme ich klar", grinste mein Mate wieder so schief.
„Ja, wers glaubt", lachte Mike, wurde aber sofort von Joanna erhellt, welche einen Arm um seine Schulter legte: „Darum geht es schon gar nicht mehr." Er hatte wohl verstanden. Den Rest des Mittagessens verbrachten wir lachend, mussten uns aber danach voneinander trennen. Erst wollte ich mich von Jared auf den Stand bringen, aber er meinte, dass sollte wir auf nächste Woche verschieben. Er hatte Recht, weshalb ich mich den anderen anschloss, mich für die Alphazeremonie vorzubereiten.

Ich ging also ausgiebig duschen und stand von einem Handtuch umschlungen und eines auf dem Kopf vor meinem Schrank. Was war wohl angemessen. Schließlich war es heute eher an Mike jr. in den Mittelpunkt zu treten. Ich wusste nicht, wie lange ich hier stand. Schlussendlich entschied ich mich für einen Jumpsuit. Er war einfach schwarz, bedeckte meine Schultern und war an der Taille eng. Eigentlich war er hochgeschlossen, aber ein schmaler, tiefer V-Ausschnitt verhinderte einen steifen Schnitt. Ich ließ meine Haare offen über meine Schultern fallen und schminkte mich ebenfalls sehr dezent. Um sowohl mir als auch dem Ort treu zu bleiben, wählte ich die Sneaker, welche ich bei dem Date mit Jared an hatte. Ich blieb halt gerne wortwörtlich auf dem Boden der Tatsachen.
Als ich entschieden hatte, dass ich nichts mehr ändern würde, schnappte ich mir wieder die Jacke vom Date und ging vor das Rudelhaus. Draußen stand schon Jo mit Mia, Ab und Joanna. Sie sahen verboten gut aus.
„So viel dazu, dass Frauen lange brauchen", ging ich grinsend auf sie zu.
„Schick, schick, Schwesterchen", erwiderte Jo nur.
„Das kann ich nur an euch zurückgeben. Ihr seid ganz schön heiß", ich grinste sie zwinkernd an.
„Das sagt die, die diesen Jumpsuit trägt, mit den Accessoires eigentlich Stilbruch begeht, sich aber treu bleibt und schlussendlich verboten heiß aussieht", Joanna musterte mich von oben bis unten. Ich konnte aber nichts erwidern, denn auch die Letzten traten mal zu uns. Jared, Alex und Mike trugen zwar alle denselben Anzugstil wie Jo, aber ein anerkennendes Pfeifen konnte ich mir nicht verkneifen. Jared war jetzt für mich derjenige, der verboten gut aussah. Er trat neben mich: „War das Pfeifen nicht eher für mich aufgehoben? Du siehst aus... Wahnsinn." Er schien echt begeistert.
„Du sollest doch langsam wissen, dass hier nichts nach Standard verläuft", lächelte ich ihn an, als er den Arm um mich legte und unsere Gruppe loszog. Gespannt darauf, was der Abend noch bringen würde.

Wenn's euch gefällt, gerne voten🙃❤️

Alpha wants Alpha | abgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt