Kapitel 3

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Marlie

„Und wie hat er reagiert?“, fragte mich Laura, als ich zurück ins Hotel kam.

Sie war meine beste Freundin und hatte auf die Kinder aufgepasst, solange ich bei Daniel gewesen war. Mittlerweile war es früher Abend. Nachdem ich mit Daniel gesprochen hatte, hatte ich ein wenig Zeit für mich gebraucht. In den letzten Monaten überkam mich oft das Gefühl, dass alles zu viel für mich wurde. Für die Kinder versuchte ich stets stark zu sein, doch dann kamen Augenblicke, in denen ich einfach nicht mehr wollte und konnte.

„Ganz gut“, antwortete ich knapp. „Wie war es mit den Kindern? Haben sie sich benommen?“

„Ja, lief alles gut. Sie schlafen schon. Aber jetzt erzähl! Was genau hat er gesagt?“, drängte sie mich. Ihre Aufregung war deutlich spürbar.

„Gleich. Lass mich erst einmal ankommen“, raunte ich.

Ich zog mir dir Schuhe aus und ging in das kleine Wohnzimmer. Überall lag Spielzeug verteilt. Ich schob ein paar Bausteine zur Seite und setzte mich auf die Schlafcouch. Wie ich letzte Nacht feststellen durfte, war sie furchtbar unbequem. Es war nicht leicht gewesen eine bezahlbare Unterkunft in London zu finden. Allein die Flüge hatten schon ein Vermögen gekostet und im Gegensatz zu Daniel war ich keine Multimillionärin. Ich war froh, dass Laura mich begleitet hatte und moralisch unterstützte, denn ich hatte große Angst vor dem Zusammentreffen mit Daniel gehabt. Ich konnte ja nicht ahnen, dass er so hilfsbereit reagieren würde. Ehrlich gesagt hatte ich erwartet, dass er mich konsequent zurückweisen würde.

„Jetzt red‘ doch endlich!“, forderte Laura mich ungeduldig auf.

Ich nahm noch einen Schluck Wasser, eh ich anfing zu erzählen.

„Er hat es wirklich erstaunlich gut aufgefasst. Er hat mich zu sich ins Haus gelassen und wir haben geredet. Ich habe es ihm gesagt und er hat natürlich ziemlich geschockt reagiert, aber ich glaube, er wäre bereit dazu, auch wenn er es so noch nicht direkt ausgesprochen hat. Ich habe ihm gesagt, dass er sich das gut überlegen soll und mir in den nächsten Tagen Bescheid sagen soll. Mehr gibt es da nicht zu erzählen.“

Laura zog überrascht die Augenbrauen hoch.

„Er hat sich nicht beschwert, dass du dich nicht an den Deal gehalten hast? Immerhin hast du ihm versprochen, dass du und die Kinder nie wieder in seinem Leben auftauchen werdet“, hakte sie misstrauisch nach.

„Nein, er hat sogar gesagt, dass er seine Entscheidung von damals bereut hat. Er meinte, dass er oft an die Kinder denkt. Ich hatte wirklich das Gefühl, dass er sich gefreut hat mich zu sehen, auch wenn die Umstände die Freude stark gedämpft haben.“

Laura huschte ein abwertendes „Pffff“ über die Lippen. Sie konnte Daniel partout nicht ausstehen, auch wenn sie ihn noch nie persönlich getroffen hatte.

„Er bleibt trotzdem ein Arsch“, sagte sie entschieden. „Er hat dich schwanger sitzen lassen! Vergiss das nicht!“

„Ich weiß, aber das war damals auch alles nicht einfach. Ich nehm ihm das nicht übel. Er war 16 und er hat sich einfach nicht dafür bereit gefühlt. Wir waren Teenager!“

„Marlie, sei doch nicht so gutherzig mit ihm. Du warst genauso alt und hast es sogar alleine geschafft! Du hast dich zusammengerissen für deine Kinder. Das hätte er auch tun sollen!“, protestierte sie.

„Ja, aber ich habe mich auch bewusst für die Kinder entschieden. Ich hätte abtreiben können, aber das wollte ich nicht. So konnte ich entscheiden, ob ich Mutter sein wollte oder nicht. Und seine Entscheidung Vater zu sein oder nicht, bestand eben darin, zu bleiben oder wegzugehen. Ich habe ihm die Entscheidung gelassen, denn was hätte mir ein Vater gebracht, der eigentlich lieber mit seiner Band durch die Weltgeschichte touren will und nur frustriert in der Ecke sitzt? Und guck doch mal, was er in den paar Jahren erreicht hat!“

Regentanz - Piper Award EntryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt