Kapitel 28

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Daniel

Die Nacht hatte ich mit Alex in einem Hotel verbracht. Er hatte sich die ganze Zeit über fest an mich geklammert. Seltsamerweise schlief er sogar durch und das komplett ohne Alpträume. Ich war noch so mit Adrenalin vollgepumpt, dass ich fast die ganze Zeit wach lag und ihn einfach nur beobachtete. Nicht auszumalen, wenn ihm irgendetwas auf seiner Tour passiert wäre. Wir hatten alle unglaubliches Glück gehabt. Das hätte alles auch furchtbar schief gehen können.

„Daddy, bist du eigentlich sauer auf mich?“, fragte er mich, als er morgens die Augen öffnete.

Er wusste, dass er etwas falsch gemacht hatte und das war auch gut so. Ich hoffte, dass ihm das eine Lektion für das Leben war, denn noch einmal würde ich so etwas nicht durchstehen.

„Nein, aber ich hatte sehr große Angst, dass dir etwas passiert sein könnte. Du darfst so etwas nie wieder tun. Emma war auch ganz doll traurig.“

Beschämt sah er von mir weg.

„Ich mache das nicht noch einmal!“, nuschelte er vor sich hin.

„Das hoffe ich…-Du hattest ganz schön Angst gestern, oder?“, hakte ich nun nach.

Ich wollte wissen, was in ihm genau vorgegangen war, dass er sich zu seinem drastischen Schritt entschieden hatte, zumal er sonst eher ein kleiner Angsthase war.

„Ja, ich dachte, dass ihr mich vielleicht nie wieder findet“, gestand er.

„Wieso hast du das eigentlich gemacht?“

„Naja, ich war sauer, weil sich alle über das Baby gefreut haben. Und dann waren wir am Bahnhof. Julia hat gerade nicht hingesehen und dann bin ich einfach weggelaufen. Ich habe mir den Bahnhof angeguckt. Der ist viel größer als der in Manchester. Und dann war da ein rot-weiß-gelber Zug. Die gab es in Manchester auch immer, also bin ich eingestiegen. In meinem Wagon waren ganz viele Kinder. Mit denen habe ich gespielt. Als alle ausgestiegen sind, habe ich das auch gemacht. Ich kannte den Bahnhof und wollte zu Laura, doch sie war nicht da. Dann habe ich Angst bekommen. Ich wusste nicht, wo ich hingehen sollte. Da waren viele unheimliche Leute und ich hatte Hunger. Ich habe mich dann versteckt. Aber irgendwann hat mich ein Mann gefunden und gefragt, wo meine Eltern sind. Dann bin ich weggerannt. Ich soll nicht mit Fremden sprechen. Ich bin wieder zu Lauras Arbeit gegangen und dieses Mal war sie da.“

Ich wollte mir lieber gar nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn Laura gestern nicht arbeiten gewesen wäre.

„Was du gemacht hast, war sehr gefährlich“, ließ ich ihn wissen.

„Ich weiß“, murmelte er. „Hasst du mich deshalb?“

Was ging nur immer in seinem Kopf vor, dass er so etwas dachte?

„Natürlich nicht. Ich werde dich nie hassen. Ich liebe dich doch und auch wenn du mal etwas falsch machst, dann habe ich dich doch trotzdem immer lieb.“

„Meinst du Mama ist böse?“

„Nein, keiner ist böse auf dich. Wir haben uns alle große Sorgen gemacht, aber wir sind einfach froh, dass du wieder da bist und es dir gut geht.“

Nun lächelte er schwach, wurde dann aber wieder ernst.

„Wenn das Baby da ist, hast du mich dann auch so lieb wie das Baby?“

„Natürlich.“

„Und mag Annie mich jetzt nicht mehr, weil ich weggelaufen bin?“

„Alex, ich habe dir doch schon gesagt, dass niemand auf dich sauer ist. Auch Annie nicht. Sie hat sich wie alle anderen auch sehr große Sorgen gemacht.“

Regentanz - Piper Award EntryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt