Marlie
Am nächsten Morgen wachte ich neben meinen Kindern auf. Offensichtlich war ich eingeschlafen noch bevor ich zu Daniel ins Zimmer gehen konnte. Es war sechs Uhr morgens. Alles war ruhig in dem Zimmer. Die Kinder schliefen noch. Auf Zehenspitzen schlich ich mich hinaus und ging in die Küche um mir einen Tee zu machen. Ich setzte gerade das Wasser auf, als ich ein Geräusch hinter mir hörte. Ich wirbelte herum und sah direkt in Zoeys eisblaue Augen. Es waren die gleichen wie die von Daniel.
„Boah, hast du mich erschreckt! Was machst du denn um die Uhrzeit in der Küche?", fuhr ich sie erschrocken an.
Sie machte eine entschuldigende Geste.
„Konnte nicht schlafen", sagte sie und setzte sich an den Küchentisch. Für einen Moment wussten wir beide nicht, was wir sagen sollten. Ich starrte auf den Wasserkocher, aus dem Dampf aufstieg. „Wieso bist du damals nicht zu mir gekommen?", fragte Zoey schließlich und ich hatte das Gefühl, dass ihr diese Frage schon die ganze Zeit auf der Zunge brannte.
„Er wollte es nicht. Daniel wollte die Kinder nicht und er wollte, dass niemand davon erfährt, dass er der Vater ist. Glaub mir, ich hätte es dir gesagt, aber ich musste Daniels Entscheidung respektieren", versuchte ich ihr zu erklären.
Ich hätte mich zu gerne damals jemandem anvertraut, doch ich hatte auch Daniels Entscheidung respektieren müssen.
Zoey nickte enttäuscht.
„Müsstest du nicht sauer auf ihn sein? Er hat dich sitzen gelassen!", gab sie nun zu bedenken.
Viele Leute fragten mich das, doch ehrlich gesagt, hatte ich nie so etwas wie Hass für ihn empfunden. Ich konnte ihn in gewisser Weise verstehen.
„Nein, ich war enttäuscht von ihm, aber mehr auch nicht. Ich hatte die Wahl eine Mutter zu sein und habe mich dafür entschieden und er hatte auch die Wahl, nur dass Daniel eine andere Entscheidung getroffen hat. Er wollte kein Vater sein. Doch das konnte ich nachvollziehen. Am Anfang der Schwangerschaft hat er sich wirklich versucht zusammenzureißen, aber es ging nicht. Er hat mir das gesagt und es war okay für mich. Natürlich hätte ich ihn gerne an meiner Seite gehabt, aber ich wollte auch keinen Vater für meine Kinder haben, der sie eigentlich gar nicht wollte."
„Und warum jetzt? Warum tauchst du auf einmal auf? Mum sagt, dass es wegen Geld ist, aber das glaube ich nicht. So warst du nie!"
„Nein, es ist nicht wegen Geld."
„Sondern?"
Sollte ich ihr die Wahrheit sagen? Es wäre auf alle Fälle eine Entlastung jemanden außer Daniel hier zu haben, mit dem ich darüber sprechen könnte.
„Versprichst du mir, dass es unter uns bleibt?"
„Ja, versprochen."
Ich wollte gerade zum Sprechen ansetzen, als ich ein mir sehr bekanntes Tapsen im Flur hörte. Sekunden später stand Alex in der Tür.
„Ich kann nicht mehr schlafen", erzählte er noch ziemlich müde.
Damit hatte sich das dann auch erledigt. Alex schlurfte zu mir und kletterte auf meinen Schoß. Ich sah entschuldigend zu Zoey, die zu verstehen schien, dass wir nun nicht mehr offen reden konnten.
„Hast du gut geschlafen?", fragte sie ihren Neffen.
„Nein", antwortete er zu meiner Überraschung. „Mama, hat nachts geweint!"
Peinlich berührt sah ich weg. Ich hatte keine Ahnung gehabt, dass er das gehört hatte. Ich dachte er hätte seelenruhig geschlafen.
„Das hast du nur geträumt, Alex. Ich habe nicht geweint!"
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Regentanz - Piper Award Entry
RomanceAls Daniel und Marlie 17 Jahre alt waren, riss sie das Leben auseinander. Vier Jahre später bringt der Tod sie wieder zusammen. ------------------------------------------------------------------------------------------------ Ich möchte euch bitten...