(45) Umzug

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Amy POV

Als ich am Sonntag aufwachte, galt mein erster Gedanke dem gestrigen Tag. Ich musste lächeln, als ich daran dachte, wie Jared und ich getanzt hatten. Es wurde wohlig warm in meinem Bauch und da wusste ich es. Dieses Leben war perfekt und mit Jared an meiner Seite würde sich das nie ändern.

Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es bereits nachmittags war. Plötzlich war ich hellwach. Es war halb drei. Jareds Rudelhälfte wollte heute einziehen. Um genau zu sein wollten sie um drei Uhr kommen. Das bedeutete, dass ich nur noch eine halbe Stunde hatte, um von den Toten zu den Lebenden zu wechseln. Ich sprang auf, was sonst absolut nicht meine Art war und ging erst einmal duschen. Anschließend fühlte ich mich schon fast wieder lebendig, hörte von draußen aber schon Fahrzeuge anrollen. Das bedeutete, dass ich keine Zeit mehr hatte, noch einmal in den Spiegel zu schauen. Also ging ich mit noch nassen Haaren runter, wo ich fast mein gesamtes Rudel zum Anpacken bereit versammelt vorfand. Nach den letzten Wochen des gemeinsamen Umbaus wussten wohl alle wo was und wie hinkam, weshalb ich mich rauszog und zu Jared an einem der Lastwagen trat. Ich legte ihm meine eine Hand auf den Rücken und sprach ihn an: „Sollen wir uns verdrücken und alle Dinge klären?" Er wiederrum legte seine Hand an meine Taille und lehnte sich zu meinem Ohr runter: „Wir können uns gerne verdrücken und ganz viele Dinge klären." Ich schaute nur zu ihm hoch, zog eine Augenbraue hoch und fragte ihn so stumm, ob dass sein Ernst war. Jared hob daraufhin seine Hände hoch und fing an zu lachen. Anschließend folgte er mir dann doch, aber immer noch lachend. Kurz vor unserem Büro sprach er mich an: „Das war ein Witz." Ich trat wortlos ins Büro und ließ in Schmollen. Ich war fast an meinem Schreibtisch, als ich einen Ruck in meinem Arm spürte, der mich zu Jared zurückzog und gleichzeitig umdrehte. Die Tür musste er währenddessen mit der anderen Hand geschlossen haben.

„Du bist doch jetzt nicht deswegen sauer auf mich, oder?", vorsichtig legte mir mein Mate beide Hände an die Taille und zog mich näher, während er mich mit einem Blick anschaute, mit welchem er jedem Hund Konkurrenz machte.
„Nicht sauer, aber solche Witze sind nicht OK, wenn unser Rudel draußen schuftet", ich legte meine Hände auf seine Brust, bevor ich fortfuhr, „aber ich muss zugeben, dass ich den Humor schon lange nicht mehr an dir erlebt habe."
„Also hast du ihn vermisst?", er grinste mich schelmisch an und beugte sich runter.
„Vielleicht ein bisschen", ich schaute auf meine Hände, „aber die Art Witze muss jetzt nicht vor unserem Rudel sein", ich blickte in seine Augen.
„Ich werde sie mir ab jetzt allein für dich aufsparen. Auch wenn ich es schade finde, dass ich unserem Rudel nicht zeigen darf, wie sehr ich dich liebe", er war mir mittlerweile so nahe, dass sich unsere Lippen schon streiften.
„Du liebst mich also", flüsterte ich, während mein Blick zwischen seinen Augen und Lippen hin und her wanderte. Jared stimmte dem brummend zu. Ich wusste nicht mehr, wer von uns den letzten Hauch überbrückte. Wir küssten uns, aber es lag eine testende Vorsicht darin. Plötzlich fuhr Jared mit seiner einen Hand an meiner Seite runter. Er fuhr unter mein Shirt und ich spürte sie heiß auf meiner nackten Haut. Ich bekam eine Gänsehaut, woraufhin auch meine Hände auf Wanderschaft gingen. Wir stoppten erst abrupt und völlig atemlos, als vor der Bürotür was runterfiel. Ich entfernte mich ein Stück von Jared und blickte hoch in seine Augen. In ihnen sah ich pures Verlangen. Wer wusste, wie weit wir noch gegangen wären.

Jared richtete sich seine Haare, während ich mir mein Top wieder richtig anzog. Keiner sprach ein Wort, bis wir uns an den Schreibtisch setzten.
„Ehm, ich glaub, dann bring ich dich mal auf den aktuellen Stand", Jared fuhr sich zögerlich erneut durch die Haare.
„Das wäre wahrscheinlich für den Anfang ganz gut", ich war unsicher. Hätten wir vielleicht doch einfach weiter machen sollen? Ich verwarf den Gedanken aber sofort wieder.
„Naja, so viel hast du eigentlich nicht verpasst. Ich musste vor allem alle Formalitäten wegen unserem Umzug klären. Wir haben jetzt alle eine dauerhafte Aufenthaltsberechtigung und bekommen bald auch die doppelte Staatsbürgerschaft. Dann wären da noch die Formalien wegen den Territorien. Ich hab einen Großteil der Unterlagen schon eingereicht, aber nur du und Alpha Marc jr. können das rechtens beenden, weil das ja noch rechtlich allein dein Gebiet ist. Ich wollte nicht für dich entscheiden, dass das jetzt auch mein Gebiet ist und außerdem kann ich das auch nicht. Also ist das jetzt noch deine Entscheidung und Gewalt, was passiert. Der Alte Marc hat sich um die ganzen Opfer und Hinterbliebenen gekümmert, damit das ein bisschen am Staat vorbei geht. Keiner könnte so einfach einen Massenanfall von Toten erklären. Dann wäre da nur noch die Sache mit den Finanzen. Ich konnte die letzten Wochen nur soweit darauf zugreifen, dass hier alle versorgt waren. Die Kosten für den Umbau hab ich nur zur Hälfte bezahlt, die andere Hälfte hab ich von meinen Rudelfinanzen bezahlt. Ich hoffe, dass war in Ordnung für dich. Ich glaub, dass das dann alles war."
„Das heißt, ich muss mich nur noch um das Revier kümmern?", versuchte ich alles zu verarbeiten.
„Im Grunde genommen, ja."
„Gut, dann mach ich das die Tage. Und die Sache mit den Finanzen...", ich zögerte, weil ich seine Reaktion nicht einschätzen konnte, „wir sind doch jetzt ein Rudel und da wäre es doch einfacher, wenn alles aus einem Pott kommt, oder?", ich blickte in Erwartungsvoll an.
„Das wäre tatsächlich einfacher", er lächelte mich an. Da half es auch nichts mehr, es weiter zu verdrängen. Die Situation vor wenigen Minuten stand noch zwischen uns und machte unser Vorhaben zu Arbeiten echt schwer.
„Ich fands gut ... vorhin", platzte ich schließlich raus.
„Ich auch", kam es ohne Zögern von Jared zurück. Damit war das wieder gegessen und wir konzentrierten uns endlich auf unser eigentliches Vorhaben.
„Wie gehen wir das jetzt weiter an, wenn wir beide Alpha von einem Rudel sind?", fing Jared an.
„Ich werde nicht mehr der Überlegene sein."
„Wenn wir also gleichberechtigt sein wollen, sollten wir uns die Aufgabenbereiche vielleicht aufteilen. Also wer vielleicht wo besser ist."
„Dann wirst du ganz sicher nicht das Training unterhaben", lachte ich und grinste in verschmitzt an.
„Um Gotteswillen, bitte nicht ich. Da können wir das wohl gleich bleiben lassen", stimmte Jared in mein Lachen ein, wurde aber schnell wieder ernst: „Aber ich könnte die Finanzen übernehmen, wenn wir das geklärt haben."
„Das käme mir ehrlich gesagt sehr entgegen." Ich war nicht schlecht in Mathe, aber mit Finanzen zu jonglieren, machte mir absolut keinen Spaß.
„Gut. Dann mache ich direkt einen Termin mit der Bank. Vielleicht bekommen wir schon morgen einen."
„Perfekt, dann hätten wir das auch schon geklärt. Dann wäre da noch die Korrespondenz mit den anderen Rudeln und mit den Alphakreisen."
„Ich könnte die Alphas übernehmen. Die sind nicht so zeitintensiv neben den Finanzen."
„Dann ich mit den Rudeln. Vielleicht sind die Alphas dann etwas kooperativer, wenn nicht ich vorrangig was zu sagen scheine", ich wurde nachdenklich. Die anderen Alphas waren oft von Vorurteilen behaftet. Sie hatten mich akzeptiert, aber mehr auch nicht.
„Tut mir leid, aber die anderen Rudel sind dir gegenüber doch voll gut", Jared schien zerknirscht.
„Da kannst du doch nichts dafür. Aber so ist es doch einfacher und sie lernen das doch auch noch", damit wollte ich den Teil abhaken. Ich zögerte...

Jetzt frag ihn doch einfach.
Ich weiß nicht.
Man, er ist dein Mate und außerdem nicht von gestern.
Aber es ist ein heikles Thema.
Haus einfach raus. Kurz und schmerzlos. Du bist doch sonst nicht so zögerlich!

Ich kaute auf meiner Unterlippe rum.
„Ist da noch was?", Jared sah mich vertrauensvoll an.
„Eigentlich schon."
„So schlimm kann es doch nicht sein", lächelte er mich aufmunternd an. Ich seufzte noch einmal, bevor ich das Pflaster abreißen wollte: „Wie stehst du zu Vollzeit-Alphas und der Alternative, nebenbei zu arbeiten?"
„Naja", Jared schien seine Worte abzuwägen, „um ehrlich zu sein, sind wir ja zwei Alphas und wenn wir alles erst mal geklärt haben, brauchen wir ja nicht so viel Zeit für den Papierkram. Was sollen wir dann den ganzen Tag machen?" Mir fiel ein Stein vom Herzen, ich hätte einfach auf meinen Mate vertrauen sollen.
„Also willst du nebenher arbeiten?"
„Du nicht?", Jared schien irritiert.
„Oh, doch. Auf jeden Fall. Ich wusste nur nicht, ob du auch."
„Dann ist doch alles super", er grinste und gab mir einen schnellen Kuss, bevor wir uns unter die anderen mischten, um ihnen beim Einzug zu helfen.

Wusstest du, dass wenn sich Mates untereinander so unsicher sind, dass das die Ungeduld der inneren Wölfe ist, sich zu markieren?
Willst du mir was sagen?
Nö.

Und wieder ein neues Kapitel.
Gerne voten.

Alpha wants Alpha | abgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt