Ein Moment! Nur ein verdammter Moment!

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Ich rannte quer durch den Wald. Ich rannte um mein Leben. Ich musste entkommen. Äste schlugen mir ins Gesicht und zerkratzen meine Haut. Ich stolperte über eine Wurzel, ich durfte nicht fallen! Nein! Ich musste ihnen entkommen!
Schwer atmend kam ich auf einer Lichtung zu stehen. Ich stützte mich mit den Händen auf meinem Oberschenkel ab und atmete tief durch. Nur einen Moment. Ich brauchte nur einen Moment zum Durchatmen. Nur einen verdammten Moment. Ich versuchte meine Verfolger hinter mir zu hören, aber das einzige, das ich im Moment höheren konnte war mein rasselnder und viel zu schnell gehender Atem. Die Muskeln in meinen Beinen zitterten, lange würde ich das nicht mehr aushalten.
Immer noch schwer atmend, sah ich zum ersten mal meine Umgebung. Ich stand auf einer Lichtung, am Rande eines kleinen Sees. Um mich herum war dichtes Gestrüpp und hohe Bäume. Ich wusste nicht ansatzweise wo ich war, aber diese Sorge war zweitrangig. Ich lauschte wieder in den Wald hinein, aber außer das Rauschen der Blätter in Wind und das Zwitschern der Vögel, konnte ich nichts hören. Gut! Ich glaubte nichtmals ansatzweise daran das ich meine Verfolger abgehängt hatte, dafür waren sie zu ehrgeizig, aber ich hatte wenigstens einen Moment um zu Atem zu kommen.

Mein Blick fiel auf mein Spiegelbild auf der Wasseroberfläche des Sees. Mir sah eine völlig erschöpfte Elfe mit zerrissener Kleidung und wirren Haaren entgegen, ich strich mir einen Sträne meines goldenen Haares hinter das spitze Ohr und betrachtete die fast transparenten Flügel auf meinem Rücken, der Linke hatte einen langen, gezackten Riss von der Oberen Spitze bis etwa zur Mitte. Schieße! Es würde mindestens zwei Wochen dauern bis ich wieder fliegen können würde. Ach verdammt! Und das alles nur wegen einer verdammten Kiste! Das "Geschenk", eine kleine metallene Kiste mit magischen Runen, die golden auf dem Deckel schimmerten, hatte ich die ganze Zeit in der Hand gehalten und die Kanten hatten rote Abdrücke in meiner Haut hinterlassen. Was in der Kiste war, wusste ich nicht, ich sollte sie nur stehlen und meinem Herrn bringen. Ursprünglich war ich mit meinem Partner auf dieser Mission gewesen, aber der wurde bei unserer Flucht gefangengenommen und getötet. Ich wollte gar nicht daran denken, ich sah immer noch das Bild vor meinen Augen, der Moment in dem er von einem feindlichen Schwert durchbohrt wurde und mir noch zurief, ich solle laufen so schnell ich konnte. Ich hatte ihm nicht wirklich nahe gestanden, aber einen Kollegen zu verlieren war dennoch nicht schön.

Ich schüttelte meinen Kopf um das Bild loszuwerden und betrachtete wieder den See, einige Libellen flogen umher und in der Nähe quakten einige Frösche. Mein Atem ging langsam immer ruhiger und meine Beine fühlten sich nicht mehr so wackelig an.
Ich lauschte in den Wald hinein.
Irgentetwas stimmte nicht. Ich brauchte einen Moment um zu verstehen, dass die Vögel aufgehört hatten zu zwitschern und die Frösche nicht mehr quakten. Es war, bis auf dem leisen Rascheln der Blätter im Wind, nichts zu hören. Ich spannte mich an und Adrenalin schoss durch meine Venen. Es wurde plötzlich düster und als ich nach oben sah, sah ich dunkle Wolken aufziehen, sie bedeckten die Sonne und den Großteil des Himmels. Ich wusste was das bedeutete. Ich musste sofort hier weg, bevor der Sturm mich erreichen würde.
Es war kein normaler Sturm. Nein. Es war ein magischer Sturm. Mit dunkler Magie heraufbeschworen um mich umzubringen.

Das Alles wurde mir innerhalb von Sekunden klar, während meine Beine sich schon in Bewegung setzten und ich erneut rannte. Ich rannte erneut um mein Leben. Ich rannte erneut mitten durch das dichtesten Gestrüpp mitten durch den Wald.

Für den Schreibwettbewerb von ScamanderPudding

Eine Sammlung von KurzgeschichtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt