Marlie
Die Kinder hatten in der Nacht wieder Alpträume gehabt und erneut hatten sie bei uns im Bett geschlafen. Als ich aufwachte, bemerkte ich, dass Emma schon wach war. Sie lag einfach nur still da und starrte mich an. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass sie das schon länger tat.
„Guten Morgen“, flüsterte ich.
Sie lächelte einfach nur und streichelte mir über die Wange.
„Ich habe Angst, dass ich vergesse, wie du aussiehst“, flüsterte sie. „Deshalb versuche ich mir dein Gesicht zu merken.“
Sie sah mir direkt in die Augen. Ihre Locken standen in alle Richtung. Ich ließ meine Finger darin versinken. Sie hatte so wunderschöne Haare.
Plötzlich spürte ich, wie noch jemand im Bett wach wurde. Alex krabbelte über Daniels Körper herüber und gab mir einen Kuss auf die Wange.
„Guten Morgen“, flüsterte ich auch ihm zu.
Alex grinste und tapste über das Bett zu.
„Was ist denn hier los?“, fragte nun Daniel, der sich verschlafen in unsere Richtung drehte. Alex’ Turneinlage hatte ihn offenbar geweckt. Emma kicherte. Daniel gab jedem von uns einen Kuss. Mir gab er einen auf die Lippen und das wohl etwas leidenschaftlicher als geplant.
„Du hast sie geküsst!“, sagte Emma sofort, als sie das sah. „Und zwar so richtig. Du bist jetzt ihr fester Freund!“
Daniel sah mich etwas irritiert an.
„Ja, er ist mein fester Freund“, sagte ich und stellte dabei fest, dass es irgendwie seltsam klang. Daniel war einfach Daniel. Ich hatte keine Ahnung, was da zwischen uns war. Wir küssten uns, aber trotzdem würde ich das nicht wirklich Beziehung nennen. Wir waren zwar Eltern, aber trotzdem kein Paar. Ich liebte ihn. Das war alles, was ich wusste. Ich bekam dieses Kribbeln, wenn er mich ansah und ich fühlte mich in seiner Nähe geborgen, doch ich konnte nicht genau definieren, was wir jetzt eigentlich waren, was da zwischen uns lief.„Dann heiratet ihr?“, fragte Emma sofort.
Daniel errötete erstaunlicherweise etwas, was ziemlich süß war.
„Nein, wir heiraten nicht“, erwiderte ich.
„Was? Warum denn nicht? Einen festen Freund heiratet man“, klärte Emma uns auf.
„Wir heiraten nicht!“, sagte ich entschieden.
Diese Idee galt es im Keim zu ersticken, ehe Emma sich da noch hineinsteigerte.
„Bitte, Mummy! Ich will dich in einem schönen Kleid sehen! Weißt du noch, als wir in dem Kaufhaus mal Kleider anprobiert haben? Da sahst du aus wie eine Prinzessin und du hast gesagt, dass ich das Blumenmädchen sein darf, wenn du heiratest. Ich weiß zwar nicht, was das ist, aber du hast gesagt, dass ich dann auch so ein schönes Kleid bekomme! Ich will dich einmal in so einem Kleid sehen! Bitte!“
Emma sah mich flehend mit ihren großen Kulleraugen an. Daniel hingegen wirkte überrascht. Mir war es unangenehm, dass Emma hier ausplauderte, wie ich mit ihr vor einigen Monaten Brautkleider anprobiert hatte.
„Nein, Emma!“, sagte ich nun deutlicher.
„Aber warum denn nicht? Wenn man sich küsst, liebt man sich und wenn man sich liebt, dann heiratet man. So einfach ist das!“ Wenn es doch nur so einfach wäre. „Und wenn du bald gehst, dann werde ich dich nie in einem Prinzessinnenkleid sehen!“
Nun hatte sie Tränen in den Augen. Ich strich ihr eine Locke aus dem Gesicht.
„Wenn du groß bist, dann wirst du selbst so ein Prinzessinnenkleid tragen. Ich gucke dir dann von einer Wolke zu. Dann wirst du aussehen wie eine Prinzessin.“
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Regentanz - Piper Award Entry
RomanceAls Daniel und Marlie 17 Jahre alt waren, riss sie das Leben auseinander. Vier Jahre später bringt der Tod sie wieder zusammen. ------------------------------------------------------------------------------------------------ Ich möchte euch bitten...